Wirtschaft

Start-up-Check! Ehrenamt 2.0 mit Somigo

Somigo, Start-up, Start-up-Check, Start-ups, Ehrenamt,
Das Start-up Somigo hat sich auf die Fahne geschrieben, das Ehrenamt in Deutschland zu modernisieren. (Foto: Unsplash.com / Anna Earl)
geschrieben von Christoph Hausel

In der Serie „Start-up-Check!“ nehmen wir regelmäßig die Geschäftsmodelle von Start-ups unter die Lupe. Wer steckt hinter dem Unternehmen? Was macht das Start-up so besonders und was gibt es zu kritisieren? Heute: Somigo.

Start-ups. Das klingt nach Erfindergeist, Zukunftstechnologien, neuen Märkten. Doch in der Realität erweisen sich viele der Neugründungen leider oft als eine Mischung aus einer E-Commerce-Idee, planlosen Gründern und wackeligen Zukunftsaussichten. Dabei gibt es sie durchaus: Die Vordenker, die an den großen Problemen tüfteln und Geschäftsmodelle revolutionieren. Diese zu finden und vorzustellen, ist die Aufgabe des Formats Start-up-Check. Heute: Somigo aus Köln.

Wer steckt hinter Somigo?

Der Ausbruch der Corona-Pandemie hat mir persönlich zwei Dinge gezeigt. Zum einen, dass die Nachfrage nach Hilfe und Unterstützung – gerade bei Risikogruppen – sehr hoch war und immer noch ist. Und zum anderen auch die Bereitschaft in der Gesellschaft, zu helfen.


Neue Stellenangebote

Growth Marketing Manager:in – Social Media
GOhiring GmbH in Homeoffice
Senior Social Media Manager:in im Corporate Strategy Office (w/d/m)
Haufe Group SE in Freiburg im Breisgau
Senior Communication Manager – Social Media (f/m/d)
E.ON Energy Markets GmbH in Essen

Alle Stellenanzeigen


Das haben beispielsweise die zahlreichen Corona-Hilfegruppen in den sozialen Medien und die Aushänge in vielen Treppenhäusern gezeigt. Auf diese Weise war es für uns alle sehr einfach, einander in dieser herausfordernden Zeit zu unterstützen.

Noch vor ein paar Jahren tat sich Kai Giersiepen schwer damit, überhaupt einen Einstieg in das soziale Engagement zu finden. Als er nach seinem Studium zwei Monate ehrenamtlich arbeiten wollte, kam ihm ein sechswöchiges Anmeldeverfahren in die Quere. Die Folge: Am Ende blieb kaum noch Zeit, wirklich aktiv zu werden.

Er war jedoch der Ansicht, dass – wenn man sich engagieren möchte und egal, ob wenige Stunden oder ein paar Monate – der Eintritt möglichst einfach und schnell erfolgen sollte.

Nachdem Kai Ende 2019 zwei Jahre in einer Digitalagentur viel über entsprechende Geschäftsmodelle und Möglichkeiten gelernt hatte, kombinierte er diesen Grundgedanken mit seinem gesammelten digitalen Know-how. Als er seinem Arbeitskollegen Niklas Hagenbeck davon erzählte, war die Idee zu Somigo geboren.

Am 13. März 2020 startete die Plattform für die schnelle, einfache und flexible Vermittlung von lokalen gemeinnützigen Tätigkeiten offiziell. Die zwei Gründer wollen so die Barrieren für soziales Engagement reduzieren, Ehrenamt neu interpretieren. Ebenso wollten sie dafür sorgen, dass sich die Tätigkeiten gut in den Alltag integrieren lassen.

Der Name selbst ist eine Kombination aus Social und Amigo und soll eine Mischung aus Gemeinnützigkeit, Lebensfreude und Freundschaft ausstrahlen. Denn Somigos sind laut Kai und Niklas Menschen, die gemeinsam Gutes tun und Spaß dabei haben.

Bereits zwei Wochen nach Start registrierten sich bundesweit 600 Helfer über die Website. Die Gründer konnten so in kürzester Zeit 50 Vermittlungen realisieren. Finanziert wird das Start-up aktuell durch das Privat-Investment von Kai.

