Die Arbeitswelt verändert sich. Nicht nur neue Berufsfelder – vom Social Media-Redakteur bis zum Content Manager – entstehen. Arbeitgeber und Arbeitnehmer in den Medien- und Digitalbranchen, sogenannte „Wissensarbeiter“, müssen sich zudem auch einer neuen Lebens- und Arbeitsrealität stellen, die massiv von der Digitalisierung vorangetrieben wird. Am Horizont winkt auch schon die Disruption aller Berufsfelder.
Flexibles Arbeiten
Zu diesen Veränderungen im Zuge der Digitalisierung gehört etwa das orts- und zeitunabhängige Arbeiten. Mails nach Feierabend auf der heimischen Couch zu beantworten oder am Wochenende mit den Kollegen über WhatsApp Arbeitsthemen zu besprechen, ist längst Standard – und wird deshalb auch gemacht. Doch diese Flexibilität darf keine Einbahnstraße sein, erklärt Julian Heister bei der nextMedia.Lecture, einer Veranstaltung der Standortinitiative nextMedia.Hamburg. Der Sales Productivity Lead bei Microsoft Deutschland profitiert vom Vertrauen des Unternehmens, das den Angestellten bezüglich Arbeitszeit und -ort bereits seit 2014 entgegengebracht wird: „Wir dürfen dort arbeiten, wo wir glauben, unsere Aufgabe am besten erledigen zu können“, sagt Heister. Das kann durchaus auch schon einmal ein Café sein, wenn es dem Mitarbeiter und der zu erledigenden Aufgabe hilft.
„Präsenz-Meetings gibt es aber trotzdem.“ Auch das Hamburger Unternehmen XING setzt auf flexible Arbeitsmodelle, sodass der Platz im Büro nicht jeden Tag besetzt sein muss, sondern besetzt werden kann. „Du hast die Freiheit, aber das bedeutet nicht, dass alle die Freiheit nutzen“, erklärt Robert Neuhann, Manager Human Resources. Natürlich gäbe es auch Mitarbeiter, die lieber im Büro als in den heimischen vier Wänden arbeiten. Eine Gefahr, dass der Mitarbeiter seine Freiheiten ausnutzt und statt sich seiner To-do-Liste zu widmen lieber schnell im Supermarkt einkauft, sieht Neuhann nicht: „Das Ausnutzen von Freiheiten ist nicht abhängig vom Ort.“
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„Verbote bringen nichts.“
Generell steht bei der Frage, wie in Zukunft gearbeitet wird, vor allem eines im Vordergrund: Das Bedürfnis des Menschen. „Arbeiten 4.0“, wie die Veranstaltung es nennt, beschränkt sich jedoch nicht nur auf die Flexibilität bei Arbeitsort und -zeit. Denn die Digitalisierung ermöglicht auch unterschiedliche Arten und Kanäle der Kommunikation innerhalb eines Unternehmens und von dort nach draußen. Microsoft profitiert hier vom firmeneigenen Portfolio wie Office 365, Skype for Business und One Drive for Business über die Cloud. „Hätte Microsoft nicht One Drive for Business, würden die Mitarbeiter Dropbox nehmen“, meint Heister. Denn: Im Privatleben sind solche Filehosting-Dienste oder auch Messenger-Services wie WhatsApp oder Skype längst Alltag.
Warum diese also nicht auch im beruflichen Alltag integrieren? Das Verbot von sozialen Netzwerken am Arbeitsrechner hält Heister entsprechend für den falschen Weg. „Dann nehmen die Mitarbeiter dafür eben ihr Smartphone. Verbote bringen nichts. Du musst als Firma bereitstellen und nicht eingrenzen.“ Damit will Microsoft natürlich auch für eines sorgen: Die Steigerung der Effektivität sowie Wertschöpfung durch Wertschätzung der Mitarbeiter.
Mitarbeiter einbinden
Aber die Effektivität kommt nicht nur über Tools, sondern auch über die Einbindung von Mitarbeitern. XING nutzt dafür etwa das Kununu-o-Meter. Das fragt wöchentlich jeden Mitarbeiter, wie zufrieden er oder sie mit dem Arbeitgeber war und ermöglicht Anmerkungen sowie Fragen in einem Freitextfeld. Die Antworten sind einsehbar, sodass alle Mitarbeiter voten können, welches Anliegen besonders wichtig ist – die wichtigsten werden dann auch auch jede Woche von einem Vorstand persönlich vor dem gesamten Unternehmen beantwortet. „Hör auf die Bedürfnisse deiner Mitarbeiter“, fasst Neuhann das dahinterstehende Credo zusammen, fügt aber hinzu: „Nicht alles lässt sich verwirklichen.“ So gab es während des Kita-Streiks zwar einen ad-hoc-Kindergarten in den Räumen des Hamburger Business-Netzwerks mit extra eingekauften Erziehern. Doch auf ein Bällebad musste aufgrund des Platzmangels leider verzichtet werden.
