Entschuldigung für die Überschrift. Selbstverständlich ist Social Media nicht tot. Aber der Hype ist rum, alles ist anders. Liebe Social-Media-Manager, so leid es mir tut: Social Media ist keine Disziplin, Social Media ist eine Kompetenz. So wie Orthografie, Rhetorik und Menschenverstand. Und mal ehrlich: Wann habt Ihr Euch zuletzt auf die königlich herzogliche Orthografen-Stelle beworben? Eben.
Ich bin ganz froh drum. Die ganzen Vorträge, die Wichtigtuer hinter Nerd-Brillen aus einer Zeit, als es weder Nerds noch Nerdbrillen gab. Das Weltuntergangs- und -veränderungsgerede. Ich habe ja selbst Social Media-Manager an IHKs ausgebildet, leidenschaftlich vorgetragen und Seminare mit Top-Experten bestückt. Ganz ehrlich: Ich kann es nicht mehr hören. Kann ja sein, dass immer noch nicht alle Professor Kruses (Gott hab ihn selig) legendären Bundestagsauftritt gesehen haben. Und sicher, die bunten Charts zu Social Media (abgekürzt SM – Riesenwitz, immer wieder) schinden mächtig Eindruck – ich sage nur: Jedes dritte Pärchen hat sich auf Social Media kennengelernt. Und das Tollste: Diese komische Rosette (aka Social-Media-Prisma), so wertvoll wie ein kleines Steak. Ich erinnere mich an eine Tagesveranstaltung für Pharma-Leute in Köln mit acht Referenten, da kam das Ding sechs Mal vor!
Der Wandel kommt, wann er will
Haltet mich für reaktionär: Aber nach so vielen durchs Dorf hinter der Wutz her durchgelaufenen Schuhen weiß ich, dass Digitalisierung und ihre Geschwister unfassbare Veränderungen auslösen, die Branchen zerstören oder wenigstens elementar verändern, aber bei weitem nicht überall in der prognostizierten Geschwindigkeit und Absolutheit. Der Wandel kommt, aber er kommt in sehr unterschiedlichen Geschwindigkeiten und Intensitäten – abhängig von Branche, Lage und sogar Zielgruppe.
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Dies ist übrigens kein Signal an die tiefschlafenden Teile des deutschen Mittelstands, ihren Wecker noch ein paar Stunden nach vorne zu stellen. Wenn ihr vom Wind des Wandels (leise pfeift Klaus Meine in einer Tonart, die nur er kennt) geweckt werdet, kann es zu spät sein. Dennoch: Der Mensch neigt dazu, zu überschätzen, was er kurzfristig erreichen kann und zu unterschätzen, was er langfristig erreichen kann. So ist das mit dem Wandel häufig auch. „Der ROI von Social Media besteht darin, dass Ihr Unternehmen in fünf Jahren noch existiert!“ Das habe ich bei einer Keynote wirklich mal gesagt. Dazu ein Bild eines Soldatenfriedhofs. Ist ungefähr fünf Jahre her. Entschuldigung.
„Mer muss nur mit de Leid redde!“
Jetzt kommt die Wahrheit von heute: Es geht um Kommunikation. Die richtigen Inhalte und Informationen zum richtigen Zeitpunkt über den richtigen Kanal an die richtige Zielgruppe bringen. Klingt ein bisschen nach der lapidaren Lasswell-Formel (das ist länger als fünf Jahre her), ist aber so. Um nicht wieder in fünf Jahren den Kotau machen zu müssen, möchte ich meine These mit einem Beleg adeln, der deutlich älter ist. Meiner Oma. Jeder, der schon mal einen Vortrag von mir gehört hat, kennt Margarete Augustin, die weise Bauersfrau aus Nierstein am Rhein. Die sagte nämlich ziemlich genau das. Sie sagte: „Mer muss nur mit de Leit redde!“ Da steckt alles drin. Auch Social Media, quicklebendig.
Professionelle Kommunikation muss umfassend, durchgängig und systematisch sein. Lange habe ich ein System gesucht, das uns Kommunikationsmenschen hilft, nichts zu vergessen, aufs Wesentliche zu fokussieren und den Erfolg der Maßnahmen messbar zu machen. Jetzt hat es mich gefunden, es ist das Fan-Prinzip. Dazu demnächst mehr, denn es ist die DNA meiner beruflichen Zukunft. Ich möchte hier noch eine Geschichte erzählen, warum es so sinnlos ist, Social-Media-Manager auf die Menschheit loszulassen, anstatt Menschen an Schlüsselstellen im Unternehmen mit dieser selbstverständlichen Kulturkompetenz auszustatten.