Die Corona-Krise hat die Gründer kurz nach dem Live-Gang natürlich kalt erwischt. Ursprünglich lag der Fokus auf dem Thema Ehrenamt für junge Menschen. Aber aufgrund des Versammlungsverbots schwenkte das Start-up für die Anfangszeit um. Nun hat es mit der Corona-Hilfe einen Weg gefunden, das Beste für die Gesellschaft und das junge Unternehmen herauszuholen.

Die hohe Nachfrage und das positive Feedback aus der Community haben die Gründer bestärkt, weiterhin auf ihr Konzept zu setzen. Jetzt wollen sie es auch in Zukunft deutschlandweit ausbauen. Künftig will Somigo das über die Zusammenarbeit mit Unternehmen und Hilfsorganisationen gestalten und finanzieren.

Zudem sind soziale Events wie Kochkurse mit anschließender Essensausgabe an Bedürftige, Müll-Aufräumaktionen und vieles mehr geplant.

Was macht Somigo?

Aktuell können Menschen, die Hilfe benötigen und gemeinnützige Organisationen, die Helfer brauchen, Unterstützung über die Somigo-Plattform oder die entsprechende Hotline anfordern. Alle aktiven Somigos sind außerdem dazu aufgerufen, lokale Aushänge anzubringen, um auch ältere Generationen zu erreichen und ihnen eine Anlaufstelle zu bieten.

Die Anmeldung als Helfer erfolgt dabei schnell und einfach. Hier werden lediglich die Kontaktdaten benötigt. Das Matching von Hilfsbedürftigen und Helfern wird im Hintergrund direkt vom Somigo-Team organisiert. So wird dieser Prozess für alle Seiten so einfach wie möglich gestaltet. Die Vermittlung erfolgt dabei persönlich, per E-Mail oder telefonisch.

Allgemein bestehen die Tätigkeiten aus ein- bis vierstündigen Aufgaben. Eine regelmäßige Teilnahme ist nicht erforderlich. Und zudem können die Tätigkeiten außerhalb der Kernarbeitszeiten erledigt werden.

Während Corona liegt der Schwerpunkt vor allem auf der Nachbarschaftshilfe. Dazu zählen Einkäufe, Boten- und Apothekengänge sowie die Unterstützung von Tafeln und anderen Hilfsorganisationen.

Mit Blick in die Zukunft möchte Somigo außerdem Hilfsorganisationen und Unternehmen als Partner gewinnen. Für Erstere wollen die Gründer vor allem die Brücke zur jüngeren Generation schlagen. Denn in den Organisationen sind häufig nicht die notwendigen Ressourcen vorhanden, um das Potenzial der Digitalisierung voll auszuschöpfen.

Unternehmen planen die Gründer hingegen im Bereich Corporate Volunteering zu unterstützen. Obwohl viele Firmen zwar Geld für gemeinnützige Organisationen spenden wollen, haben aber oftmals weder eine Strategie, noch eine konkrete Zielsetzung, um dieses Projekt anzugehen.

Das bedeutet in der Praxis, dass sich beispielsweise Teams, ganze Abteilungen oder die Unternehmen an sich während eines Events gemeinsam sozial engagieren.

Eine weitere Option ist, dass Unternehmen ihre Spende an das lokale Engagement freiwilliger Helfer koppeln. So spendet ein Unternehmen beispielsweise einen vereinbarten Betrag pro geleisteter Einsatzstunde eines Freiwilligen. Dieser wiederum wird durch Auszeichnungen und sein Mitbestimmungsrecht in Bezug auf die Spende motiviert, sich an dem Projekt zu beteiligen.

Für diese Dienstleistung berechnet Somigo eine niedrige Gebühr für die Gesamtspende (maximal 5 Prozent), um die Plattform zu finanzieren.

Hier will Somigo Unternehmen außerdem bei der Erstellung kommunikativer Inhalte unterstützen, die in den sozialen Netzwerken ausgespielt werden können. Denn viel zu oft verschwinden Spendengelder im Jahresabschlussbericht und niemand erfährt davon.

Was macht Somigo so besonders?

Die Gründer sind der Überzeugung, dass ihre Ressourcen, ihr Skillset und das Team die richtige Mischung sind, das Ehrenamt in Deutschland zu modernisieren. Somigo möchte beweisen, dass soziales Engagement so einfach und spannend wie ein Hobby sein kann. Und dafür muss man nicht sein komplettes Leben auf den Kopf stellen.

