Für einige Firmen ist Videoüberwachung im Unternehmen eine ernsthafte Option. Doch dabei warten zahlreiche rechtliche Hürden auf dich. Das beginnt beim berechtigten Interesse, geht über deine Mitarbeiter und endet bei der Löschung der Daten. Eine rechtliche Einordnung.
Videoüberwachung und DSGVO
Der Einsatz von Videoüberwachungssystemen ist aus der privaten Wirtschaft nicht mehr wegzudenken. Der Begriff „Überwachung“ mutet dabei zunächst negativ an.
Jedoch lässt sich bereits einleitend feststellen, dass eine Videoüberwachung oft nicht zum Nachteil der Überwachten stattfindet. Daher ist sie auch datenschutzrechtlich nicht per se unzulässig.
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Generell gilt: Werden Bilder von Personen, etwa beim Betreten von Gebäuden, erhoben, liegt eine Verarbeitung von personenbezogenen Daten vor. Damit ist auch der Anwendungsbereich der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) eröffnet. Das Datenschutzrecht findet Beachtung.
In Deutschland existiert zwar eine spezielle Vorgabe zur Videoüberwachung in Paragraf 4 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG).
Jedoch muss hierbei berücksichtigt werden, dass das Bundesverwaltungsgericht im Jahr 2019 (BVerwG, Urteil vom 27. März 2019 – 6C 2.18) entschieden hat, dass diese Norm nicht den europäischen Vorgaben entspricht und daher nicht anzuwenden sei.
In der Praxis empfiehlt es sich daher, in jedem Fall auch die Anforderungen der DSGVO (mit) zu beachten.
Neue Orientierungshilfe der deutschen Datenschutzbehörden
Welche Voraussetzungen konkret für eine zulässige Videoüberwachung einzuhalten sind, hat die Versammlung der deutschen Datenschutzbehörden (DSK) im Juli 2020 in einer Orientierungshilfe festgehalten.
Wichtig ist zunächst, sich mit der Weite der Anwendbarkeit datenschutzrechtlicher Vorschriften zu befassen.
Nach Ansicht der Aufsichtsbehörden umfasst der Begriff der Videoüberwachung sowohl die Videobeobachtung, bei der eine Live-Übertragung der Bilder auf einen Monitor erfolgt, als auch die Videoaufzeichnung, bei der Aufnahmen gespeichert und später ausgelesen werden können.
Es kommt also nicht darauf an, ob das Unternehmen die Videos tatsächlich auf einer Festplatte speichert.
Interessant und praxisrelevant ist die Frage, was denn bei Kamera-Attrappen gilt. Denn diese verarbeiten gar keine personenbezogenen Daten. Dies ist auch die Auffassung der Datenschutzbehörden. Daher finden die Vorschriften der DSGVO und des BDSG keine Anwendung.
Achtung: Jedoch gibt es schon Urteile aus dem Zivilrecht, die sich mit Kamera-Attrappen befassen und klagenden Personen Ansprüche gegen den Einsatz von Attrappen zugesprochen haben, weil diese einen unzulässigen Überwachungsdruck auslösen.
Rechtmäßigkeit der Videoüberwachung im Unternehmen
Entscheidende Rechtsgrundlage aus Sicht des Datenschutzrechts ist bei dem Einsatz von Videoüberwachung die Interessenabwägung nach Artikel 6 Absatz 1 lit. f DSGVO. Diese muss das Unternehmen, das Kunden oder Mitarbeiter überwachen möchte, vornehmen.
Die Videoüberwachung ist zulässig, soweit die Verarbeitung der Daten erforderlich ist, um die berechtigten Interessen des Unternehmens zu wahren. Dabei dürfen nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person überwiegen, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern.
Diese Abwägung sollten Unternehmen intern sauber dokumentieren und sie natürlich vor Inbetriebnahme der Kameras durchführen.
Ein berechtigtes Interesse für den Betrieb einer Videoüberwachungsanlage kann ideeller, wirtschaftlicher oder rechtlicher Natur sein. Berechtigt ist ein Interesse, wenn es rechtmäßig, hinreichend klar formuliert und nicht rein spekulativ ist.
So kann der Inhaber des Hausrechts grundsätzlich präventive und repressive Maßnahmen treffen, die zum Schutz des Objekts erforderlich sind. Auch der Schutz vor Diebstählen oder Vandalismus ist ein berechtigtes Interesse.
Wichtig ist: Zwar muss in der Vergangenheit nicht bereits ein Schaden am Eigentum eingetreten sein, damit dieses Interesse bejaht werden kann.
Jedoch weisen die Datenschutzbehörden darauf hin, dass konkrete Tatsachen vorliegen müssen, aus denen sich beispielsweise eine Gefahrenlage ergibt, die über das allgemeine Lebensrisiko hinausgeht.