Motorenproduktion und Kommunikation: Wo ist da der Unterschied?
Ich habe mich mal mit dem Geschäftsführer eines Ingenieurs-Ladens unterhalten, der vor allem der deutschen Automobil-Industrie auf die Sprünge hilft. Sie analysieren deren Prozesse und optimieren sie. So wird nicht etwa kahl geschlagen, sondern Qualität und Quantität dramatisch gesteigert. Er erzählte mir eine unglaubliche Geschichte: Im Auftrag eines Automobilherstellers habe man alle Teams, die an der Entwicklung eines Motors beteiligt seien, für einen Tag an einen Tisch geholt. Das Vergaser-Team, das Kupplungs-Team, das Getriebe-Team, das Einspritzer-Team und so weiter. Am Ende des Tages waren alle hellauf begeistert und einer rief freudig erregt: „Wie toll, dass wir endlich mal miteinander geredet haben!“ Teilgruppen, die an einem großen Ganzen arbeiteten, kannten einander nicht. Sie hatten sich nie kennen gelernt, nie ausgetauscht. Sie waren selbst nicht auf die Idee gekommen, mal mit dem zu reden, der das benachbarte Bauteil entwickelt – und ihr Arbeitgeber jahrzehntelang auch nicht.
Was unterscheidet diese Produktionseinheit von Kommunikationseinheiten in Unternehmen? Da bosselt die Pressetante im Unternehmen vor sich hin, trifft sich zwar ab und an mit dem Online-Typen, um von seiner Coolness zu naschen, aber bitte komm mir keiner meinen „Schornis“ mit dem Social-Kram da. Der Vertrieb haut einen Preishammer-Newsletter nach dem nächsten raus und schaltet bunte Anzeigen, der Service hat einen Twitter-Kanal für Show und schraubt weiter munter an der „common issues“-Datenbank. Der Geschäftsführer schreibt einen Gastbeitrag in seinem Verbandsmagazin und lässt selbstverständlich den Marketing-Leiter drüber lesen. Schließlich verantwortet der ja auch die Events auf den Messen, die die Agentur der Frau vom Chef gestaltet. Der Assi vom Chef träumt von einer eigenen App und die Marketing-Assistentin entscheidet wie gewohnt über die Außenwerbung. Instagram macht diese junge Agentur und die Personalabteilung was sie will.
Social Media isn’t dead, it just …
Und ja, das hat alles auch etwas mit Social Media zu tun. Wie mit Papier. Und Radio. Und anderen. Social Media ist ein Kanal unter anderen Kanälen, radikal betrachtet nicht einmal das, sondern – wie gesagt – eine Kompetenz. Kein Heilsbringer, nicht der Untergang des Abendlandes. Social Media ist normal.
Also lasst uns abrüsten, das doofe Social-Media-Prisma wegspülen (ist eh so sinnlos wie Klout) und den Blick öffnen, lasst uns auf das schauen, was Unternehmen an Kommunikation machen können, damit deren Kunden bekommen, was sie brauchen. Gerne auch mit Social Media. Das riecht nur komisch.
Der Autor: Für „Guidos Wochenpost“ schreibt Guido Augustin über tolle Texte, mehr Geschäft und ein schöneres Leben.
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Stimme ich in weiten Teilen zu. Kulturkompetenz (schönes Wort) & mit den Leuten direkt reden, statt immer nur als Manager über irgendwelche Kanäle ist immernoch das beste.
Salut Guido,
vielen Dank für deinen Denkanstoß. Wir sind uns einig, dass Social Media aufgeblasen ist wie Schwimmringe am Ostseestrand. Viel Hype.
Ich denke aber, dass der Social Media Manager (oder zukünftig vielleicht eher Facebook-Manager, Twitter-Manager etc.) weiterhin seine Berechtigung hat. Weil Social Media eben eine Kompetenz ist, wie du schreibst, und nicht jeder kann und muss alle Kompetenzen haben.
Die eigentlichen Herausforderungen beschreibst du sehr schön in deinem Automobil-Beispiel: Austausch und Abstimmung, um die jeweiligen Kompetenzen zu verbinden und das Beste herauszuholen. Das ist wichtiger, als in jedes neue Netzwerk einzusteigen, wird aber sträflich vernachlässigt.
