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Trixi-Spiegel: Weil seine Tochter einen Unfall hatte, erfand ein Vater einen Spiegel gegen tote Winkel

Trixi-Spiegel, toter Winkel, Verkehrsspiegel
Dieser kleine Spiegel kann Leben retten. (Foto: Screenshot / YouTube)
geschrieben von Christoph Hausel

Tote Winkel sorgen zwar für schwere Unfälle, doch sie gelten als „hinzunehmendes Übel“ im Straßenverkehr. Nachdem seine eigene Tochter deswegen einen schweren Unfall hatte, erfand ein Vater eine Lösung, den Trixi-Spiegel. Start-up-Experte Christoph Hausel stellt dir die Erfindung genauer vor. 

Tote Winkel sind der Verkehrs-Albtraum schlechthin. Stell dir vor, ein LKW biegt rechts ab und übersieht dabei einen Fußgänger, Radfahrer oder E-Scooter-Fahrer, der eigentlich Vorfahrt gehabt hätte – weil sich dieser im toten Winkel des Seitenspiegels befindet.

Das kommt häufiger vor, als du vielleicht vermutest. Allein in München kommt es allein dadurch jährlich zu etwa 2.000 Abbiegeunfällen, teilweise mit schweren Folgen.

Das hat auch Ulrich Willburger erleben müssen. 1994 erfasste ein abbiegender Betonmischer seine 13-jährige Tochter Beatrix auf ihrem Fahrrad. Sie überlebte zwar schwer verletzt, ist seitdem jedoch halbseitig gelähmt.

Doch Polizei und Gutachter fanden, dass hier nicht viel zu machen sei und sich solche Vorfälle wahrscheinlich sogar wiederholen würden. Die Logik: Tote Winkel sind leider ein Problem im Straßenverkehr, das wir hinnehmen müssen.

Genau das wollte Willburger aber nicht. Stattdessen weckte das seinen Erfindergeist.

Der Familienvater entwickelte daraufhin den Trixi-Spiegel. Das ist ein konkav gewölbter, runder Verkehrsspiegel, der – idealerweise direkt an der Ampel angebracht – den toten Winkel ausmerzt. Benannt hat Willburger den Spiegel nach seiner Tochter.

Erst 1.000 Trixi-Spiegel in Deutschland

Trixi-Spiegel helfen LKW- und Busfahrer dabei, den toten Winkel vor und neben ihrem Fahrzeug besser einzusehen. Der Spiegel zeigt dabei Radfahrer, Fußgänger oder E-Scooter-Fahrer in einem Sichtfeld von ungefähr 90 Grad.

Die richtige Ausrichtung ist dabei entscheidend. Gegen Verschmutzung und Beschlagen sorgt die Montage mit einem leichten Neigungswinkel nach unten.

Ja, es gibt natürlich schon Verkehrsspiegel, die Fahrern dabei helfen, um die Ecke zu sehen. Doch der Trixi-Spiegel zeigt sofort, wer sich in der direkten Umgebung des Fahrzeugs aufhält.

Das ist insbesondere für LKW-Fahrer praktisch, weil viele Lastwagen derzeit noch nicht über Abbiege-Assistenten verfügen. Diese Systeme werden erst ab diesem Jahr für alle neuen Fahrzeugtypen Pflicht. 2024 müssen dann alle Neufahrzeuge mit einem entsprechenden Assistenten ausgestattet sein.

In Deutschland stehen an vielen Verkehrsknotenpunkten etwa 1.000 Trixi-Spiegel. In der Schweiz sind es rund 3.000. Die Kosten pro Exemplar liegen mit Montage bei rund 100 Euro.

Reich wird Willburger mit seiner Erfindung so nicht. Aber ihm geht es an dieser Stelle auch nicht um Umsatzzahlen, sondern vielmehr darum, einen Beitrag zur Vermeidung dieser Unfälle zu leisten.

Deshalb ist auch der unermüdliche Einsatz von Erfinder Ulrich Willburger so lobenswert, der sich seit 25 Jahren für einen sicheren Straßenverkehr einsetzt. Laut eigener Aussage ist das häufig ein Kampf gegen Windmühlen, da vielen Städten und Gemeinden der Aufwand und die Kosten für die Spiegel zu hoch sind.

München wehrte sich lange gegen Montage

Denn wenn man ehrlich ist, sind 1.000 Spiegel im Land nicht sehr viel. Dabei zeigt das Beispiel der Stadt Freiburg, wie effektiv der Trixi-Spiegel ist. Hier stellte die Stadt vor ein paar Jahren 160 Trixi-Spiegel an Ampeln auf.

Seitdem sei die Zahl der Verkehrstoten durch Abbiegeunfälle dort gesunken, sagt Willburger. Vor den Spiegeln zählte die Stadt etwa neun Verkehrstote pro Jahr. Seitdem die Trixi-Spiegel angebracht wurden, ist die Zahl auf einen Verkehrstoten gesunken.

Nach einer gemeinsamen Studie der Organisation „Gelber Engel“, des ADAC und des Instituts für Verkehr und Mobilität der TU Kaiserslautern sagten 90 Prozent der befragten LKW- und Busfahrer in Freiburg, dass sie den Spiegel als sehr hilfreich empfinden.

Nun will auch München das Konzept endlich ausprobieren. Das Kreisverwaltungsreferat war lange Zeit nicht vom Nutzen der Spiegel überzeugt, da die Ergebnisse nicht eindeutig und das Montage-Verfahren an sich zu aufwendig wären. Vorab müsste die Stadt nämlich die Standorte der Spiegel anhand von Unfalldaten und dem LKW-Aufkommen bestimmen.

Mittlerweile hat das Kreisverwaltungsreferat eingelenkt und zugestimmt, als Pilotversuch 100 Exemplare an 40 Kreuzungen zu montieren und ein Jahr lang zu testen. 40.000 Euro kostete die Stadt das Projekt.

Durch eine Spendenaktion eines Münchner Radiosenders und das Eingreifen der Lokalpolitik bringt es die Stadt nun auf stolze 8.000 Spiegel, die nach und nach an rund 1.100 Ampelkreuzungen montiert werden sollen.

Kein klassisches Start-up, aber tolles Projekt

Auch wenn es sich bei Trixi-Spiegel nicht um eines der klassischen Start-ups handelt, die ich sonst unter die Lupe nehme, ist es mir trotzdem wichtig, Ulrich Willburgers Unternehmen vorzustellen.

Kaum zu glauben, dass mit dieser simplen Idee Rechtsabbieger-Unfälle verhindert werden können, die bereits viele Unfallopfer gefordert haben.

Natürlich müssen trotzdem weiterhin alle Verkehrsteilnehmer ein Bewusstsein für den die Gefahr der toten Winkel haben. Doch ich hoffe, dass mit dem Testlauf in München endlich die entsprechenden Resultate vorliegen, die andere Städte und Gemeinden von der Notwendigkeit dieser Spiegel überzeugen, damit unser Straßenverkehr ein Stück weit sicherer wird.

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Über den Autor

Christoph Hausel

Christoph Hausel, studierter Jurist und erfahrener Kommunikationsprofi, ist Co-Owner & Managing Director von ELEMENT C. Zudem steht er zahlreichen Acceleratoren als Mentor und Experte zur Seite: next media accelerator, MediaLab Bayern und Wayra. 2002 gründete er die Kommunikationsagentur ELEMENT C. Damals als reine PR-Agentur konzipiert, fokussiert sich ELEMENT C seit 2005 auf die interdisziplinäre Verknüpfung von PR und Design, um ein langfristiges Markenbewusstsein zu schaffen.