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Roberto Carlos 1997: Als Physiker ein Freistoßtor erklären mussten

Heute vor 21 Jahren erzielte Roberto Carlos eines der spektakulärsten Tore der Fußballgeschichte. Ein Rückblick auf die Erklärung der Physiker.

  1. Juni 1997. Im Länderspiel gegen Frankreich schießt der Brasilianer Roberto Carlos einen Freistoß. Aus 35 Metern fliegt der Ball zunächst Richtung Eckfahne. Plötzlich drehte er sich doch ins Netz. Der französische Torwart Fabien Barthez blickt dem Ball nur hinterher. Wie konnte das passieren?

Die Fans der Seleção feierten den Zauberfuß des Weltklasse-Verteidigers. Viele andere Fans glaubten an einen Zufall. Muss ein Fußballer den Ball einfach etwas anschneiden, um eine derartige Flugbahn zu erzeugen? Im Jahr 2010 klärten französische Physiker die Fußballwelt auf.

Fußball und Physik suchen das Geheimrezept

So suchten die Forscher nach einer mathematischen Formel, die alles erklären sollte. Die Physiker erklärten alles in einer Ausgabe des Fachblatts „New Journals of Physics“. Drei Zutaten seien relevant gewesen:

  • die große Entfernung zum Tor
  • ein harter Schuss
  • die richtige Ballrotation

Die Physiker schossen zunächst mit einer Schleuder durch ein Wasserbecken und beobachteten die Bewegungen. Sie experimentierten mit verschiedenen Rotationsgeschwindigkeiten. Mal ließen sie die Kugeln schnell, mal langsam trudeln.

Das Resultat war eindeutig. Je stärker Schwung und Rotation, desto stärker der Drall, mit dem sich die Kugel in eine Richtung dreht. Zuletzt dreht sie sich in eine spiralförmige Flugbahn.

Eben dieser Effekt lenkte den Ball von Roberto Carlos plötzlich in Richtung Tor. Der Ball erhielt eine Beschleunigung nach vorne und rotiert um seine eigene Achse. Das ist bei einer Plastikkugel nicht anders als bei einem Drall-Schuss. Einerseits bewegt sich der Ball sehr schnell. Andererseits entsteht durch die Drehungen um die eigene Achse eine Verwirbelung der Luft. Diese wirkt wiederum als seitwärts gerichtete Kraft auf den Ball.

Was passiert? Die Flugbahn des Balls erhält einen leichten Links- oder Rechtsdrall. Vereinfacht gesagt: Es entsteht eine Bananenflanke. Oder besser: Ein Bananenschuss. Die Flanke kennen deutsche Fans von HSV-Legende Manfred Kaltz: Fußball und Physik, perfekt kombiniert.

Roberto Carlos: Spieltechnik, Kraft und Glück

Schwung und Rotationen sind hilfreich. Aber wie konnte die scharfe Kurve entstehen? Die Physiker sagen: Ursache war der weite Flugweg des Balls.

Der Ball bewegt sich schnell vorwärts, wird aber durch den Luftwiderstand gebremst. Heißt: geringere Geschwindigkeit, die Drehung um die eigene Achse hält an. Die Rotation beeinflusst die Flugrichtung. Aus dem leichten Drall des Balls entwickelt sich eine scharfe Kurve.

Aufmerksame Fußballfans wissen: Das passiert sehr selten. Flanken werden aus etwa 20 bis 25 Metern geschlagen. Der Anfang einer Kurve ist dann zu sehen, die spiralförmige Bewegung aber nicht.

Oft bekommen wir diesen Kunstschuss leider nicht zu sehen. Für diese Technik braucht ein Fußballer: eine hervorragende Technik, aber auch viel Kraft und Glück. Fußball und Physik ergänzen sich nicht immer perfekt. Roberto Carlos hatte damals alles. Uns Fans bleibt immerhin die Erinnerung an eines der schönsten Tore der Fußball-Geschichte.

Über den Autor

Philipp Ostsieker

Philipp Ostsieker ist Medien- und Digitalmanager aus Hamburg. Neben seiner hauptberuflichen Tätigkeit als selbstständiger Digital Content Strategist schreibt Philipp für BASIC thinking die Kolumne „Matchplan“, in der er über den Tellerrand blickt und durch die innovativen Ideen der Sportbranche führt.