Hi Nils,
danke für Dein Lob, freut mich sehr. Letztlich ist das ja die Krux: Züchte ich Spezialisten (aka Fachidioten ;o) und habe hohen Projektmanagement-Aufwand oder verbreitere ich die Kompetenz-Basis der handelnden Personen. Vermutlich gibt es hier keinen allgemein gültigen Königsweg, aber ich neige dazu, die generelle Social Media-Kompetenz bei den Hndelnden zu erwarten. Daneben kann es ja auch weiter Spezialisten geben, etwa für’s Community Management oder die Steuerung von Werbekampagnen auf Social-Plattformen.
Cheers Guido
Ziemlich guter Artikel und trifft genau den Punkt! Nur leider sieht man zu oft genau das Gegenteil. Vielleicht liegt es auch an dem Alter der Entscheider, da sie meistens nicht mit dem „neumodschen“ Kram aufgewachsen sind und immer nur mit Scheuklappen durch die Gegend rennen.
Was ich übrigens auch noch ziemlich witzig finde ist, dass 99,9 Prozent der ausgeschriebenen Stellen immer ein Studium abverlangen. Sie: „Hey, was studierst du?“, er: „Social Media“. Nee, ist klar! 😉 Was bringt mir ein Kommunikationsstudium, wenn ich nicht, wie du so schön richtig sagst, die notwendige Kompetenz mitbringe!
Grüße
Dennis
Bei allem Respekt, ich finde diese IHK-„Social-Media-Manager“ sind wie Discountfleisch beim Aldi.
Es ist zwar essbar aber nicht gut.
Ich kann deinen Frust verstehen, aber eben nach das klingt es genau – Frustbewältigung und nicht mehr. Einen professionelleren und nicht so ganz monokausalen Ansatz hätte ich besser gefunden anstatt nur vom eigenen Leid zu berichten 😀
Beste Grüße 🙂
Ich stimme Dari voll zu!
Hinzu kommt, dass der aktuelle Stand nicht berücksichtigt wird. Schade, da gerade ein guter Social Media Manager den schnellen Wandel eigentlich verinnerlichen sollte. In 5 Jahren wird der Maurer zwar noch Mauer heißen, aber einen Roboter bedienen. Ähnliches gilt für Straßenbauer, Dachdecker oder Versicherungskaufleute. Die digitale Entwicklung wird die meisten Berufsbilder rasant ändern aber nicht deren Bezeichnung.
Die Abkürzung lautet auch seit langem nicht mehr SM wie in den Anfangstagen, sondern SoMe!!!
Wie bereits Dari schon erwähnte – Discounter eben!
Besonders schade finde ich, dass man mit solchen Phrasen möglicherweise eine ganze Entwicklung zerstört, bevor sie richtig etabliert ist.
Knallharte persönliche bzw. geschäftliche Interessen, könnten hierfür der Grund sein!
Hallo, sehr interessanter Artikel. Ich habe auch immer mehr das Gefühl, dass der Hype vorbei ist.
Wer für sein Unternehmen professionell Social Media integriert wird nicht umhin kommen, in dieses Unterfangen eine Menge Zeit reinzustecken. Und da ist natürlich wie bei allem Zeitinput die Frage, wo die Zeit am besten investiert ist. Wer sagt denn zum Beispiel, dass gerade bei kleinen und Ein-Mann-Betrieben nicht auch Mund-zu-Mund-Propaganda ein Konzept sein kann, dass gut funktioniert? Ich mit meinem Ein-Personen-Zauberkünstler-Unternehmen bin in den letzten fünf Jahren jedenfalls gut ohne Social Media ausgekommen… Und selbst heute, nach den ersten Facebook-Gehversuchen damit, habe ich das Gefühl, dass es im Grunde lediglich ein nettes kleines Plus ist, das für meine Kunden nicht sooo den großen Unterschied macht. Ich lasse mich aber natürlich gerne überraschen…! 😉
Sensationeller Artikel. Kompliment.
Ich finde, dass es darauf ankommt, in welcher Branche das eigene Unternehmen zu finden ist und welche Zielgruppe man erreichen möchte. Handwerkerbetriebe brauchen sicherlich keinen Social Media – Manager, der in irgendeiner Art und Weise Traffic auf die Seite zieht. Handwerker braucht man eben nicht häufig, weswegen sie nicht ständig (täglich/wöchentlich) für potentielle Kunden präsent sein müssen. Das sieht schon etwas anders aus, wenn es z.B. um Festivals o.ä. geht. Hier muss man noch versuchen den pot. Kunden von der eigenen ‚Dienstleistung‘ zu überzeugen und eine Nachfrage zu schaffen. Die Nachfrage selber zu schaffen ist in erstem genannten Fall natürlich nicht möglich. Aber bei zweiterem kann es nicht schaden, alle paar Tage ein Video oder ein Bild zu posten, das zeigt, wieviel Spaß man dort hat o.ä. Dafür kann es schon sinnvoll sein jemanden extra einzustellen und nicht jemanden, der schon dort arbeitet, zu schulen. Diese Person hat ja eben schon einen Job und Aufgabenbereich, um den er sich kümmern muss. Also eher alles abhängig vom Anwendungsbereich.
