Ein neuer Gesetzentwurf aus dem Bundesjustizministerium will Sicherheitsbehörden das Recht einräumen, Digital-Konzerne wie Google und Facebook zur Herausgabe von Passwörtern zu zwingen. Das soll gegen Hass im Internet helfen, würde aber eher Angst und Einschüchterung bei Nutzern schüren. Eine Einordnung.
Das Bundesjustizministerium möchte stärker gegen Hass und Kriminalität im Internet vorgehen – und zwar mit einem neuen Entwurf für das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG), der bereits auf sehr viel Gegenwind stößt.
Das NetzDG ist am 1. Januar 2018 in Kraft getreten. Aktuell verpflichtet es Anbieter sozialer Netzwerke dazu, „offensichtlich rechtswidrige Inhalte“ innerhalb von 24 Stunden nach Eingang einer Beschwerde zu entfernen oder zu sperren. Für nicht offensichtlich rechtswidrige Inhalte bleibt sieben Tage Zeit.Wer die Pflichten nicht erfüllt, muss mit Bußgeldern in Millionenhöhe rechnen.
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Laut dem Entwurf zum NetzDG dürfen Strafverfolgungs- und Sicherheitsbehörden nun künftig ohne richterliche Anordnung von Konzernen wie Google, Facebook und Twitter verlangen, dass sie ihnen die Zugangsdaten inklusive Passwörter ihrer Nutzer herausgeben.
„Dies gilt auch für Bestandsdaten, mittels derer der Zugriff auf Endgeräte oder auf Speichereinrichtungen, die in diesen Endgeräten oder hiervon räumlich getrennt eingesetzt werden, geschützt wird“, steht im Entwurf geschrieben.
Neuer Gesetzentwurf verlangt Herausgabe von Passwörtern
Das heißt: Sowohl E-Mail-Dienste und soziale Netzwerke, als auch grundsätzlich jedes Unternehmen mit einem digitalen Angebot sollen die Daten und Passwörter ihrer Kunden und Nutzer herausgeben, wenn Polizeibehörden, der Verfassungsschutz, der Bundesnachrichtendienst oder der Zoll danach verlangen.
Dann bleibt es nicht mehr dabei, dass Behörden unsere IP-Adressen abfragen können, sondern mehr oder weniger alle persönlichen Daten, die wir in den sozialen Netzwerken angeben.
Die Hemmschwelle wäre für Behörden außerdem auch sehr gering. Laut Gesetzentwurf soll es nämlich schon genügen, wenn jemand Verdacht wegen irgendeines Delikts gegen einen Nutzer erhebt und ihm beispielsweise droht.
Und das war es noch nicht. Facebook, Google und Co. dürfen uns dann auch nicht informieren, wenn die Sicherheitsbehörden nach unserem Passwort verlangen. Möglicherweise würden wir also zunächst nicht einmal erfahren, was wann strafbar ist und was nicht – und wer wann Zugriff auf unseren Account hatte.
Schutz und Privatsphäre adé
Der Gesetzentwurf wirft natürlich auch einige Fragen auf. Wie sollen Facebook und Co. zum Beispiel überhaupt unsere Passwörter herausrücken, wenn sie diese nicht im Klartext speichern?
Momentan erhalten Online-Dienste nur eine Zertifizierung vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnologie (BSI), wenn sie Passwörter verschlüsselt speichern.
Sie können dann sehen, dass man ein Passwort richtig eingegeben hat, aber es nicht eins zu eins auslesen. Das stellt sicher, dass nur berechtigte Personen darauf zugreifen können.
Entweder würden die Anfragen der Politik also ins Leere laufen oder es müsste wiederum erlaubt sein, Passwörter im Klartext abzuspeichern. Dann wären Schutz und Privatsphäre der Nutzer allerdings so gut wie hinfällig.
Mögliche Konsequenzen auch für soziale Netzwerke
Und wer würde schon gerne die sozialen Netzwerke nutzen, wenn das eigene Passwort klar in der digitalen Welt abgespeichert ist?
Gleiches gilt für den Gesetzentwurf selbst: Würden wir überhaupt noch Online-Dienste mit Freunde in Anspruch nehmen, wenn wir wissen, dass theoretisch ein Beamter unser Passwort erfragen und unsere persönlichen Daten auslesen darf? Vermutlich eher nicht.
So gesehen würde der Gesetzentwurf also auch die sozialen Netzwerke in Gefahr bringen. Wenn die Nutzerzahlen zurückgehen, würden schließlich alle Seiten verlieren.
Neuer Gesetzentwurf: Kontrolle ist gut, noch mehr Kontrolle ist besser
Natürlich müssen die Behörden eine geeignete Methode finden, um gegen Straftaten und Hass im Internet vorzugehen. Aber der Gesetzentwurf würde uns Privatsphäre und Freiheit in den sozialen Netzwerken und im gesamten Internet nehmen.
Selbst wenn wir keine Straftat begehen: Sobald wir unser Recht auf Meinungsfreiheit in Anspruch nehmen und öffentlich kritisch unsere Meinung äußern, müssten wir damit rechnen, dass Behörden auf uns aufmerksam werden.
Das wirkt schon sehr einschüchternd – und so darf die Lösung einfach nicht aussehen. Die Behörden würden immerhin extreme Kontrolle über uns gewinnen. Der Entwurf schießt schlichtweg über das Ziel hinaus.
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