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Erfahrungsbericht: ESL Intel Extreme Masters 2018

geschrieben von Philipp Ostsieker

Das Thema eSport ist in aller Munde. Viel Positives, aber teilweise auch Negatives wird geschrieben. Das beste Mittel: Sich selbst vor Ort ein Urteil zu bilden. Ich war beim ESL Intel Extreme Masters (IEM) in Katowice und habe viele Impressionen mitgebracht.

Zuerst einmal sollte ich mich schuldig fühlen. Seit fast zwei Jahren arbeite ich auf matchplanmag.de mit Innovationen im Sport, unter anderem mit eSport-Aktivitäten und -Entwicklungen.

Tatsächlich dauerte es bis zum letzten Samstag, bis ich endlich ein eSport-Event besuchte. Der Anlass war die „Experience of your Lifetime“, die ich als Stipendiat der SPOAC – Sports Business Academy der WHU in Anspruch nehmen kann. Vielen Dank für die tolle Organisation!

Was sind die Intel Extreme Masters?

Mit gefährlichem Halbwissen bewaffnet, flogen meine Gruppe und ich zum ESL Intel Extreme Masters (IEM) nach Katowice. Die IEM sind eine Serie von eSport-Turnieren und repräsentieren die weltweit höchste Liga der Electronic Sports League (ESL). Die Turnierserie besteht seit 2007.

Jede Saison finden mehrere Turniere in verschiedenen Städten statt, bevor am Ende der Saison die World Championship stattfindet. Seit 2014 findet das Saisonfinale in Katowice statt. Die teilnehmenden Mannschaften und Spieler werden auf der Grundlage nationaler oder kontinentaler Qualifikationen ermittelt.

Die großen Titel auf der IEM Katowice 2018 waren Starcraft II und Counter Strike: Global Offensive (CS:GO). Das Finale wurde in der Spodek-Arena ausgetragen, in der mehr als 10.000 Zuschauer Platz finden. Interessant: Die meisten Tickets waren kostenlos, viele Fans waren bereit, stundenlang in der Kälte für den Einlass zu stehen.

Im Jahr 2017 besuchten in den zwei Wochen 173.000 Fans das Stadion und das angrenzende Festival. Darüber hinaus erreichte das Intel Extreme Masters World Championship 2017 mehr als 46 Millionen einzigartige Zuschauer online.

Die Bedeutung für die Szene ist enorm. „Das Woodstock des eSports“ oder „der Super Bowl des eSports“ wird das Event oft genannt. Die Gewinner erhielten ein Preisgeld von 500.000 (CS:GO) bzw. 400.000 US-Dollar (Starcraft II).

Intel Extreme Masters: Mein persönlicher erster Eindruck

Wie eingangs erwähnt, war es nach zwei Jahren eSport-Theorie an der Zeit, meine Beobachtungen mit etwas mehr Leben zu füllen. Hier nun meine ganz persönlichen Eindrücke:

Offensichtlich kamen ca. 70 Prozent des Publikums aus Polen und 30 Prozent aus der ganzen Welt. Der erste Eindruck beim Betrachten der Fans und Zuschauer: relativ jung, männlich und auch etwas nerdig (Nichts für ungut!). Viele Beobachter würden wahrscheinlich sagen: „Das klassische Gaming-Publikum“. Sicher, es wurden einige Klischees bedient. Aber wer man genauer hinsah, konnte man auch viele junge Frauen, Väter mit Kindern oder den einen oder anderen Geschäftsmann sehen. Kein Wunder, der eSport-Kuchen wird immer größer, immer mehr Player wollen ein Stück abbekommen.

Und alle Besuchergruppen wurden vom Event vermutlich nicht enttäuscht. Allein die beeindruckende Bühne kann man sorgte für eine gelungenen Inszenierung. Lichtshow, Intro- und Highlight-Videos, eine beeindruckende Trophäe für den Sieger, riesige LED-Bildschirme, ein schickes Studio neben der Bühne, ein enthusiastischer Live-Kommentar. Und all das spielte sich auf der Hauptbühne bzw. der Arena ab.

Die Veranstaltung bot neben CS:GO und Starcraft auch eine große Expo und weitere Hallen für kleinere Wettbewerbe, z.B. Player Unknowns Battlegrounds. Fans konnten in kleinerem Umfang gegeneinander antreten, VR-Brillen testen, aber interessanterweise daddelten sie auch an klassischen Spielautomaten und spielten Tischfußball.

An dieser Stelle möchte ich auf meinen Spielehintergrund eingehen. Geboren 1986, wuchs ich mit Gameboy und Super NES auf und verbrachte meine Nächte als Teenager auf der Playstation und dem Nintendo 64. Als Student war das Spielen für mich lange Zeit kein Thema mehr. Mit dem Kauf einer PS4 vor ca. 5 Jahren bin ich zumindest ein mehr oder weniger aktiver Spieler der FIFA-Serie von EA. Ehrlich gesagt, war ich nie ein großer Fan von Ego-Shootern und Strategiespielen.