Irgendwomit müssen aber doch die ganzen Experten ihr Geld verdienen. Alleine in den Media-/PR-Agenturen müssen noch mindestens 2-2,5 Millionen Personentage an Kunden verkauft werden, damit die Investitionen in die ganzen Experten sich gelohnt haben.
Ein Artikel, der mir aus der Seele spricht. Danke dafür!
Leider ist er nicht von mir 😉
Ein sehr interessanter Artikel, der die Sache auf den Punkt bringt. Social Media Marketing ist nicht mehr wie früher. Um heute noch Menschen über die sozialen Plattformen erreichen zu können muss man kreative Ideen haben und vor allem sehr viel Zeit dafür aufbringen.
Vielen Dank Guido für den interessanten Artikel. Ich persönlich kann nur zustimmen, dass der Umgang mit Sozialen Medien sich im meinen privaten Umfeld gewandelt hat. Es werden meistens nur Nachrichten geschickt und nichts mehr geteilt. Das Beispiel aus der Automobilindustrie zeigt deutlich das Kommunikation wichtig ist. Auf der anderen Seite finden in den selben Unternehmen eine Verschwendung von Ressourcen statt: Meetings mit demselben Personenkreis und zur einer gewissen Regelmäßigkeit statt, sowie kaum Effekte oder Nutzen. Jeder lebt dann in seiner eigenen (Team-)Welt.
Ein Problem der Social Media sind die endlos vielen Kanäle – und da passiert ja ständig auch etwas Neues. Der kleine Mittelständler kann das kaum alles bespielen und lässt es dann meist ganz. Oder er konzentriert sich, was sinnvoll ist, auf ein, maximal zwei Kanäle, auf denen seine Zielgruppe unterwegs ist. Da sehe ich eigentlich den Kern der fachlichen Kompetenz des Social Media Managers – die Zielgruppe zu identifizieren, ihre Kommunikationskanäle zu finden und diese dann entsprechend mit sinnvollen Angeboten zu befüllen.
Grundsätzlich ist aber richtig, dass das beste Online Marketing – um es etwas weiter zu fassen – verpufft, wenn die entsprechenden Stellen im Unternehmen nicht miteinander reden oder der Öffentlichkeitsarbeiter die Produkte nur vom Hörensagen kennt… Aber das ist ja ein alter Hut.
Wenn die Nutzung von Social Media eine „Kompetenz“ (also Zuständigkeit) ist, fragt man sich nach der Lektüre dieses Beitrags ernstlich, wer im Unternehmen nach all den schönen Workshops und Vorträgen der Gurus dann im Unternehmen tatsächlich für die Kommunikation verantwortlich handeln soll: der sogenannte „Fachidiot“, also Spezialist? Der angeblich so doofe „Vertriebler“? Die Marketingassistentin? Alle miteinander also erst mal ab in den „Tagesworkshop“? Ich glaube, die Zunft tut gut daran, Wege zur realisierbaren Implementierung, zur sinnvollen Nutzung aufzuzeigen, damit Unternehmen und Kunden echten Mehrwert schaffen können. Ständig neue Shitstorms zu beklatschen, oder die gängigen Fehler zu brandmarken, hilft aus meiner Sicht wenig. Daher: Da hamma wieder mal „Klicks“ generiert .. Guido: Sie haben deutlich mehr drauf!
Hallo Guido,
schöner Artikel, welcher mal eine alternative Sichtweise aufgreift. Die Social Media Rosette verwende ich schon lange nicht mehr in meinen PPTs. Habe eine neue Grafik, die das gleiche zeigt, nur in einem Rechteck 😉
Gruss,
Kai
Aus Sicht des Nutzers ein völlig unverständliches Geschreibsel. Sorry.
“ Das menschlichste was wir besitzen, ist die Sprache, und jene sollten WIR niemals verlernen, gar in Vergessenheit geraten lassen.“