Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) will rund 40 neue Gaskraftwerke mit einer Gesamtleistung von 20 Gigawatt bauen. Die Möglichkeit einer Umrüstung auf Wasserstoff wurden gestrichen. In unserem Format „Break The News“ haben wir die Hintergründe entschlüsselt.
Hintergrund: Neue Gaskraftwerke in Deutschland
- In der Energiebranche stellt eigentlich niemand in Frage, dass für die Versorgungssicherheit in Deutschland neue Gaskraftwerke braucht. Doch die sollten für eine spätere Umrüstung auch Wasserstoff-fähig sein. Die Kritik an den Plänen Reiches richtet sich vor allem gegen die anvisierte Gesamtleistung von 20 Gigawatt. Viel zu viel mit Blick auf die aktuellen 35 Gigawatt, mit denen Deutschland bislang gut über die Runden kam.
- Das Konzept des früheren Wirtschaftsministers Robert Habeck (Grüne) sah den Bau neuer Gaskraftwerke mit einer Leistung von 10 Gigawatt vor. Außerdem: die Möglichkeit einer künftigen Umrüstung auf Wasserstoff. Katherina Reiche hat sich von einer solchen Vorgabe verabschiedet. Offizielle Begründung: Damit es schneller geht.
- Wasserstoff-fähige Gaskraftwerke kommen laut den Grünen als Reservekraftwerke nur in überschaubaren Zeiträumen zum Einsatz. Dadurch würde langfristig nicht mehr Gas genutzt als aktuell. Gleichzeitig hätte man eine günstige Alternative, um die Kohlekraftwerke abzulösen. Die Pläne der Merz-Regierung würden jedoch eine Überkapazität schaffen, die auf Kosten der Gesellschaft und Strompreise geht.
Einordnung der Kraftwerks-Strategie der Bundesregierung
Gaskraftwerke waren eigentlich als Übergangstechnologie gedacht, um die Versorgungssicherheit im Rahmen der Energiewende zu garantieren und in Notfällen einspringen zu können.
Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) plant nun jedoch einen Rückschritt in die „fossile Komfortzone“. Sie will Gaskraftwerke mit einer Leistung von insgesamt 20 Gigawatt bauen lassen – doppelt so viel wie zuvor geplant. Kritiker sprechen von einem Durchmarsch der Gaslobby.
Denn während Europa auf Innovation, Energiespeicher und Erneuerbare setzt, zündet die Wirtschaftsministerin den Turbo für fossile Energien. Was nach Versorgungssicherheit klingt, ist in Wahrheit ein riskanter Schwenk in eine Vergangenheit, von der wir uns längst hätten verabschieden sollen.
Reiche fährt Kraftwerke hoch und den Klimaschutz runter. Gaskraftwerke sind zudem emissionsintensiv, importabhängig – und teuer. Eine Strategie mit Wasserstoff-fähigen Gaskraftwerken sowie eine Beschleunigung des Netzausbaus, um den Ausbau der Erneuerbaren Energie nicht weiter auszubremsen, wäre die deutlich sinnvollere Strategie gewesen.
Stimmen
- Wirtschaftsministerin Katherina Reiche hat einiges an Kritik einstecken müssen, denn sie denkt bei ihrem Vorhaben eher kurzfristig: „Wir werden bei einer realistischen Betrachtung bis 2030 noch nicht die notwendigen Mengen an Wasserstoff für die avisierten 20 GW zur Verfügung haben. Wir setzen deshalb für unsere Versorgungssicherheit auf Gaskraftwerke – sonst müssten die Kohlekraftwerke länger laufen.“
- Simone Peter, Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE), kritisiert die Pläne als zu einseitig: „Ich sehe die Gefahr, dass mehr Gaskraftwerke gebaut werden, als wirklich nötig sind. Die neue Bundesregierung darf die Potenziale von Speichern, mit Biogas betriebenen Kraftwerken und allen weiteren Optionen zur Flexibilisierung des Systems nicht unterschätzen.“
- Robert Zurawski, Deutschlandchef von Vattenfall, hält die Kraftwerks-Pläne der Bundesregierung für einen teuren Fehler – und der sollte sich ja auskennen: „Europa bleibt nur wettbewerbsfähig, wenn es fossile Energie hinter sich lässt – nicht umgekehrt. Letztes Jahr wurde in Deutschland Strom zu 57 Prozent aus erneuerbaren Energien produziert. Aber Netze und Speicher sind nicht mitgewachsen, und das müssen wir nachholen. Ein Rückschritt wäre da fatal, der würde alles nur noch teurer machen.“
Ausblick: Neue Gaskraftwerke schaffen teure Überkapazität
Die ersten Ausschreibungen für neue Gaskraftwerke sollen bis Ende 2025 über die Bühne gehen – schnell, schlank und alles andere als nachhaltig. Die Pläne von Wirtschaftsministerin Reiche sehen zwar auch Anlagen zur Abschreibung und Speicherung von CO2 vor, doch die Carbon Capture and Storage-Technologie ist teuer und umstritten – und könnte die Strompreise weiter in die Höhe treiben.
Das Vorhaben soll offenbar Kritiker besänftigen und Sorgen kaschieren. Die Kraftwerks-Strategie der Bundesregierung geht zudem weit über die benötigten Reserven hinaus. Statt auf Innovationen wie eine Möglichkeit zur Umrüstung auf Wasserstoff zu setzen, will Katherina Reiche zurück zu fossiler Bequemlichkeit. Doch ihr Kurs birgt die Gefahr, fossile Pfade langfristig zu zementieren, statt sie zu verlassen.
Wer heute nach einer echten und zukunftsfähigen Energiewende ruft, darf nicht auf Dauer auf Gas setzen. Reiches Kraftwerksstrategie wirkt deshalb weniger wie Fortschritt, sondern mehr wie ein fadenscheiniger Rückfall. Das Vorhaben könnte als große klimapolitische Bremse in die Geschichte eingehen.
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