Google will bis 2029 rund 5,5 Milliarden Euro in Deutschland investieren – vor allem für Rechenzentren. Doch was für die deutsche Wirtschaft zunächst nach einer guten Nachricht klingt, entpuppt sich als zweischneidiges Schwert. Eine kommentierende Analyse.
Google-Milliarden für Deutschland
- Das Investitionsprogramm von Google umfasst den Bau eines neuen Rechenzentrums in der hessischen Kreisstadt Dietzenbach. Es soll die beiden Cloud Regionen des Unternehmens in Deutschland stärken. Das bestehende Rechenzentrum im benachbarten Hanau soll erweitert werden. Google will zudem seine Standorte in München, Frankfurt und Berlin ausbauen.
- Google will seine Rechenzentren in Deutschland verantwortungsvoll und nachhaltig betreiben. Bereits 2026 sollen 80 Prozent der benötigten Energie aus erneuerbaren Quellen stammen. Zudem soll die Abwärme des Rechenzentrums in Dietzenbach genutzt werden, um rund 2.000 Haushalte zu versorgen. Den Wasserverbrauch will man durch Investitionen in Naturschutzprojekte ausgleichen.
- Während die 5,5 Milliarden für Deutschland beachtlich erscheinen, investierte Google allein in diesem Jahr rund 90 Milliarden US-Dollar in Infrastruktur und Rechenzentren weltweit. Die vier größten Tech-Konzerne Amazon, Meta, Google und Microsoft wollen in den kommenden zwei Jahren insgesamt 750 Milliarden US-Dollar in die KI-Infrastruktur investieren.
Abhängigkeit von einem US-Konzern
Der Google-Deal offenbart ein grundlegendes Dilemma. Denn einerseits benötigt Deutschland Investitionen, um bei KI und der Digitalisierung nicht abgehängt zu werden. Die Google-Milliarden zementieren aber die Abhängigkeit von einem US-Konzern – und das in Zeiten, in denen die meisten Politiker von digitaler Souveränität schwadronieren.
Die Motivation von Google dürfte derweil klar sein: Das Unternehmen will seinen Cloud-Bereich in Deutschland ausbauen. Wie Microsoft wird das Unternehmen versuchen, Kunden zu halten oder zu locken, indem europäische Daten in Europa verarbeitet werden.
Kritiker weisen jedoch darauf hin, dass die US-Regierung auf Grundlage bestehender Gesetze trotzdem Zugriff auf die Daten erhalten kann. Für deutsche Cloud-Anbieter wie SAP, IONOS oder die Telekom dürfte der Deal derweil ein herber Rückschlag sein.
Der wahre Wertschöpfungsanteil wird für Deutschland gering sein, während Google und die USA sich die Hände reiben dürften. Denn für seine Rechenzentren in Deutschland wird Google vor allem in KI-Chips, Software und Cloud-Systeme aus den USA investieren. Ein Deal als Symbol für technologische Abhängigkeit.
Stimmen
- Lars Klingbeil, Bundesminister der Finanzen: „Die Milliarden-Investitionen von Google sind echte Zukunfts-Investitionen: in Innovationen, in Künstliche Intelligenz, in die klimaneutrale Transformation. Das sind Investitionen für zukünftige Arbeitsplätze in Deutschland. Das ist genau das, was wir jetzt brauchen.“
- Philipp Justus, Vice President Google Central Europe, in einem Beitrag auf LinkedIn: „Ich freue mich sehr über diesen wichtigen Schritt, der weiter dazu beiträgt, KI für alle in Deutschland nützlich und leicht zugänglich zu machen. Wir erwarten, dass unsere Investitionen durchschnittlich 9.000 Arbeitsplätze pro Jahr in und für Deutschland sichern.“
- Julian Bothe, Senior Policy Manager Klimaschutz & KI bei AlgorithmWatch, kritisiert: „Ohne Transparenz sind Versprechen nicht überprüfbar. Es wäre leider nicht das erste Mal, dass von Googles Ankündigungen am Ende wenig übrig bleibt. Sie sind nur ein Vorbote, welches Wachstum von Rechenzentren Deutschland noch bevorsteht. Damit das in einem nachhaltigen Rahmen passiert, braucht es eine starke Regulierung.“
Deutschland: Google hilft sich vor allem selbst
Die Google-Milliarden für Deutschland helfen langfristig vor allem Google selbst. Deutsche Unternehmen werden zwar profitieren. Allerdings sollten sich europäische Firmen und die Politik darauf konzentrieren, eine eigene Infrastruktur aufzubauen und eigene Kompetenzen zu schaffen.
Der Google-Deal sollte dafür allenfalls ein Sprungbrett sein, um europäische Werte und Interessen langfristig selbst zu schützen. Deutsche Unternehmen täten gut daran, wenn sie sich auf Nischen konzentrieren wie spezialisierte Software-Lösungen, die Effizienz von Rechenzentren oder die Sicherheit von Daten.
Denn: Der Google-Deal lässt viele Fragen offen. Das Unternehmen hält sich den genauen Strom- und Wasserverbrauch etwa bedeckt. Die Aussagen, „jährlich rund 9000 Arbeitsplätze in Deutschland“ zu sichern, scheint zudem mehr PR denn Wertschöpfung zu sein.
Die Rechenzentren selbst brauchen nämlich nur wenig Beschäftigte. Zulieferer und Kunden könnten schon eher profitieren. „Investitionen in die Arbeitsplätze der Zukunft“, wie sich Finanzminister Lars Klingbeil freute, dürften aber nur einen marginalen Teil ausmachen.
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