Wirtschaft

taz.de nimmt mehr als 10.000 Euro mit der Pay-Wahl ein

geschrieben von Robert Vossen

Nachdem im Oktober Springer-Chef Mathias Döpfner eine Paywall für „Welt Online“ angekündigt hat, sind zahlreiche Verlage nachgezogen und verlangen mehr oder weniger direkt Geld für ihre Online-Inhalte, unter anderem die taz.

Das Thema der Bezahlschranken erhitzt die Gemüter und ruft geteilte Meinungen hervor. Manche argumentieren, nicht zu Unrecht, dass man für das Abtippen einer dpa-Meldung ja wohl kein Geld verlangen könne, andere sind der Auffassung dass guter Qualitätsjournalismus eben doch etwas kostet und bezahlt werden muss.

Paywall oder Pay-Wahl?

Während nach und nach Zeitungsverlage in Deutschland ihr Online-Angebot hinter Paywalls verschließen, die bewusst zahlreiche Schlupflöcher offen lassen, ging die taz von Anfang an einen anderen Weg: Im November wurde die sogenannte Pay-Wahl eingeführt – ein Layer, der sich über die Seite legt und den Leser fragt, ob der Artikel ihm etwas wert sei und ob er denn einen selbst zu bestimmenden Obolus entrichten möge. Die freiwillige Gebühr kann über Flattr, PayPal, Lastschrift und Kreditkarte gezahlt werden. Auch ein regelmäßiger Bankeinzug ist möglich.


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Zwar war es auch schon vorher möglich, Kleinbeträge an die Redaktion zu spenden, doch seit November wird per Layer explizit dafür geworben. Und wie die tageszeitung mitteilt, wurde im Dezember ein neuer Rekord verbucht: 10.939,42 Euro. Im November – weitestgehend ohne Layer – lag das Spendenaufkommen noch bei 3.000 Euro weniger. Man könnte von einem vollen Erfolg sprechen, wenn da nicht die IVW-Zahlen wären.

Dezember 2012 der schlechteste Monat seit zwei Jahren

Denn von November zu Dezember 2012 sind die Visits und Page Impressions von taz.de um 15 Prozent zurückgegangen. So ganz überraschend ist das nicht, schließlich ist der nachrichtenarme Dezember häufig der schwächste Zeitraum eines Jahres. Allerdings markiert der vergangene Monat bei beiden Zahlen den Tiefpunkt der letzten zwei Jahre.

Noch halten sich die Sorgen wohl in Grenzen, denn im Vergleich zum Vorjahr bleibt der Rückgang von 5 Prozent bei den Visits und 11 Prozent bei den Page Impressions halbwegs überschaubar. Doch die Zahlen dürften weiter mit Spannung in der Branche verfolgt werden – wenn nicht einmal eine freiwillige Bezahloption akzeptiert wird, wie werden die Leser dann erst die löchrigen Paywalls annehmen?

Welt.de-Reichweite sinkt im Vorjahresvergleich

Die IVW-Zahlen aus dem Dezember lassen keinen eindeutigen Schluss zu, zumal die Paywall der „Welt“ erst seit Mitte Dezember in Kraft ist. Während die Visits im Vorjahresvergleich um 17 Prozent gestiegen sind, sind die Page Impressions – die für die Werbeumsätze wichtigere Zahl – um 9 Prozent gesunken.

Von Springer-Chef Döpfner ist die Rechnung überliefert, dass ein zahlender Leser mehr wert sei als zehn nicht-zahlende User. Ob die Rechnung auch für die taz gilt, ist unklar. Auch gibt die tageszeitung leider nicht bekannt, wie viele Leser der Zahlungsaufforderung bislang gefolgt sind.

2 Prozent der taz-Leser zahlen

Rechnet man die Zahlen der Leser hoch, die per Bankeinzug bezahlen (1.021 Leser zahlten 4.742 Euro), kommt man auf etwa 2.380 zahlende Leser. Den Mediadaten zufolge kommt taz.de auf 1,29 Millionen Unique User pro Monat, womit also knapp 2 Prozent der Leserschaft über die Pay-Wahl bezahlen.

Ob das erfolgreich ist oder nicht, lässt sich kaum einfach beantworten, aber immerhin hat man nun eine Zahl, an der sich Springer-Chef Döpfner orientieren kann.

Über den Autor

Robert Vossen

Robert Vossen hat erst Los Angeles den Rücken gekehrt und dann leider auch BASIC thinking. Von 2012 bis 2013 hat er über 300 Artikel hier veröffentlicht.

5 Kommentare

  • 10.000 Euro? Na dann kann TAZ ja 3 Putzfrauen einstellen… Wahnsinn, wiviel man heutzutage im Internet verdienen kann… Muhahahaha!

  • Ich bin immernoch der Meinung ein „Tageszeitungsformat“ im Internet ist wie ein Pferdefuhrwerk auf der Autobahn.
    Es müssen neue Formate Entwickelt werden welche das Medium Internet gerecht werden, vermutlich eine „Mischung aus Fernsehen und Printformate“ und nicht nur das Papier zu E-Paper auf ein Lesegerät „Transformieren“ zu wiollen.

  • Finde 10.000 jetzt auch nicht wahnsinnig viel. Ist zwar mehr als ohne die Paywa(h)ll – aber damit immer noch kein wirkliches Geschäftsmodell. Da muss sich also noch eine ganze Menge tun…

  • @mika: eine zeitung passt genauso gut oder schlecht ins web wie ein altmodisches tagebuch in digitaler form aka „weblog“ oder auch nur „blog“. 🙂

    und bei so viel klicki-bunti-gedöhns wie man mittlerweile bei den meisten online-ausgaben der überregionalen (witz komm raus) deutschen zeitungen findet, kann man nun auch wirklich nicht behaupten, dass die nur ihre print-artikel ins internet kopieren.

    bei spiegel online scheint man ja sogar der meinung zu sein, dass selbst die ganzen videos, spiegel-tv und die unzähligen flash-bomben noch nicht genug sind. die haben nämlich kürzlich erst ganz tief in ihrer 90er-jahre-trick-kiste gegraben und dort animierte gifs als teaser bilder entdeckt.

    natürlich könnten sich die süddeutsche, zeit, faz und co allesamt ein stückchen innovationen von anderen medien abschneiden. eine übersichtliche darstellung sämtlicher beiträge und entwicklungen zu einem bestimmten thema wäre bspw. deutlich angenehmer als sich durch die „verwandte artikel“-sektion durchzuwühlen. die finanzielle situation dürfte sich dadurch aber wohl kaum bessern.

  • Wenn man vor allem berücksichtigt, dass sich das Spendenaufkommen nur die Paywahl ja nur um 3.000 Euro erhöht hat (wie aus dem Artikel hervorgeht, konnte ja zuvor auch schon gespendet werden), so ist die Wirkung des Layers ja noch begrenzter. Das ist gerade mal das Brutto-Gehalt von ein bis zwei Personen. Gut, man könnte sagen „besser als nichts“ (was ja auch richtig ist), aber dennoch ist das ziemlich ernüchternd, wie ich finde.