Der türkische E-Autobauer Togg liefert die ersten Fahrzeuge nach Deutschland und startet erstmals auf einem ausländischen Markt. Das SUV-Modell T10X soll als „Smartphone auf Rädern“ und mit einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis punkten. Eine kommentierende Analyse.
Togg: Türkische Tesla startet in Deutschland
- Togg wurde im Jahr 2018 gegründet und vom ehemaligen Bosch-Manager und aktuellen CEO Gürcan Karakas aufgebaut. Das Unternehmen versteht sich nicht nur als reinen Autobauer, sondern als Technologie-Konzern. Ziel ist ein intelligentes Auto in Form eines „Smartphones auf Rädern“, so Karakas gegenüber dem Handelsblatt (€).
- Der Togg T10X ist das erste Modell des Unternehmens und ein vollelektrischer SUV. Er soll ab 35.000 Euro zu haben sein. Damit ist er günstiger als ein Tesla Model Y oder ein VW ID.4. Der T10X ist in verschiedenen Varianten erhältlich – unter anderem auch als Limousine. Die maximale Reichweite liegt je nach Modell, Akku und Motor bei 353 bis 623 Kilometern.
- Togg ist mit über 70.000 verkauften Fahrzeugen in der Türkei bereits Marktführer im E-Auto-Segment. Das Unternehmen, das sich als „türkischer Tesla“ positioniert, zielt hierzulande vor allem auf die deutsch-türkische Community. Langfristig will man aber auch darüber hinaus wachsen. Die ersten 600 Fahrzeuge sollen bereits in Stuttgart übergeben worden sein.
Greenwashing by Erdoğan?
Die meisten Autoexperten sind sich größtenteils einig: Togg ist mit dem T10X und dem T10F in puncto Preis-Leistung ein kleiner Coup gelungen. Doch das kommt nicht von ungefähr. Denn das Unternehmen erhält massive Unterstützung vom türkischen Staat.
Das offensichtliche Ziel: Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan scheint eine Art Greenwashing betreiben zu wollen, um das Image der Türkei aufzupolieren. Togg wird etwa als nationales Prestige-Projekt inszeniert. Staatliche Stellen wurden aufgefordert, Togg-Fahrzeuge zu kaufen, um den Absatz anzukurbeln.
Hinzu kommen staatliche Subventionen sowie Steuervergünstigungen. Das Unternehmen soll sogar das Land für seine Fabrik geschenkt bekommen haben. Die Kritik: Wettbewerbsverzerrungen und ökonomische Fehlkalkulationen.
Viele Komponenten werden zudem aus dem Ausland importiert. Das ist zwar bei anderen Herstellern nicht anders, wirft aber einen kleinen Schatten auf die pompöse Inszenierung als türkisches Fahrzeug.
Stimmen
- Togg-Chef Gürcan Karakaş in einem Statement: „Deutschland ist der bedeutendste Automobilmarkt Europas und bietet großes Potenzial. Unsere beiden Modelle stehen für ein nutzerzentriertes, zukunftsorientiertes Mobilitätserlebnis. Ergänzend bauen wir in Deutschland ein ganzheitliches Mobilitätsökosystem auf, indem wir unsere digitale Plattform Trumore neuen Nutzerinnen und Nutzern vorstellen.“
- Sebastian Vierhmann, Senior Editorial Expert Cars beim Focus, konnte den Togg T10X bereits unter die Lupe nehmen: „Das Beeindruckende ist, dass es gelungen ist, beim allerersten Anlauf ein konkurrenzfähiges Fahrzeug auf die Räder zu stellen. Wenn man sich anschaut, mit welchen üblen Kisten Chinas Autobauer mal angefangen haben, muss man der türkischen Autoindustrie und Togg schon Respekt zollen.“
- Branchenexperte Stefan Bratzel, Direktor des Forschungsinstituts Center of Automotive Management, ist eher skeptisch: „Es wird für Togg schwierig, die nächsten fünf bis zehn Jahre auf dem nicht türkischen Markt zu überleben. Als heimischer Hersteller hat man bei der türkischen Community ein kleines Pfund, mit dem man vielleicht auch Kunden gewinnen kann.“
Erfolgschancen in Deutschland nicht schlecht
Die Erfolgschancen in Deutschland dürften für Togg nicht schlecht stehen. Der deutsche Markt stellt zudem einen Testmarkt dar. Darüber hinaus dürfte es aber knifflig werden. Denn: Der E-Automarkt ist aktuell so umkämpft wie nie.
Die Positionierung als preiswerte Tesla-Alternative ist aber clever. Mit dem VW-Konzern, der mit dem VW ID. Every1 für 20.000 Euro (ab 2027) und dem VW ID. 2all für 25.000 Euro (ab 2026) zwei erschwingliche E-Einsteigermodelle auf den Markt bringen will, wird Togg dennoch nicht mithalten können.
Ein Konkurrenz-Angebot zu Tesla, das aufgrund der politischen Eskapaden von Elon Musk einen deutliche Imageschaden erlitten hat, erscheint da schon vielversprechender – wäre da nicht die Verbindung zur türkischen Regierung.
Hinzu kommt, dass die Türkei nicht unbedingt als Autoland gilt. Letztlich werden aber die Kunden und die Qualität entscheiden, die bei Togg auf den ersten Blick nicht schlecht erscheint.
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