Deshalb war ich sehr neugierig, ob und wie Spiele wie StarCraft II oder CS:GO mich fesseln konnten. Die kurze Antwort: Es ist kompliziert.

Counter Strike & Starcraft statt Fußball & Basketball

Bei CS:GO war es einfach für mich, dem obligatorischen 5 gegen 5 zu folgen. Bilder von jeweils 5 Spielern wurden auf die Wand projiziert. Das Bild jedes besiegten Spielers färbte sich schwarz-weiß. Die einzelnen Spiele sind mit zwei Minuten kurz. Wenn man bedenkt, dass zwei „Gewinnsätze“ gespielt werden, kann ein Spiel etwa zwei Stunden dauern. So kam es mindestens fünfmal alle zwei Minuten zu Jubel, wenn ein Spieler oder eine Mannschaft per Abschuss besiegt wurde.

Während die allgemeine Spielidee für Laien sowohl im Fernsehen als auch in der Arena klar sein sollte, war mir die Taktik der Mannschaften nicht klar. CS:GO-Fans waren wahrscheinlich durchweg elektrifiziert. Ich versuchte gleichzeitig, mich mit den Mannschaften, einzelnen Spielern oder Aktionen zu identifizieren.

Für die Zuschauer, die sowohl die Teams und ihre Stars im Voraus kannte, dürfte das nicht schwer gewesen sein. Ohne Vorwissen ist der Zugang meines Erachtens schwierig. Die Spieler konzentrieren sich stark auf ihr Spiel, kommunizieren via Headset miteinander, sind aber fast zwei Stunden lang emotional vom Publikum isoliert.

Ähnlich verhält es sich mit dem anderen großen Spiel, StarCraft II. Die Spiele wurden 1 gegen 1 gespielt, so dass es etwas einfacher war, mit einem der Spieler mitzufiebern. StarCraft ist ein Echtzeit-Strategiespiel, das von Blizzard Entertainment entwickelt und 1998 veröffentlicht wurde. Als Laie war es für mich sehr schwer, zu folgen.

Die Spieler bauen Armeen auf und kämpfen um die Vorherrschaft auf dem Schlachtfeld. Strategisches Denken ist der Schlüssel zum Erfolg.

Die Spieler müssen Informationen über ihre Gegner sammeln, ihre Bewegungen antizipieren, sie bei ihren Angriffen überlisten und eine Gewinnstrategie entwickeln. Die Aktionen waren also weniger offensichtlich.

eSports live: mein (Zwischen-)Fazit

Alles in allem herrschte eine sehr positive Atmosphäre, ein toller Teamgeist, Fairplay sowie eine starke Begeisterung für den eSport selbst – alles basierend auf einer äußerst professionellen Organisation durch die ESL. Diejenigen, die an traditionellen Mannschaftssport gewöhnt sind, werden überrascht sein, dass die Fans zunächst ein Teams unterstützen, aber bei starker Leistung des Gegners auch diesen unterstützen.

Unterm Strich waren die Intel Extreme Masters ein extrem spannendes Erlebnis! Um ehrlich zu sein, konnten mich die Spiele-Titel selbst als potentiellen Mainstream-Fan nicht überzeugen – bei allem Respekt vor den Spielern und Teams. Das eSport-Ökosystem und seine Entwicklung bleibt für mich jedoch umso spannender!

Ich frage mich, ob es den Marktteilnehmern wirklich ernst ist, neue Zuschauer älterer Generationen wie mich zu gewinnen. Wenn sie dies beabsichtigen, dann muss meines Erachtens noch viel Aufklärungs- und Überzeugungsarbeit geleistet werden. Aber wenn der Fokus auf zukünftige Generationen gerichtet ist, dann machen die Player vermutlich gerade sehr viel richtig.

Für mich persönlich gilt: Nur weil man etwas (als Endverbraucher oder Fan) nicht hundertprozentig verstehen kann, kann man ein Thema durchaus hochaktuell und spannend finden. Ich kann nicht verstehen, dass viele die Relevanz des Themas noch immer völlig ignorieren. (Liebe Grüße an Reinhard Grindel!) Ich werde mich definitiv weiterhin intensiv mit eSports beschäftigen.

Ein großes Dankeschön auch an Jan Pommer, ESL Director Team & Federal Relations bei Turtle Entertainment, der sich viel Zeit genommen und unserer Gruppe sehr informative Informationen über die Turnierserie, die ESL und den eSport-Markt gegeben hat.

Über den Autor

Philipp Ostsieker

Philipp Ostsieker ist Medien- und Digitalmanager aus Hamburg. Neben seiner hauptberuflichen Tätigkeit als selbstständiger Digital Content Strategist schreibt Philipp für BASIC thinking die Kolumne „Matchplan“, in der er über den Tellerrand blickt und durch die innovativen Ideen der Sportbranche führt.

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