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Der Anreiz für WM-Gastgeber: Viel Geld oder nur Liebe?

Der Anreiz für WM-Gastgeber: viel Geld oder nur Liebe?
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geschrieben von Philipp Ostsieker

Vor ein paar Tagen veröffentlichte Präsident Vladimir Putin ein Video, das Fußballfans in Russland willkommen heißt. Für Putin und seine Nation sei die Ausrichtung der Fussball-WM 2018 eine Frage von „großer Freude und Ehre“. Geht es nach einem Bericht der Commerzbank, gehen die positiven wirtschaftlichen Auswirkungen für WM-Gastgeber nicht über Ehre und Stolz hinaus.

Warum sind die Commerzbank-Experten so pessimistisch? Das Gastgeber-Trio USA, Kanada und Mexiko rechnet bei der WM 2026 doch mit 14,3 Milliarden Euro Einnahmen.

Mit Blick auf die letzten WM-Gastgeber gibt es aber offenbar kaum einen gesamtwirtschaftlichen Gewinn, zitiert Bloomberg Quint die Bank-Experten. Lediglich zwei Jahre vor und nach der WM sei ein kurzlebiger Anstieg des durchschnittlichen fünfjährigen BIP-Wachstums zu erwarten.


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„Die Ausrichtung einer Weltmeisterschaft wird immer schwieriger, da die Anforderungen an die Kandidaten immer strenger werden“, so die Commerzbank. „Das erhöht die Kosten erheblich und es gibt kaum Hinweise darauf, dass der Gastgeber im Gegensatz zu den vor dem Turnier gemachten Behauptungen einen großen, wenn überhaupt, wirtschaftlichen Nutzen erzielt.“

Russland ist Gastgeber seiner ersten Fussball-WM, die morgen beginnt. Zuvor war das Land Gastgeber der Olympischen Winterspiele 2014. Russland hat Ausgaben in Höhe von 11,6 Milliarden Dollar für den Bau oder die Renovierung von 12 Stadien veranschlagt. Das entspricht laut Commerzbank dem Dreifachen dessen, was Brasilien bei der WM 2014 ausgegeben hat. „Diese Zahl wird wahrscheinlich steigen, da sie bestimmte infrastrukturelle Elemente ausschließt, die nach Ansicht des Organisationskomitees ungeachtet dessen durchgeführt worden wären.“

Die Fußball-WM findet zu einem Zeitpunkt statt, an dem sich die russische Wirtschaft nach zwei Jahren des Rückgangs aufgrund von Wirtschaftssanktionen und niedrigen Ölpreisen zerbrechlich erholt. Das russische WM-Organisationskomitee hat kürzlich eine Studie veröffentlicht. Diese schätzt, dass die WM 2018 mit insgesamt 15 Milliarden Dollar auf das BIP Russlands einzahlen wird. Die Commerzbank-Experten sind anderer Meinung.

Abgesehen von der möglichen Prestige-Komponente, das mit der Gastgeberrolle verbunden ist, ist es schwierig, eine starke wirtschaftliche Argumentation für die Durchführung des Turniers zu liefern. (Commerzbank AG)

In ihrer Analyse hat die Bank das jährliche BIP-Wachstum der Gastgeberländer für einen Zeitraum von fünf Jahren, zwei Jahre vor und nach der Veranstaltung, abgebildet. Und ob sich herausstellt, dass es „keine offensichtlichen wirtschaftlichen Vorteile für die Ausrichtung des Turniers“ gibt.

Zumindest scheint es nicht völlig sinnlos zu sein. Im Vorfeld der Fußball-WM erleben die Gastgeberländer einen relativen Anstieg der Investitionen in Nichtwohnimmobilien. Das geht im Jahr des Turniers zu Ende und verlangsamt sich danach.

WM-Gastgeber: Der wirtschaftliche Nutzen ist übertrieben

„Was auch immer der Nutzen für den Gewinner sein mag, vieles deutet darauf hin, dass der wirtschaftliche Nutzen für den Gastgeber übertrieben ist“, erklärt die Commerzbank. Sie beruft sich weiter auf eine Studie aus dem Jahr 2006. Impulse im Einzelhandel, im Tourismus und in der Beschäftigung des Gastgeberlandes wirken sich teilweise positiv aus. Sie „reichen aber nicht aus, um eine gesamtwirtschaftliche Bedeutung zu haben“.

Auch die Experten von Moody’s Investors Services sind sicher, dass Russland nur einen „kurzlebigen wirtschaftlichen Nutzen“ aus der Veranstaltung ziehen wird.

Immerhin gibt es eine weitern interessanten Erkenntnis. Wer die WM gewinnt, erhält einen Stimmungsschub. Die Commerzbank hat das vierteljährliche BIP-Wachstum im Jahr des Turniers für 10 der letzten 11 Finals gemessen. Resultat: Das BIP-Wachstum in den siegreichen Ländern im dritten Quartal, das auf die Fußball-WM folgt, war achtmal schneller als im zweiten Quartal.

Über den Autor

Philipp Ostsieker

Philipp Ostsieker ist Medien- und Digitalmanager aus Hamburg. Neben seiner hauptberuflichen Tätigkeit als selbstständiger Digital Content Strategist schreibt Philipp für BASIC thinking die Kolumne „Matchplan“, in der er über den Tellerrand blickt und durch die innovativen Ideen der Sportbranche führt.