„Lieber Absender, ich war gerade am Briefkasten und habe Deinen Brief gesehen. Ich schreibe Dir heute, um Dir zu sagen, dass ich Deinen Brief zwar gesehen, aber nicht gelesen habe. Außer mir hat niemand einen Briefkastenschlüssel. Wenn es wichtig ist, schreibe bitte nochmal an meinen Nachbarn oder in 14 Tagen an mich.“ Ist das nicht völlig absurd? Doch so oder so ähnlich klingen unsere E-Mail-Abwesenheitsbenachrichtigungen.
Mein Partner Roman Becker hat dieses Beispiel in einem Vortrag von Jörg Hilber gehört und seither denke ich darüber nach, was es bedeutet, wenn Menschen anderen Menschen quasi in Echtzeit mitteilen, dass ihr E-Anliegen gerade ins Leere gelaufen ist.
Wenn das Haus brennt, schickt die Feuerwehr keine E-Mail
Da ist die Sache mit der Reaktionsgeschwindigkeit und damit die Frage, wie schnell eine E-Mail beantwortet gehört. Meiner Erfahrung nach erlauben 99,9 Prozent aller Mails eine Reaktionszeit von 24 Stunden. Wenn es geht, schneller, wenn es nicht geht, nicht. Die Feuerwehr schickt keine E-Mail, wenn das Haus brennt.
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Andererseits hängt dies selbstredend auch von der eigenen Erziehung ab. Ich habe eine Kollegin, die antwortet per Automat schon mal, dass sie diesen Nachmittag zwei Stunden auf Recherche sei und nicht gewohnt schnell reagieren könne. Sie hat nämlich ihre Kunden gelehrt, dass sie von ihr binnen Minuten kompetente und umfassende Antworten bekommen.
Lieber Kunde, Du bist mir so egal…
Da ist die Sache mit der Haltung gegenüber dem Kunden. Eine Abwesenheitsbenachrichtigung lässt sich auch frei etwa so übersetzen: „Lieber Kunde, ich bin wichtig und weg. Du dagegen bis da und unwichtig, denn ich sage Dir jetzt, dass Du da bist und ich nicht. Deswegen habe ich keinen Kollegen gebeten, darauf zu achten, ob Du etwas schreibst. Das tut mir jetzt ein bisschen leid für Dich, aber Deine Nachricht liest wirklich niemand. Wenn Du Dich für wichtiger hältst als ich Dich, schreibe doch meinem Kollegen das Gleiche nochmal. Vielleicht hast Du Glück und er denkt anders darüber als ich.“
Wieso sollte es in durchdachten Organisationen (aka funktionierender Firma) nicht möglich sein, dass ein anderer Mensch meine Mails einmal am Tag durchsieht und auf Basis meines Briefings vor Abreise, allgemeiner Rahmenbedingungen und gesunden Menschenverstandes entscheidet, ob und wenn ja, was zu tun ist? Also beispielsweise eine Anfrage gleich beantworten, an einen Kundigen weitergeben oder auch mal beim Absender anrufen und nachfragen, wie dringend das sei?
Schau doch mal, wie toll ich bin
Da ist die Sache mit der eigenen Wichtigkeit, denn alle bisherigen Überlegungen ignorieren völlig, dass so eine Abwesenheitsnotiz ein digitales Statussymbol sein kann. Garniert mit extralangen Urlaubszeiten, dezenten Hinweisen auf den interkaribischen Aufenthaltsort und Mutmaßungen über schmuddeliges Heimatwetter kann so ein Assistent schon richtig lange Zähne machen.
Was ist denn jetzt der richtige Weg? Das möge ein jeder selbst entscheiden. Solopreneure können naturgemäß keine Kollegen einspannen, werden aber womöglich bei einem der ungezählten Office-Dienstleister fündig. Auch dürfte in vielen Konstellationen möglich sein, alle zwei Tage den Posteingang zu scannen und die eine wirklich wichtige E-Mail zu verarbeiten.
Oder doch E-Mails verbrennen?
Wer sich für eine Abwesenheitsnotiz entscheidet, findet hier bei Jochen Mai wertvolle Hinweise zur souveränen Umsetzung des digitalen Plans. Alternativ dazu bietet sich der Daimler-Weg an. Dort können Mitarbeiter nämlich einstellen, dass während ihres Urlaubs eintrudelnde Mails mit einem kleinen Hinweis beantwortet und schlicht gelöscht werden: „Lieber Absender, ich war gerade am Briefkasten und habe Deinen Brief gesehen. Ich schreibe Dir heute, um Dir zu sagen, dass ich Deinen Brief ungelesen verbrannt habe.“
An vielen Stellen: Klares Veto. Vorab: Ich mag Abwesenheitsassistenten nicht sonderlich. Aber was ich noch als viel grenzwertiger erachte: Ich schicke A (mit dem ich seit Jahren eine gute Geschäftsbeziehung, einen sehr speziellen Kommunikationsstil und eine gute Arbeitsebene habe) eine Mail mit einem spezifischen Problem, und einige Tage später antwortet mir B in einem förmlichen Schreiben und informiert mich darüber, daß A im Urlaub ist. Das. Will. Ich. So. Nicht. Wenn ich im Urlaub bin, haben Freunde meinen Briefkastenschlüssel und leeren den für mich, ja. Aber: Die legen Post auf drei Stapel – Briefe, Zeitschriften, Werbung. Das *letzte*, was ich will, ist, daß meine Freunde meine Briefpost öffnen oder gar lesen / beantworten. Gleichermaßen habe ich, wenn ich postalisch dienstlich kommuniziere, sehr klare Möglichkeiten, Post an einen Empfänger *persönlich* zu senden, und weiß relativ klar, wann Post direkt auf dessen Schreibtisch landet und wann Post durch die Poststelle / Vorzimmerdame / Sekretären geöffnet, gestempelt und in die Unterschriftenmappe gepackt wird.
