Sonstiges

Facebook führt kostenlose Telefonate ein

Gestern hat Facebook bei seinem groß angekündigten Presse-Event die neue Graph-Suche vorgestellt und mich etwas enttäuscht. Auch die Investoren hatten sich mehr erhofft und haben dem Aktienkurs einen Dämpfer verpasst. Und gleich heute schießt Facebook nach und stellt kostenlose Telefonate vor.

Zunächst nur für iPhone-User in USA & Kanada verfügbar

Noch gibt es da ziemlich viele Einschränkungen. Die neue Funktion ist nur über den Facebook Messenger zu finden, nur für User in USA und Kanada verfügbar und nur auf iPhone-Geräten nutzbar. Doch es fällt auf, dass eine sonst so übliche Einschränkung fehlt: Die Gespräche können nicht nur über WLAN-Verbindungen sondern auch andere Datenverbindungen wit UMTS oder LTE geführt werden.

Um einen Facebook-Kontakt anzurufen, muss die Messenger-App nicht upgedatet werden – der „Umsonst Anrufen“-Button taucht direkt bei Neustart in der App auf. Man muss lediglich den Kontakt öffnen, den „i“-Button rechts oben drücken und auf „Free Call“ drücken. Der Angerufene erhält dann eine Push-Benachrichtigung mit der er den Anruf annehmen oder ablehnen kann.


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Facebook wird zum VoIP-Anbieter

Die Nachricht hat Zündstoff, denn obwohl Facebook keine Details bekanntgibt, darf man davon ausgehen, dass Android-User und eine internationale Expansion folgen dürften und das Feature irgendwann auch über die stationäre Facebook-Webseite möglich sein wird. Damit würde Facebook quasi über Nacht zum größten VoIP-Anbieter werden und Skype & Co. deutlich zusetzen. Inwieweit die Kooperation zwischen Facebook und Skype, über die Nutzer seit 2011 Video-Chats führen können, davon beeinträchtigt wird, ist noch unklar.

Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass Skype davon sogar profitieren könnte, wenn man einen Deal erwirkt, über den Anrufe außerhalb von Facebook und Skype gemeinsam abgewickelt werden und man sich die Gebühren brüderlich teilt. Und auch Facebook würde davon profitieren: Schon jetzt sind eine Milliarde Menschen Mitglied in Zuckerbergs Club – wenn man die jetzt noch alle – weltweit – kostenlos anrufen kann ist die zweite Milliarde schneller zusammen als gedacht. Gut, ein wenig wird es sicherlich noch dauern, aber der Wert des Netzwerks würde dadurch enorm steigen.

Kopfschmerzen bei den Mobilfunkanbietern

Doch abgesehen von der Zukunftsmusik macht Facebook mit dem Update der App den US-Mobilfunkanbietern jetzt schon Ärger, denn warum für einen Anruf zahlen oder Minuten abgeben, wenn es auch kostenlos geht? Da man in einigen Ländern wie Indien und Venezuela auch keinen Facebook-Account mehr braucht um die Facebook Messenger-App zu nutzen, dürfte die Entwicklung den Mobilfunkanbietern durchaus Kopfschmerzen bereiten. Es könnte sein, dass Facebook mit dem unscheinbaren Update den langsamen Tod der Mobilfunk-Anrufe eingeleitet hat.

Doch was hat Zuckerberg davon? An kostenlosen Anrufen verdient man ja bekanntlich nix. Zum einen würden die Nutzer weiter an die Plattform gebunden und neue Nutzer angezogen. Zum anderen ließe sich mit dem Facebook Messenger die Mobil-Strategie von Facebook erweitern. Von gezielter Werbung bis hin zu Premium-Funktionen wäre Vieles vorstellbar. Nicht nur könnten á la Skype Anrufe auf Festnetzgeräte gegen Gebühr angeboten werden, auch könnte man den Test mit 1-Dollar-Nachrichten ausweiten und so auch Anrufe an Nicht-Facebook-Freunde ermöglichen.

Also, wenn ich Mark Zuckerberg wäre, hätte ich das neue Feature noch ein wenig aufgebohrt und das gestern der Presse präsentiert. Dann würde der Aktienkurs sicherlich auch wieder nach oben schauen.

Bild: Flickr / Nguyen Vu Hung (vuhung) (CC BY 2.0)

Über den Autor

Robert Vossen

Robert Vossen hat erst Los Angeles den Rücken gekehrt und dann leider auch BASIC thinking. Von 2012 bis 2013 hat er über 300 Artikel hier veröffentlicht.

7 Kommentare

  • Vom reinen Gefühl her sind in meinem Freundes- und Bekanntenkreis All-Net-Flats sehr viel verbreiteter als Daten-Flats mit mehr als 300 MB. Daher bin ich skeptisch, ob sich das bei uns durchsetzen wird. Warum das geringe schnelle Volumen belasten, wenn man eh umsonst telefonieren kann?

  • Kostenlose Dienste…da werde ich zuweilen immer sehr skeptisch, denn dann ist man oft nicht „Kunde“-sondern selbst das „Produkt.“

    Das „Recht auf Vergessen“ haben wir ja alle bereits dort abgegeben. Wenn Facebook also soetwas „tolles“ im Bereich Telefonie anbietet, interessiert mich eher, ob die Gespräche dann auch auf den riesigen Server-Farmen in der Arktis aufgezeichnet werden 🙂 & wirklich schöner Bugschuss für alle Telefonie-Anbieter dort draussen. Die werden sich sicher alle drüber freuen!

  • Denke auch, dass Allnet-Flatrates durch die sinkenden Preise und den straffen Wettbewerb für den Kunden immer interessanter werden, jedenfalls primär für Inlandstelefonie. Das Facebook-Angebot ist ein netter Zusatzkanal für die weltweite Vernetzung und eine gute Alternative zu Skype oder anderen VoIP-Diensten.

    Sollte sich das Angebot allerdings auch breitflächig für Telefonate im Inland durchsetzen sehe ich schwarz dafür, dass das standardmäßige Inklusivvolumen bei Datentarifen seitens der Mobilfunkanbieter zeitnah über 200-500 Megabyte angehoben wird. Wäre ja ein klassisches Eigentor.

  • „Also, wenn ich Mark Zuckerberg wäre, hätte ich das neue Feature noch ein wenig aufgebohrt und das gestern der Presse präsentiert“

    Kann ich gar nicht zustimmen, das sind aber verschiedene Sichtweisen. Aus meiner Informatiker-Sicht ist so eine Graph-Suche eine viel interessantere Sache als irgendein dösliges kostenloses Telefonangebot, weil bei letzterem nur das Attribut kostenlos den Unterschied zwischen 30 Jahre alt und etwas neuer ausmacht. Ein Marketing-Mensch sieht das vermutlich ganz anders…

  • Solange die Datenvolumen bei den Mobilfunktarifen so teuer sind, wird sich das nicht flächendeckend durchsetzen. Per Wlan im Ausland wird es dann wieder interessant.

  • Ich denke auch, dass es noch eine Weile dauert, bis uns dieses Feature erreicht. Es gibt ja bereits zahlreiche VoIP Anbieter, ich telefoniere aber trotzdem noch mit meinem Handy und über’s Festnetz 😉 Vielleicht ist es auch nur eine Frage der Zeit, bis wir uns an diese Neuerung gewöhnt haben.