Wolfram Weimer, Staatsminister beim Bundeskanzler und Beauftragter der Bundesregierung für Kultur und Medien, hat als erstes Regierungsmitglied in Deutschland einen eigenen KI-Avatar. Die Bundesregierung will mit dem sogenannten Weimatar ein Zeichen setzen, dass sie Künstliche Intelligenz nicht nur reguliert, sondern aktiv mitgestaltet.
Hintergrund: Wolfram Weimer wird zum „Weimatar“
- Laut Bundesregierung beherrscht der Weimatar hundert Sprachen. In einem ersten offiziellen Video spricht er auf Chinesisch die Zensur auf TikTok an. Auf Niederländisch kritisiert er den Antisemitismus-Boykott von Gent und auf Polnisch wirbt er für die deutsch-polnische Freundschaft. Für die Stärkung von ARTE und Deutsche Welle im Kampf gegen Desinformation plädiert er auf Französisch.
- Der KI-Avatar von Kulturstaatsminister Wolfram Weimer soll in den sozialen Medien künftig regelmäßig zu bestimmten Themen Rede und Antwort stehen sowie für mehr Transparenz und Vertrauen sorgen – und zwar mehrsprachig. Außerdem will das Bundeskanzleramt ihn für Schulungsvideos im eigenen Haus nutzen.
- Das Londoner Unternehmen Synthesia hat den Weimatar mit seinem gleichnamigen KI-Videogenerator erstellt. Ziel der Bundesregierung ist es einerseits, neue Kommunikationsformen zu erschließen. Andererseits will man zeigen, dass man im globalen KI-Rennen verantwortungsvoll mitmischen kann.
Einordnung: Aufklärung über Künstliche Intelligenz
Da soll noch einmal einer sagen, dass Deutschland bei der Digitalisierung hinterherhinkt. Denn gerade einmal zwei Wochen nach Albanien hat auch die Bundesregierung einen digitalen Amtsträger aus dem Hut gezaubert.
Der KI-Avatar von Kulturminister Weimer ist zwar durchaus ein PR-Stunt, um die KI-Offenheit und Innovationsfreudigkeit der Bundesregierung zu repräsentieren. Doch das Kanzleramt scheint es ernst zu meinen. Und: Der erste Eindruck ist nicht schlecht.
Der Weimatar ähnelt seinem Vorbild sehr und weiß zumindest schon einmal in fünf von einhundert angekündigten Sprachen zu überzeugen. Im Sinne der Aufklärung Fremdsprachiger, aber auch der Aufklärung über Künstliche Intelligenz, ist der KI-Avatar zudem keine schlechte Idee.
Denn was viele, die sich mit KI beschäftigen, häufig zu vergessen scheinen: Nicht nur Künstliche Intelligenz ist eine Blase, sondern auch sie selbst befinden sich in einer. Laut einer aktuellen Studie hat rund ein Drittel der Deutschen etwa noch nie generative KI genutzt – auch wenn der Trend zuletzt deutlich anstieg.
Stimmen
- Im Video stellt sich der Weimatar selbst vor: „Hallo, hier ist Staatsminister Wolfram Weimer. Zumindest die Version, die hundert Sprachen spricht und sich nicht räuspert. Ich bin kein Deepfake, sondern ein politisches Experiment. Ich bin ein bisschen digitaler als mein Original. Aber digital sein heißt nicht beliebig. Es heißt auch nicht, intransparent zu sein. Es heißt: Sichtbar machen, was mich umtreibt, zeigen wie und weshalb Entscheidungen getroffen werden.“
- Der echte Wolfram Weimer lässt verlauten: „Der Weimatar macht deutlich: KI ist keine ferne Vision, sondern Realität. Wir müssen sie politisch prägen – auf Basis unserer demokratischen Werte. Künstliche Intelligenz eröffnet gewaltige Chancen für Kultur, Kreativität und Kommunikation. Zugleich birgt sie Gefahren – Deepfakes, Intransparenz, Desinformation. Der Weimatar steht für eine faire KI, die Kreativität schützt und unsere demokratische Öffentlichkeit stärkt.“
- Ich finde: „In verantwortungsvollen Händen stellen KI-Avatare kein so großes Problem wie Deepfakes dar. Wenn Politiker oder Institutionen KI nutzen, droht aber die Gefahr, dass Realität und Fiktion verschwimmen. Das schafft nicht unbedingt Vertrauen. Digitatalisierung und Automatisierung sind letztlich Machtinstrumente des Staates. In Demokratien mag das harmlos wirken. In autoritären Systemen sind sie brandgefährlich.“
Ausblick: Ist die Gesellschaft bereit für KI-Avatare?
Bereits das erste Video des Weimatar zeigt, wie weitreichend das Projekt gedacht ist. Die Funktionen, die er in der Öffentlichkeitsarbeit übernehmen soll, obliegen normalerweise aber Pressesprechern, Social Media Managern oder echten Amtsträgern.
Der KI-Avatar vereint alle in einem und kann zudem noch auf mehreren Hochzeiten gleichzeitig tanzen. Doch das wirft automatisch die Frage auf, ob und inwieweit eine weitere vermeintliche Personalisierung der politischen Kommunikation überhaupt gewünscht ist?
Vor allem von Ministern und führenden Politikern dürften Erklärungen zu ihren Positionen und Vorhaben zwar wünschenswert sein. Doch KI-Avatare bergen Risiken. Inwieweit ist der Weimatar etwa gegen Deepfakes gewappnet? Und: Wird er tatsächlich für Aufklärung sorgen oder nur Symbolpolitik betreiben?
All das ist noch offen und wird sich in den kommenden Wochen und Monaten zeigen. Genauso wie die Frage, ob die Gesellschaft für KI-Avatare überhaupt bereit ist.
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Erschreckend – nicht nur die Technik, sondern die unverfrorene Dreistigkeit mit welcher Selbstverständlichkeit das präsentiert wird.
Dieses Experiment sollte als Warnung verstanden werden, nicht als Fortschritt.