Mit Absichtserklärungen von Politikern ist das ja immer so eine Sache. Abgegeben sind diese schließlich schnell, umgesetzt oft deutlich langsamer oder mitunter überhaupt nicht. Zumindest darf man aber aktuell darauf hoffen, dass eines der unsäglichen Dauerthemen der letzten Jahre endlich eine nachhaltige Lösung erfährt. Und nein: Ich meine nicht die Vorratsdatenspeicherung, die nun wieder aus ihrer Zwischenlagerung im Giftschrank der vertagten Entscheidungen geangelt wird.
Vielmehr geht es um eine andere Baustelle des deutschen Rechts, die die Verbreitung öffentlicher WLANs in Deutschland bisher ausbremst: die Störerhaftung. Seit den Tagen, als angesichts der immer schneller werdenden Breitbandzugänge (Ausnahmen bestätigen die Regel) noch so etwas wie eine digitale Aufbruchstimmung herrschte und eine goldene Zeit des Überall-Internets anzubrechen schien, wirkt diese Regelung wie Sand im Getriebe.
Störerhaftung als WLAN-Bremse
Und es knirscht heftig: Denn durch die Störerhaftung sehen sich private oder gewerbliche Betreiber – beispielsweise das Café um die Ecke – von öffentlichen Funknetzen mit einer stetigen Abmahngefahr als sogenannte Störer, also Beteiligte bei der Verbreitung illegaler Inhalte, konfrontiert. Nämlich immer dann, wenn einer der Gäste es vorgezogen hatte, das neue Album von wemauchimmer bei einer Tasse Cappuccino auf der gemütlichen Couch am Fenster herunterzuladen – und nicht etwa zu Hause. Zwar muss der Café-Besitzer nicht automatisch für eine sich daraus ergebene Abmahnung einstehen, jedoch zumindest den Nachweis führen, nicht selbst der Übeltäter gewesen zu sein sowie das WLAN ausreichend gesichert zu haben. Das Ganze natürlich in der Regel inklusive Rechtsanwalt und allem, was sonst noch dazu gehört. Erhebliche Kosten sind also fast vorprogrammiert.
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Um solchen Querelen aus dem Weg zu gehen, verzichteten viele Gastronomen lieber auf das nette Extra der kostenfreien Internetnutzung – zumal Besucher, die zum Surfen gekommen sind, ja tendenziell oft stundenlang an einem Getränk herumnippen. Doch das ist nur ein Nebenaspekt. Entscheidend ist die Rechtslage und diese ist eben äußerst diffus. Wirklich auf der sicheren Seite ist nur der, der erst gar kein Internet anbietet.
Jedoch gibt es eine Ausnahme: das sogenannte Provider-Privileg. Wer also als Internet-Anbieter ein öffentliches WLAN betreibt, ist von der Störerhaftung ausgenommen. Genau aus diesem Grund werden Gratis-Zugänge aktuell nur dann angeboten, wenn ein Provider mit im Spiel ist, etwa in den Bahnhöfen der DB oder auf öffentlichen Plätzen in verschiedenen deutschen Städten. Und auch die FON-Initiative der Telekom ist letztendlich nur möglich, weil man das Haftungsrisiko auf diese Weise umgeht. Nicht unterschlagen werden sollen zudem schlaue Techniklösungen mit speziellen Routern, die eine Rückverfolgung nach IP-Adresse unmöglich machen.
„Rechtssicherheit schaffen“
Aber zurück zur Gegenwart: Nun soll das leidige Thema endlich vernünftig angegangen werden. Politiker der derzeit in Koalitionsverhandlungen stehenden Parteien CDU/CSU und SPD haben sich gestern während eines Treffens der Unterarbeitsgruppe „Digitale Gesellschaft“ dafür ausgesprochen, die Störerhaftung zu entschärfen beziehungsweise abzuschaffen. Man wolle „Rechtssicherheit schaffen im Bereich öffentliches WLAN“, sagte die CSU-Netzpolitikern Dorothee Bär am Montag. „Das bedeutet, dass wir Anbieter von frei zugänglichen WLAN mit Access-Providern gleichstellen wollen und da auch Klarheit schaffen wollen bei Haftungsfragen.“
Wie dies im Einzelnen aussehen soll, sei aber noch nicht klar. Das gemeinsame Ziel sei jedoch eindeutig: Man wolle, dass Anbieter freier Funknetze nicht mehr haften müssen. Eine Hintertür bleibt aber offen: Das Ganze soll „in Absprache mit unseren Kultur- und Innenpolitikern“ erfolgen, erklärte Bär. Und dort dürfte sich sicherlich bereits erster Widerstand formieren – Stichwort Urheberrechtsschutz. Zum Nachhören:
Aber machen wir nicht den dritten Schritt vor dem ersten. Denn es geht bereits in die richtige Richtung, wenn das Problem überhaupt als regelungsbedürftig erkannt wird. Man fragt sich jedoch automatisch, warum das nicht bereits in der vorherigen Legislaturperiode angegangen wurde. Schließlich sind die Akteure mehr oder weniger die gleichen. Und bei allem zaghaften Optimismus: Mit Absichtserklärungen von Politikern ist das ja immer so eine Sache.
Bild: Portrait of happy young woman with laptop / Shutterstock
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