Tesla plant in Berlin-Köpenick ein neues Entwicklungszentrum – und das, obwohl es für den E-Autobauer in Deutschland und Europa bergab geht. Bleibt Tesla ein attraktiver Arbeitgeber oder wird das neue Projekt die Version 2.0 der Intel-Fabrik in Magdeburg?
Hintergrund: Neues Tesla-Entwicklungszentrum in Krisenzeiten
- Neben der Gigafactory in Grünheide plant Tesla sein nächstes Projekt in Deutschland. Auf einer Pressekonferenz verkündete Tesla-Manager Lars Moravy, dass in Köpenick spätestens 2026 ein neues Entwicklungszentrum für Materialforschung, Fahrzeug- und Antriebsentwicklung eröffnet werden soll. Bis zu 250 Mitarbeiter sollen am neuen Standort arbeiten, der auf einem alten Fabrikgelände entsteht.
- Tesla zählte jahrelang zu den beliebtesten Arbeitgebern bei Studierenden in Deutschland. Die neueste Universum Student Survey 2025 unter 23.607 Studierenden zeigt jedoch, dass Tesla in allen Studienfächern verliert. Der Grund: die Unsicherheit im Automobilsektor.
- Und nicht nur das Interesse am Arbeitsmarkt lässt nach. Auch die Anzahl der Neuzulassungen geht rapide zurück. Laut Kraftfahrtbundesamt wurden im August 2025 gerade einmal 1.441 neue Teslas in Deutschland zugelassen. Im Vergleich zum Vorjahr ist das ein Rückgang von 39,2 Prozent.
Einordnung: Letzte Chance für Tesla
Tesla hat in Deutschland und Europa massiv an Standing verloren. Dazu hat nicht zuletzt Elon Musk beigetragen, der sich im Wahlkampf und auch im Anschluss stark an den umstrittenen US-Präsidenten Donald Trump gebunden hat. Dieses politische Statement hat bei vielen ehemaligen Tesla-Enthusiasten zu einem Umdenken geführt.
Der Reputationsverlust ist bei den Verkaufszahlen und bei der Arbeitgeberbeliebtheit spürbar. Insbesondere mit Blick auf die Verkäufe muss sich Tesla jedoch auch eingestehen: die Konkurrenz wird stärker. Einerseits haben mittlerweile auch die etablierten Autobauer erkannt, dass es günstige E-Autos braucht, um am Markt zu bestehen. Andererseits rückt die chinesische Konkurrenz um BYD und Co. immer stärker in den Vordergrund. Tesla ist nur noch ein E-Autobauer unter vielen.
Das neue europäische Entwicklungszentrum in Berlin-Köpenick wird für Tesla also zur Feuertaufe. Hat der E-Auto-Pionier in Deutschland und Europa noch eine Zukunft oder sollte die Konzernspitze den einbrechenden Absatzzahlen folgen und sich weitestgehend aus Europa zurückziehen?
Stimmen
- Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey verspricht sich im Gespräch mit dem „RBB“ positive Auswirkungen für das Umland: „Mit dem neuen Center bekommt unsere internationale Forschungs- und Entwicklungslandschaft einen neuen Leuchtturm. (…) Wir freuen uns auf die Impulse, die vom European Engineering Center in die Stadt, die Region und ganz Europa ausgehen werden.“
- Direkte Kritik am neuen Tesla-Entwicklungszentrum gibt es noch nicht. Trotzdem zeigt die Vergangenheit, dass die Bürgerinitiative Grünheide stets Ungereimtheiten aufdeckt. Erst im Juli 2025 veröffentlichte die Bürgerinitiative einen Bericht, der die Tesla-Behauptung, dass das Abwasser zu 100 Prozent recycelt wird, widerlegt: „Es wird seit Monaten das 100-prozentige Recycling der Prozessabwässer als Grund für den geringen Wasserbedarf der Fabrik lobgepriesen. Die angeführten Zahlen verdeutlichen, dass nur ein geringer Teil des Wasserbedarfs in der Produktion Verwendung findet.“
- „BASIC thinking“-Kolumnist Carsten Lexa urteilte schon nach dem Aus der Intel-Fabrik in Magdeburg: „Das Projekt war nicht grundsätzlich falsch, aber es war in vielerlei Hinsicht einseitig angelegt. Es setzte auf die Kraft des Einzelnen – in diesem Fall eines multinationalen Tech-Konzerns – und ließ dabei außer Acht, wie stark moderne Innovationspolitik auf Netzwerke, Ökosysteme, Diversität und regionale Verankerung angewiesen ist.“
Ausblick: Der Wirtschaftsstandort Deutschland ist in Gefahr
Für den Wirtschaftsstandort Deutschland steht viel auf dem Spiel. Das letzte „Leuchtturmprojekt“ in der Region war die 2022 angekündigte Chipfabrik von Intel in Magdeburg. Es ging um 30 Milliarden Euro an Investitionen. Mittlerweile ist das Projekt gestorben und die Hoffnungen auf neue Arbeitsplätze und einen innovativen Arbeitgeber in einer strukturschwachen Region sind verschwunden.
Eine Menge an freier Fläche (in Köpenick) und ein internationaler Konzern mit dem Wunsch nach neuen Standorten in Deutschland (Tesla) sind zwar eine vielversprechende Grundlage, allerdings noch lange keine Erfolgsgarantie. Zumal Elon Musk mit seiner aktuellen Unternehmensführung kaum ein verlässlicher Partner ist. Somit steht nicht nur für Elon Musk, sondern auch für Wirtschaftsstandort Deutschland viel auf dem Spiel.
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