Forscher haben mithilfe von KI eine Art Superplastik entwickelt. Der neue Kunststoff soll deutlich widerstandsfähiger sein als bisherige Verbindungen und Plastikmüll reduzieren.
Kunststoffe sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Denn vom Smartphone-Gehäuse bis zur Lebensmittelverpackung kommt Plastik zum Einsatz, um Gewicht zu reduzieren und Flexibilität zu ermöglichen. Doch viele Kunststoffe sind oft nicht robust genug, reißen schnell ein und enden dann als Müll.
Die chemische Forschung arbeitet deshalb seit Jahren daran, Kunststoffe widerstandsfähiger zu machen. Nun haben Forscher des MIT und der Duke University eine neue Form der Unterstützung: Künstliche Intelligenz. Mithilfe eines KI-Modells haben sie neue Moleküle gefunden, die Plastik so zäh wie nie zuvor machen und dabei helfen könnten, die Flut an Plastikmüll einzudämmen.
Hintergrund sind sogenannte „Vernetzermoleküle“ – ein Kunststoff, der einem Gewirr aus Spaghetti ähnelt. Diese Vernetzer sind kleine Verbindungsstücke, die die einzelnen Spaghettifäden zusammenhalten. Bisher hatten Forscher angenommen, dass diese Verbindungen so stark wie möglich sein müssen, um einen Kunststoff robust zu machen.
KI entdeckt widerstandsfähige Plastikmoleküle
Erkenntnisse aus einer früheren Studie zeigen jedoch, dass schwache Vernetzer das Material widerstandsfähiger gegen Risse machen können. Ein Riss sucht sich nämlich den Weg des geringsten Widerstands und muss dabei mehr der schwachen Verbindungen durchtrennen als bei starken, gleichmäßigen Bindungen. Die Herausforderung für die Forscher: die richtigen schwachen Vernetzer finden.
Anstatt Wochen oder Monate mit aufwendigen Laborversuchen zu verbringen, setzten sie ein KI-Modell ein, um den Prozess zu beschleunigen. Sie konzentrierten sich auf eine bestimmte Klasse von Molekülen, die „Ferrocene“ genannt werden. Das sind Moleküle mit einem Eisenatom, das zwischen zwei kohlenstoffhaltigen Ringen liegt. Diese Ferrocene galten lange als vielversprechend, aber ihre Eigenschaften waren noch weitgehend unerforscht.
Die KI wurde mit den Daten von 400 Ferrocen-Molekülen gefüttert, die bereits rechnerisch simuliert wurden. Mit diesem Wissen konnte das System die mechanischen Eigenschaften von über 11.000 weiteren, ähnlichen Verbindungen in kürzester Zeit vorhersagen.
Das Ergebnis war nicht nur eine Liste potenzieller Kandidaten, sondern auch eine neue Erkenntnis. Denn die KI fand heraus, dass besonders große und sperrige Moleküle die Ferrocene dazu bringen, bei Krafteinwirkung schneller auseinanderzubrechen. Diese Eigenschaft hätten die Chemiker ohne KI vermutlich erst in Jahren vorhergesagt.
Superplastik gegen Plastikverschmutzung
Nachdem das System etwa 100 vielversprechende Kandidaten identifiziert hatte, synthetisierten die Forscher einen davon, bekannt als m-TMS-Fc. Sie fügten dieses Molekül in eine Art Kunststoff namens Polyacrylat ein und testeten, wie viel Kraft nötig war, um das Material zu zerreißen.
Das Ergebnis: Der Kunststoff mit dem neuen, KI-entdeckten Vernetzer war viermal zäher als herkömmliche Materialien. Diese Entdeckung könnte weitreichende Konsequenzen haben. Denn wenn Kunststoffe deutlich widerstandsfähiger und langlebiger werden, müssen wir weniger davon produzieren, was den Plastikmüll langfristig reduzieren könnte.
Es ist ein Beispiel dafür, wie der Einsatz von KI in der Chemie nicht nur die Forschung beschleunigt, sondern auch zu Lösungen für einige der drängendsten Umweltprobleme unserer Zeit führen kann. Die Forscher hoffen nun, die KI auch für die Suche nach Materialien mit anderen nützlichen Eigenschaften einzusetzen.
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