So gesehen ist der Autoresponder, in dem eine Zeit der Abwesenheit und ein alternativer Ansprechpartner genannt wird, vermutlich dann doch die schmerzloseste Lösung: Dann kann ich überlegen, ob ich mich mit einem Anliegen (anders formuliert) an einen Vertreter wende oder eben warte, bis meine Kontaktperson wieder aus dem Urlaub zurück ist. Unreflektiertes Weiterleiten *aller* digitalen Post an oder Lesen derselben durch Dritte halte ich für extrem grenzwertig.
Ich finde den Beitrag sehr gelungen! Natürlich hängt der Vergleich mit einem Antwortbrief ein klein wenig (weil eine E-Mail kommunikationstechnisch nun einmal kein Brief ist) aber er zeigt in die richtige Richtung. Jeder, der jemanden in einem Unternehmen eine E-Mail schreibt muss sich ohnehin klar darüber sein, dass seine E-Mail von anderen Personen gelesen werden kann (Sekretärin, Stellvertreter, etc.). Wer das nicht will, für den ist E-Mail schlichtweg das falsche Medium – und das nicht nur während der Abwesenheit des Empfängers. Es kann nicht sein, dass Unternehmen für jene 3 Prozent der Absender, die eine persönliche Befindlichkeit haben, jene 97 Prozent der Absender schlecht behandelt, die schlichtweg ein Problem gelöst haben wollen – und zwar vom Unternehmen und nicht von einer ganz spezifischen Person.
„Es kann nicht sein, dass Unternehmen für jene 3 Prozent der Absender, die eine persönliche Befindlichkeit haben, jene 97 Prozent der Absender schlecht behandelt, die schlichtweg ein Problem gelöst haben wollen – und zwar vom Unternehmen und nicht von einer ganz spezifischen Person.“
Das sehe ich etwas anders. Für Anfragen an „ein Unternehmen“ existieren meist passende Funktions E-Mail-Adressen (support@, info@, service@…). Diese Postfächer werden dann auch meist von einem Team oder zumindest mehreren (zuerst mal anonymen) Empfängern verwaltet.
Wenn ich hingegen an eine E-Mail-Adresse der Form Vorname.Nachname@Firma.de schreibe gehe ich in aller Regel davon aus, dass diese E-Mail in erster Linie auch von dieser von mir angeschriebenen Person gelesen wird – und nicht von irgendwem worauf ich noch nicht mal irgendeinen Einfluss habe.
Ich stimme Ihren Ausführungen nicht zu. An mein persönliches E-Mailkonto adressierte Inhalte betrachte ich zuerst einmal als vertraulich. Des Weiteren lässt sich aus gerichtlichen Entscheidungen ableiten, dass mir als Unternehmer eine Pflicht obliegt, meine E-Mails täglich abzurufen und zu sondieren. Insofern halte ich es für ratsam, die nicht erfolgte Zustellung anzuzeigen und alternative Kontaktadressen für dringliche Anliegen zu benennen, die nicht obig angeführtem Vertraulichkeitsverhältnis unterliegen.
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Ich kann die Gedankengänge des Autors leider so garnicht nachvollziehen. Ich bin zwar auch der Meinung, dass man nicht für jeden 2-Stunden-Termin eine Abwesenheitsnotiz senden muss, für Urlaube und freie Tage halte ich diese aber sogar für unverzichtbar. Wenn ich jemanden persönlich anschreibe finde ich es nur angebracht, eine Info zu erhalten, dass der Empfänger momentan nicht erreichbar ist (wie gesagt, nicht für 2 Stunden). Idealerweise wird mir dann auch gleich eine Alternative genannt, die ich in dringenden Fällen anschreiben kann. Wenn eine Abwesenheitsnotiz nicht kommt, warte ich ggf. vergebens ein paar Tage um dann bei Nachfrage festzustellen, dass der Empfänger noch 3 Wochen im Urlaub ist. Diese Wartezeit kann ich mir aber sparen. Eben diesen Service möchte ich denen, die mich anschrieben auch bieten.
PS: Ich erwarte von keinem Empfänger, dass er nach seinem Urlaub alle Mails liest und beantwortet. Das halte ich persönlich auch so und der Maileingang wird bei mir nach meiner Rückkehr nur kurz überflogen und dann gelöscht (also quasi die Daimler-VAriante in Lite)