Volkswagen-Tochter PowerCo will in einer neuen Fabrik in Salzgitter künftig bis zu 60.000 Batteriezellen pro Tag produzieren. Damit ist VW eines der wenigen europäischen Unternehmen, die es mit der chinesischen Übermacht aufnehmen wollen – paradoxerweise auch mit Batterietechnologie aus China.
Hintergrund: Batteriefabrik von VW in Salzgitter
- Volkswagen befindet sich in einem milliardenschweren Wandel zu einem Elektromobilitäts-Konzern, der sowohl Chancen als auch Risiken birgt. Um die Kosten dafür zu decken und technologische Abhängigkeiten zu reduzieren, sucht VW nach Partnern. Kooperationen mit Unternehmen aus Europa, aber auch aus Asien, könnten Know-how, Rohstoffe und Produktionskapazitäten versprechen.
- Das VW-Werk in Salzgitter ist eines der traditionsreichsten des Unternehmens. Seit den 1970er-Jahren wurden dort Motoren produziert – teilweise mehrere Millionen pro Jahr. Der aktuelle Wandel steht derweil symbolisch für den Abschied vom Verbrenner. Salzgitter soll Herzstück und Hauptstandort der Batteriefertigung von VW werden.
- Volkswagen-Tochter PowerCo baut das VW-Werk in Salzgitter aktuell in eine Gigafabrik für Batterien um. Die Serienproduktion von Batteriezellen soll in diesem Jahr starten. Damit will Volkswagen den Rückstand gegenüber asiatischen Herstellern aufholen. Paradoxerweise setzt der deutsche Autobauer dabei auch auf Komponenten aus China. Und zwar ausgerechnet von Anbietern, von denen man langfristig unabhängiger werden möchte.
Einordnung: Europäische Batterie-Unabhängigkeit
Die europäische Batterie-Unabhängigkeit klingt nach Aufbruch, bleibt zunächst aber ein Wunschtraum mit China als Taktgeber. Denn: Maschinen, Know-how und Aufbauhilfe kommen ironischerweise aus Fernost. Europa spricht zwar von Souveränität, bastelt aber mit einem Baukasten aus Peking.
Hinter den Plänen steckt derweil ein mühsamer Aufholprozess. Doch immerhin wagt VW den Schritt in eine Schlüsseltechnologie, die lange vernachlässigt wurde. Auch wenn sich die Konkurrenz aus Asien als uneinholbar präsentiert, markiert Salzgitter ein Symbol des Übergangs: von der Motorenfertigung zur Batterieproduktion.
Hohe Strompreise und fehlende Subventionen stellen aktuell zwar große Herausforderungen dar, doch mit jeder produzierten Batterie könnte Volkswagen die Lernkurve bekommen.
Jede Zelle ist aber auch ein Prüfstein und jeder Akku stellt eine Art Testballon dar. Wer jedoch wagt, investiert in eine europäische Zukunft, die immer wichtiger erscheint. Sowohl VW als auch potenzielle Geldgeber könnten letztlich viel gewinnen. Auch wenn sich globale Abhängigkeiten allenfalls Schritt für Schritt verringern lassen.
Stimmen
- Automobilexperte Stefan Bratzel spricht mit Blick auf die Batterie-Pläne von VW von einer großen Wette auf die Zukunft: „Es ist ein schwieriges Unterfangen, kostenmäßig mit einer solchen Batteriezellfabrik gegen die Übermacht von CATL und BYD in China bestehen zu können“.
- VW-Chef Oliver Blume zu seinem Vorhaben: „Mit Batteriezelle, Batteriesystem und E-Antrieb haben wir die Schlüsseltechnologien der E-Mobilität selbst in die Hand genommen und können so die besten Lösungen für unsere Kundinnen und Kunden entwickeln. Gleichzeitig stärken wir den Automobilstandort Europa durch eine regionale, resiliente und nachhaltige Entwicklung und Produktion.“
- Die EU will die Batterieproduktion in Europa fördern. Kommissionschefin Ursula von der Leyen dazu: „Auf der Angebotsseite werden wir ein Batterie-Förderpaket namens ‚Battery Booster‘ auflegen, das 1,8 Milliarden Euro Eigenkapital bereitstellt, um die Produktion in Europa anzukurbeln. Diese Initiative stärkt daher einen Eckpfeiler unserer Unabhängigkeit“. Ob VW ein Stück vom Milliarden-Kuchen abbekommen wird, ist aber noch unklar.
Ausblick: Batterie-Pläne von VW
Die kommenden Jahre werden zeigen, ob VWs Batterie-Pläne Früchte tragen. Auf dem E-Automarkt hat der Konzern bereits zu einer Aufholjagd geblasen, die er selbst stemmen kann. Akkus aus Europa dürften ohne Subventionen jedoch ein Wunschtraum bleiben.
Für Zulieferer eröffnet sich wiederum ein Spagat: Sie müssten sowohl bei VW andocken als auch ihre Kontakte nach Asien pflegen und aufrechterhalten. Dieser Spagat zwischen Batterie-Komponenten, die sowohl mit europäischen als auch chinesischen Zellsystemen harmonieren, könnte aber in einer rosigen Zukunft münden.
VW muss für einen möglichen Erfolg aber auch Software-Rückstände aufholen. Denn während die VW-Hardware solide ist, hapert es oft in puncto Digitalisierung. Und ohne die ist eine erfolgreiche E-Mobilität kaum noch denkbar, da Ladeoptimierung und Batteriemanagement ein Zünglein an der Waage darstellen.
Der europäische Mittelstand jedoch sollte die Finger von der Massenproduktion lassen und lieber in Nischen wie Recycling, Diagnostik und Kühlsystemen bohren. Dann könnte aus der vermeintlichen Schwäche Europas eine Stärke werden – und zwar in Form von Klasse statt Masse. So wie es einst bereits beim Verbrenner war.
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