Videoüberwachung im Unternehmen nur bei Erforderlichkeit
Besonders wichtig ist, dass die Videoüberwachung als Datenverarbeitung „erforderlich“ ist. Bevor eine Videoüberwachung zum Einsatz kommt, müssen Firmen daher prüfen, ob die Maßnahme geeignet und erforderlich ist, um ihren festgelegten Zweck zu erreichen.
Eine Videoüberwachung ist nur dann erforderlich, wenn der beabsichtigte Zweck nicht genauso gut mit einem anderen Mitteln erreicht werden kann.
So verlangen die Datenschutzbehörden etwa, dass bei jeder Kamera einzeln zu prüfen ist, auf welche Betriebszeiten und Erfassungsbereiche eine Überwachung eingeschränkt werden kann, ohne dass der Überwachungszweck gefährdet ist. Eine anlassbezogene Überwachung sei daher einer dauerhaften vorzuziehen.
Transparenz als entscheidender Faktor
Die Hinweisschilder zur Videoüberwachung – wir kennen sie in allen möglichen Farben und Varianten.
Die Aufsichtsbehörden verlangen, dass der Umstand der Beobachtung und der Name und die Kontaktdaten des verantwortlichen Unternehmens durch geeignete Maßnahmen zum frühestmöglichen Zeitpunkt erkennbar zu machen sind.
Das bedeutet, dass vor dem Betreten videoüberwachter Bereiche auf die Datenverarbeitung hingewiesen wird, damit betroffene Personen ihr Verhalten entsprechend ausrichten können.
Ein gesetzliches Muster-Schild gibt es übrigens nicht. Wer Inspiration sucht, kann auf der Webseite der niedersächsischen Behörde das Muster eines Hinweisschildes herunterladen, welches von den Datenschutzbehörden veröffentlicht wurde.
Wie lange dürfen Unternehmen Videos aufbewahren?
Auch diese Frage lässt das Gesetz unbeantwortet. Zumindest gibt es keine konkreten Zeitangaben. Generell gilt, wie bei jeder Datenspeicherung, nur so lange, wie es für den Zweck nötig ist. Die Speicherdauer ist daher an den jeweiligen Zweck der Überwachung gebunden.
Werden die Daten für die Verfolgung der ursprünglichen Zwecke nicht mehr benötigt, ist das Unternehmen verpflichtet, die Videoaufzeichnungen unverzüglich zu löschen. Die deutschen Datenschutzbehörden gehen davon aus, dass eine Speicherdauer von 72 Stunden in der Regel zulässig ist.
Videoüberwachung im Unternehmen: die Mitarbeiter
Natürlich findet oft auch im Arbeitsverhältnis eine Videoüberwachung statt. Nicht unbedingt spezifisch auf eine Person gerichtet, sondern etwa durch Kameras an Eingangstüren und -toren.
Aus Datenschutzsicht sind für eine Überwachung von Mitarbeitern gesteigerte Anforderungen zu erfüllen. Die Datenschutzbehörden begründen dies wie folgt:
Müssen Beschäftigte während ihrer gesamten Arbeitszeit befürchten, dass ihr Verhalten aufgezeichnet, später rekonstruiert und kontrolliert wird, erzeugt dies einen ständigen Überwachungs- und Anpassungsdruck.
Bei einer Interessenabwägung ist, wie bereits eingangs beschrieben, zum Beispiel zu berücksichtigen, dass je weniger Rückzugsraum zur Verfügung steht, desto eher die schutzwürdigen Interessen der Beschäftigten überwiegen.
Und Achtung: Sich eine Einwilligung der Mitarbeiter zu holen, wird fast nie funktionieren, denn es fehlt oft an der notwendigen Freiwilligkeit der Einwilligung.
Zudem ist dabei zu beachten, dass eine Einwilligung immer widerrufbar sein muss. Würde dies hinsichtlich der Videoüberwachung überhaupt funktionieren? Könnte man also für einen Beschäftigten die Videoüberwachung abschalten? Oft ist dies nicht möglich.
Fazit zur Videoüberwachung im Unternehmen
Der Betrieb einer Videoüberwachung ist auch in Zeiten der DSGVO möglich. Natürlich gelten aber auch hier die strengen Anforderungen des Datenschutzrechts. Besonders sensibel sollten Unternehmen und Organisationen bei einer Videoüberwachung im Arbeitsverhältnis sein.
Wer sich mit dem Thema näher auseinandersetzen möchte, dem empfehle ich die Checkliste der Datenschutzbehörden für Betreiber einer Videoüberwachung, die in der oben erwähnten Orientierungshilfe am Ende enthalten ist.
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