Das Landgericht München hat entschieden, dass OpenAI durch die Wiedergabe von Songtexten in ChatGPT gegen das Urheberrecht verstößt. Die GEMA hatte zuvor auf Lizenzgebühren für Urheber bestanden und geklagt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Eine kommentierende Analyse.
GEMA vs. OpenAI
- Laut GEMA hat ChatGPT die Texte von neun bekannten deutschen Songs auf Anfrage korrekt und nahezu komplett wiedergegeben. Für die Verwaltungsgesellschaft deutet das darauf hin, dass die Texte als solche von OpenAI abgespeichert wurden. Darunter: „Atemlos“ von Kristina Bach, „Männer“ von Herbert Grönemeyer und „Über den Wolken“ von Reinhard Mey.
- OpenAI argumentierte, dass die Texte von ChatGPT gewissermaßen neu erzeugt wurden. Die KI reflektiere in ihren Parametern, was sie anhand ihrer Trainingsdaten gelernt habe. Dass die betroffenen Liedtexte für das KI-Training verwendet wurden, war für beide Seiten unstrittig und stand bereits zuvor außer Frage.
- Das Landgericht München hat nun entschieden, dass die Texte „memorisiert“ worden seien. ChatGPT hätte sie damit unerlaubt vervielfältigt. Die vorsitzende Richterin hält es für ausgeschlossen, dass die exakte Wiedergabe Ergebnis einer zufälligen Ausgabe sei.
ChatGPT darf keine Songtexte mehr wiedergeben
Die GEMA sammelt für Künstler Gelder ein, wenn deren Texte oder Songs vervielfältigt oder wiedergegeben werden – beispielsweise über YouTube, im Radio oder bei öffentlichen Veranstaltungen. Deshalb hat die Verwaltungsgesellschaft auch Schadenersatz von OpenAI gefordert.
Primär dürfte es der GEMA aber darum gehen, einen Präzedenzfall für den Umgang mit urheberrechtlich geschützten Werken durch Chatbots zu schaffen. Denn: Die meisten großen KI-Unternehmen verfolgen einen durchaus fadenscheinigen Ansatz bezüglich der Nutzung geschützter Werke.
OpenAI nutzt für seinen Videogenerator Sora etwa unabhängig vom Urheberrecht zunächst einmal sämtliche Inhalte, sofern Rechteinhaber nicht aktiv widersprechen. Doch Stillschweigen sollte stets Schutz bedeuten und nicht Zustimmung.
Ob das Unternehmen die Texte der betroffenen Urheber der GEMA-Klage nun gespeichert oder neu erzeugt hat, erscheint eigentlich hinfällig. Denn eine nahezu komplette und korrekte Wiedergabe ohne Lizenz widerspricht von der Logik her dem Urheberrecht.
Stimmen
- GEMA-Chef Tobias Holzmüller forderte bereits im Vorfeld des Urteils: „Die Songs unserer Mitglieder sind nicht der kostenlose Rohstoff für die Geschäftsmodelle der Anbieter generativer KI-Systeme. Wer diese Songs verwenden möchte, muss eine Lizenz erwerben und die Urheberinnen und Urheber fair vergüten.“
- Robert Heine, Partner bei der Berliner Kanzlei Raue, die die GEMA vertrat: „Dieses Urteil ist ein Meilenstein für alle Kreativen – ihre Werke sind auch vor KI-Systemen geschützt. Das Gericht stellt klar: KI-Anbieter können sich nicht der Lizenzpflicht entziehen, nur weil die Technologie neu ist.“
- Ein OpenAI-Sprecher gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters: „Wir sind mit dem Urteil nicht einverstanden und erwägen weitere Schritte. Die Entscheidung betrifft nur eine begrenzte Anzahl von Songtexten und hat keine Auswirkungen auf die Millionen von Menschen, Unternehmen und Entwicklern in Deutschland, die unsere Technologie täglich nutzen.“
Urteil könnte weitreichende Folgen haben
Das Urteil des Landgerichts München öffnet der gesamten Musikbranche Tür und Tor für Folgeklagen. Da es um Texte geht, könnte es aber auch für Verlage wichtig werden.
Im Prinzip hat fast die gesamte Kreativbranche nun ein rechtliches Mittel zur Hand, um Lizenzgebühren zu fordern oder gegen die Wiedergabe von Texten vorzugehen. OpenAI steht unter Druck, entweder eine Einigung mit den Beteiligten zu finden oder das Urteil anzufechten, was als wahrscheinlicher gilt.
Der Rechtsstreit zwischen der GEMA und OpenAI steht vermutlich also eher am Anfang als am Ende. Sollte das Urteil rechtskräftig werden, könnten sich die Machtverhältnisse zwischen Urhebern und Technologieunternehmen grundlegend verändern.
OpenAI müsste Rechteinhaber dann etwa aktiv um ihre Zustimmung bitten, bevor ChatGPT deren Texte wiedergeben darf. Urheber hätten zudem die Möglichkeit, eine Vergütung zu erhalten.
Auch interessant:








