Wasserstoff galt lange als Hoffnungsträger für einen nachhaltigen Individualverkehr. Opel-Mutterkonzern Stellantis hat sich nun von seinen H2-Plänen verabschiedet. Volkswagen und Mercedes haben schon zuvor die Reißleine gezogen. Wir haben die Hintergründe entschlüsselt und das Thema für dich in seine Bestandteile aufgebrochen.
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Er galt mitunter als Hoffnungsträger für einen nachhaltigen Individualverkehr. Doch nun hat sich auch Opel-Mutterkonzern Stellantis von Wasserstoff als Treibstoff für die Automobilindustrie verabschiedet. Volkswagen und Mercedes haben schon vorher die Reißleine gezogen.
Hintergrund: Wasserstoff fürs Auto schon immer ein Trugschluss
- Noch vor einem Jahr hatte Stellantis erklärt, an der Wasserstoff-Technologie festhalten zu wollen – trotz schwacher Nachfrage. Xavier Peugeot, damaliger Chef der Nutzfahrzeugsparte, hoffte auf schnelle Kostensenkungen.
- Experten sehen im Wasserstoff-Aus bei Stellantis einen anhaltenden Trend. Nachdem sich zuvor bereits Mercedes, VW und General Motors von der Technologie verabschiedet hatten, halten nur noch Toyota, BMW und Hyundai daran fest – und das teilweise mit großen Einschränkungen.
- Zum Stellantis-Konzern gehören Marken wie Opel, Fiat und Peugeot. Ursprünglich waren mehrere Wasserstoff-Fahrzeuge geplant – vor allem im Transporterbereich.
Einordnung: Wasserstoff-Irrweg der Autoindustrie
Die meisten Autobauer in Europa haben ihre Wasserstoff-Pläne längst begraben. In Deutschland glaubt nur noch BMW an die Technologie – und das auch nur noch bedingt.
Viele hielten dennoch lange am Wasserstoff-Irrweg fest. Einerseits, weil sich der Treibstoff mitunter für Strukturen wie den Verbrennungsmotor nutzen lässt. Andererseits wurde die Technologie gezielt von Parteien wie der FDP unterstützt.
Zudem gab es die Hoffnung, Arbeitsplätze in der klassischen Antriebstechnik zu sichern und Umstellungen zu vermeiden. H2-Motoren galten deshalb als bequemer Kompromiss – auch aus Angst vor neuen Technologien wie dem Elektromotor.
Stimmen: Wasserstoff „sollte nicht in Autos landen“
- Jean-Philippe Imparato, Europa-COO von Stellantis, sieht in Wasserstoff-Autos keine Zukunft mehr. Die Schuld am eigenen Irrtum gibt er der EU, so als wären E-Autos und Hybrid-Modelle zuvor keine Option gewesen: „Um auf anspruchsvolle CO2-Vorschriften in Europa zu reagieren, hat Stellantis beschlossen, sein Entwicklungsprogramm für Wasserstoff-Brennstoffzellentechnologie einzustellen.”
- Auch innerhalb der Politik wurde lange an der Scheinlösung Wasserstoff festgehalten. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) dazu: “Wasserstoff und E-Fuels erhalten viel Aufmerksamkeit. Häufig wird der Eindruck erweckt, dass große Teile des Verkehrs, inklusive der Straßenverkehr, klimaverträglich werden können. Die Wahrheit: Den Verkehr großflächig auf Wasserstoff umzustellen, wäre ein gigantisches Eigentor beim Klima- und Ressourcenschutz.”
- Als hätte es keine Warnungen gegeben, haben viele Autobauer lange auf Wasserstoffmotoren gesetzt. Dabei bescheinigten Experten der Technologie schon vor Jahren keine Zukunft. Der ehemalige VW-Chef Herbert Diess sagte im Februar 2021: “Es ist an der Zeit, dass Politiker die Wissenschaft akzeptieren: Grüner Wasserstoff wird für die Stahlindustrie, die chemische Industrie, die Luftfahrtindustrie (…) benötigt und sollte nicht in Autos landen. Viel zu teuer und ineffizient.”
Ausblick: Die Zukunft von Wasserstoff in Europa
An einer Wasserstoffwirtschaft in Deutschland und Europa führt kein Weg vorbei. Denn: Wasserstoff ist unbestreitbar wichtig für eine strategische Unabhängigkeit von Energie aus dem Ausland.
Dafür muss Wasserstoff aber einerseits grün sein, sprich: mithilfe erneuerbarer Energien produziert werden und andererseits dort eingesetzt werden, wo er am dringendsten gebraucht wird – etwa in der Chemie- und Stahlindustrie.
Diese Branchen können nicht ohne weiteres elektrifiziert werden – ganz im Gegensatz zur Automobilindustrie. Wasserstoff ist als Treibstoff für Autos oder Lkw deshalb ein Irrweg. Auch die Politik täte gut daran, diese Realität endlich zu akzeptieren.
Denn: Planungen der EU sehen etwa den Bau von Wasserstoff-Tankstellen für Lkw vor – Studien prognostizieren Millionenverluste.
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