Ich bin ein großer Sherlock Holmes-Fan. Schon als Kind war ich in der Baker Street, saß im Sessel des Detektivs und ließ mir mit großen Augen vom Museumswärter erzählen, dass noch heute tonnenweise Fanpost und Fall-Anfragen bei der Poststelle für Mr. Holmes eingehen. Ob ich mir den neuen Film, der hier im Januar in die Kinos kommen wird, ansehen werde, weiß ich noch nicht – meiner Meinung nach gibt es keinen anderen Schauspieler neben Jeremy Brett, der Sherlock so cool und lässig zum Besten geben kann. Brett ist ja nachher dann auch durchgedreht, quatschte alle Umherstehenden im Englisch des viktorianischen Zeitalters an und wollte auch abseits vom Set unbedingt Fälle lösen. Armer Teufel.
Ich komme auf das Thema, weil die Promotion-Keule für den Streifen schon voll angelaufen ist und ich dazu einen interessanten Artikel beim NewScientist entdeckt habe. Offenbar ist es so, dass filmbegleitend ein ziemlich abgefahrenes, kostenloses Online-Game gelauncht wurde, das ein wenig das Flair des Streifens wiedergeben soll (auch eine passende iPhone-App wurde veröffentlicht).
Eigentlich sollte man „221B.sh“ als das bezeichnen, was es ist: ein Social Media-Game. Vorrausetzung ist nämlich ein Facebook-Account. Noch besser ist es, wenn sich ein williger Freund im sozialen Netzwerke finden lässt, der ebenso Lust hat, den Einbruch im British Museum aufzuklären. Mit Facebook-Connect meldet man sich gemeinsam an und dann geht es auch schon los: ihr wählt, ob ihr Holmes oder Watson spielen wollt.
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Als reines Browser-Spiel braucht sich 221B.sh nicht vor der Offline-Konkurrenz zu verstecken, Sound und Grafik sind hervorragend, nicht zuletzt, weil in einigen Szenen Photosynth eingesetzt wird, was sich optimal zum Erkunden von Räumen eignet (und, ja – dafür braucht man Microsoft Silverlight). Das Spannendste aber sind die Dialoge mit den Charakteren. Warner Brothers hat sich für das Game-Design die Hilfe von Existor gesichert, eine kleine Entwicklerfirma, die auf semantische Frage- und Antwortspiele spezialisiert ist.
221B.sh verwendet sogenannte Chatbots, die ziemlich clever auf individuelle Fragen reagieren können und einem das Gefühl vermitteln, dass sie wirklich verstehen worum es im Gespräch geht. Ein Beispiel: „Was macht Verena?“, „Was macht sie?“, „Was macht seine Tochter?“ – bei jeder Fragestellung weiß der Chatbot, dass es sich um dieselbe Person handelt, nach der gefragt wurde.
Zwar gibt es diese Art der natürlichen Spracherkennung bereits in anderen Spielen, doch bislang war es so, dass nur einzelne Keywords dabei halfen, die Diskussion am Laufen zu halten. Die Existor-Software macht das anders: „Mein Skript baut auf dem Konzept auf, dass Vorhersagen darüber gemacht werden, was die Menschen sagen werden“, erklärt Existor-Gründer Rollo Carpenter. Die Technologie benutzt statistische Analysen und Fuzzylogik, um im Rahmen einer großen Anzahl von Vorhersagen die bestmögliche Antwort zu finden. Diese Art der Deduktion klappt fast immer und ihr solltet sie unbedingt einmal ausprobieren.
Wer keine Lust hat, seinen Facebook-Account zu bemühen (oder Silverlight zu installieren), kann die abgespeckte Version eines Chatbots auch einmal bei cleverbot.com ausprobieren. Aber lasst da den Schweinkram, es handelt sich um eine digitale Dame!
(André Vatter)