So schränken beispielsweise vier Stunden Aufräumen im Park pro Monat die Wenigsten ein und lassen sich flexibel in den Alltag integrieren.

Somigo richtet sich damit vor allem an jüngere Menschen. Deshalb setzt das Kölner Start-up hauptsächlich auf digitale Kanäle und Social Media, um Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen und neue Unterstützer zu gewinnen. Die Ansprache selbst ist bewusst cool, frech und motivierend gehalten.

Die Gründe sind plausibel: Gerade jüngere Generationen ticken anders. Daher will Somigo auf digitaler Ebene ein Angebot für soziales Engagement schaffen, das auf sie zugeschnitten ist und ihren Bedürfnissen entspricht. Incentives wie coole Events, stylische und nachhaltige Kleidung und weitere Überraschungen für die Somigos sollen dabei die Motivation fördern.

Gibt es Kritikpunkte?

Zugegeben, es schwingt bei Somigo noch sehr viel Zukunftsmusik mit. Schuld ist hier vor allem Corona. Aber die ersten Zahlen zeigen, dass das Konzept aufgeht. Und junge Menschen fühlen sich vom Konzept „Ehrenamt 2.0“ durchaus angesprochen.

Weitere Pluspunkte gibt es für die Flexibilität der Gründer. Denn sie fokussieren sich zunächst auf die Nachbarschaftshilfe. Im nächsten Schritt wollen sie nun Unternehmen und Hilfsorganisationen angehen.

Durch den Grundgedanken, einen einfachen und flexiblen Zugang zu ehrenamtlichem Engagement zu finden, haben die Gründer außerdem einen wichtigen Nerv getroffen. Häufig sind es nämlich grade der Mangel an Zeit und die fehlende Flexibilität der Tätigkeit. Auch eine gewisse Orientierungslosigkeit stellen ein Problem dar.

Auch in Hinblick auf die Zusammenarbeit mit Unternehmen, die Spendengelder strategisch und messbar einsetzen möchten, könnten die Gründer viel erreichen. Der Markt beziffert sich hier auf jährlich rund neun Milliarden Euro.

Diese Gelder und die Zeit von Freiwilligen sollen damit ideal für die Gesellschaft eingesetzt werden. Dementsprechend profitieren Unternehmen von maßgeschneidertem sozialen Engagement gepaart mit Team-Building und Freiwillige von Tätigkeiten, die Spaß machen und für sie flexibel erreichbar sind.

Und apropos Geld: Somigo hat als GmbH in Verantwortungseigentum gegründet. Das bedeutet, dass in dieser Unternehmensform keine Gewinne ausgeschüttet werden und ausschließlich Mitarbeiter und Gründer Anteile haben.

Gewinne werden also als Mittel zum Zweck erwirtschaftet und stets reinvestiert. Auf diese Weise verbinden und vereinbaren die Gründer den sozialen Hintergrund ihres Unternehmens mit ihrer Wirtschaftlichkeit.

Fazit

Mir gefällt das Konzept der beiden Gründer, das Ehrenamt in Deutschland zu modernisieren und vor allem jungen Menschen den Zugang zu erleichtern, sehr. Wenn man bedenkt, dass die Aufgaben in der Regel innerhalb von einer bis vier Stunden erledigt sind, sollte es doch uns allen leicht fallen, einen Teil unserer Freizeit für einen guten Zweck zu opfern.

Ich drücke den Jungs die Daumen, dass es mit der Ansprache von Hilfsorganisationen und Unternehmen langfristig klappt.

Auch interessant: 

Über den Autor

Christoph Hausel

Christoph Hausel, studierter Jurist und erfahrener Kommunikationsprofi, ist Co-Owner & Managing Director von ELEMENT C. Zudem steht er zahlreichen Acceleratoren als Mentor und Experte zur Seite: next media accelerator, MediaLab Bayern und Wayra. 2002 gründete er die Kommunikationsagentur ELEMENT C. Damals als reine PR-Agentur konzipiert, fokussiert sich ELEMENT C seit 2005 auf die interdisziplinäre Verknüpfung von PR und Design, um ein langfristiges Markenbewusstsein zu schaffen.