Ich finde, dass auch etwas zurück kommen muss, wenn man auch „nach der Arbeit“ – falls man das so in dem Kontext überhaupt noch sagen kann – und auch am Wochenende Teile der Arbeit (wie Mails beantworten etc.) erledigt. Ich befürchte, dass es dann auf eine viel zu hohe Wochenstundenzahl hinausläuft und viele Arbeiter in diesem Bereich Gefahr laufen zu Workaholics zu mutieren. Irgendwie ist man ja eben ständig (auch in der „Freizeit“) durch sein Smartphone oder den Laptop mit der Arbeit konfrontiert. Für ein gesundes Sozialleben kann das nicht förderlich sein. Vielleicht würde da tatsächlich ein interaktives Stundenkonto o.ä. Abhilfe schaffen, das tatsächlich verzeichnet, wieviel gearbeitet wurde.. stellt sich aber auch wieder als schwierig heraus, da man mal eben eine Email beantwortet, dann eine Stunde nichts tut und dann wieder .. wirklich kompliziert. Das Gefährliche ist eben, dass man immer und überall erreichbar ist.
Mir ist die Diskussion um die Zukunft der Arbeit zu reduziert:
a) Entweder man stellt das Digitale in den Vordergrund und wie vernetzt wir alle in Zukunft sein werden – was ja durchaus der Fall sein wird. Da wird dann schnell mit Buzzwords scharf geschossen: Cloud Computing, büroloses Papier, Messenger, Echtzeit etc.
b) Oder man stellt die Umgestaltung der Organisation in den Vordergrund, mit dem gleichen Buzzword-Phänomen: Teilzeit, flexible Arbeitszeiten, Homeoffice, Shared Desks und so weiter.
Dabei gibt es spannende Fragen, die mindestens genauso interessant sind:
a) Wie beeinflussen digitale Medien unsere Wahrnehmung, unser Denken und unsere Entscheidungen? (Und das meine ich gar nicht alarmistisch. Es gibt beispielsweise psychologische Studien zu der Tatsache, dass Menschen Online-Texte anders lesen und interpretieren wie gedruckte.)
b) Was bedeutet es gesellschaftlich, wenn Arbeit und Privatleben verschmelzen? Wer bestimmt das eigentlich in Zukunft: der Staat, der Arbeitgeber oder der arbeitende Mensch selbst?
c) Wie schaffen wir einen maßvollen Kapitalismus? Das war nämlich das Hauptanliegen des New Work – Begründers Frithjof Bergmann.
Die Liste ließe sich beliebig verlängern. Deshalb ärgere ich mich immer ein wenig, wenn immer nur die technische Seite beleuchtet wird und die soziale, psychologische und gesellschaftliche eher nicht.
Work 4.0 oder Arbeiten 4.0 ist spannend, darüber sind wir uns sicher alle einig. Was mir hier ein wenig fehlt, ist der Bereich „Chancen für alle“, denn das Arbeiten, egal wo, egal wann, setzt immense Chancen für jeden AN frei. Hier geht es nicht mehr körperliche Befindlichkeiten oder räumliche Nähe, kultureller Hintergrund oder Gender, sondern nur noch um Qualifikationen. Wir werden wieder zu den Dichtern und Denkern, die früher so schmerzlich vermisst wurden.
Und es stellt auch einige Gewerkschaften und Sozialversicherungspartner vor neuen Herausfoderungen, denn im digitalen Arbeiten ist ein Streik oder eine kontinuierliche Bezahlung schwer umsetzbar. Einige arbeiten nur noch Projektbezogen, andere, sogenannte Clickworker, im Niedriglohnbereich. Hier wird ein Umdenken stattfinden müssen und flexible Lösungen gefunden werden.
Am Ende der SWOT Analyse überwiegt mE aber wirklich die Chance, die ein jeder bekommt, Teil von Work 4.0 zu werden.