Forscher aus China haben einen neuen Weg gefunden, ausgediente Rotorblätter von Windkraftanlagen zu recyceln. Sie nutzen sie als Sandschutzbarrieren in der Wüste.
Windkraftanlagen sind ein zentraler Bestandteil bei der Gewinnung von erneuerbarer Energie. Dass ihr Bau Unmengen von Ressourcen kostet, ist ein weit verbreiteter Mythos. Tatsächlich können zwischen 80 und 90 Prozent der Komponenten von Windrädern weiterverarbeitet werden.
Nur die Rotorblätter gelten immer noch als Sorgenkind. Ihre Lebensdauer ist im Durchschnitt auf zwischen 20 und 25 Jahre begrenzt. Danach werden sie in der Regel abgebaut und durch modernere, leistungsstärkere Anlagen ersetzt.
Da die Rotorblätter aus komplexen Verbundwerkstoffen bestehen, stellt ihre Entsorgung eine Herausforderung dar. Forscher und Ingenieure suchen deshalb unentwegt nach neuen Recyclingideen.
China recycelt Rotorblätter in der Wüste
Forscher in China haben kürzlich eine neue Recycling-Methode entwickelt, bei der sie ausgediente Rotorblätter von Windkraftanlagen als Sandschutzbarrieren nutzen.
Das Projekt wird von der Forschungsstation für Gobi-Wüstenökologie und -Umwelt des Northwest Institute of Eco-Environment and Resources an der Chinesischen Akademie der Wissenschaften geleitet.
Mit ihrer Initiative konnten die „Sandwissenschaflter“, wie das chinesische Institut sie selbst nennt, einen bedeutenden „Fortschritt sowohl im Kampf gegen die Wüstenbildung als auch im Umgang mit Abfallproblemen der neuen Energiebranche“ machen.
„Die neue Lösung wurde durch unsere langjährigen Studien zur Sandentwicklung, zu Materialien für den Sandschutz und deren technischen Anwendungen inspiriert“, erklärte Studienleiter Liu Benli.
Sie spiegelt auch die aktuellen und zukünftigen Anforderungen der neuen Energiebranche im Umgang mit beschädigten oder ausgedienten Windturbinenflügeln wider.
Recycling in chinesischer Wüste: Rotorblätter besonders widerstandsfähig
Die Forscher konnten zeigen, dass das Material der Rotorblätter eine 14-mal höhere Biegefestigkeit als Holzverbundplatten aufweist und zugleich eine ausgezeichnete Beständigkeit gegenüber UV-Strahlung, extremen Temperaturen und Abrieb besitzt.
„Windkanalexperimente und Computersimulationen bestätigten, dass diese Barrieren den Sandtransport in Bodennähe deutlich reduzieren, indem sie die Strömungsmuster des fliegenden Sandes verändern“, so Liu.
Sie eignet sich besonders für Gebiete, die unter starker Sanderosion, großen Temperaturunterschieden, intensiver UV-Strahlung und häufigen Sandstürmen leiden.
Dass alte Rotorblätter ausgerechnet in der Wüste neu belebt werden sollen, ist kein Zufall. Windparks im Westen Chinas werden häufig in oder nahe wüstenähnlicher Gebiete gebaut. „Diese geografische Überschneidung erhöht den Wert des Recyclings von Rotorblättern als Rohmaterial für Sandschutzmaßnahmen“, so Liu.
Im Vergleich zu herkömmlichen Stroh- oder Schilfbarrieren, die nach und nach verrotten, bieten die aus Rotorblättern hergestellten Barrieren eine deutlich längere Lebensdauer und höhere Stabilität unter den rauen Bedingungen der Wüste.
Ausgediente Windturbinen als Teil der chinesischen Kreislaufwirtschaft
Da während der 14. und 15. Fünfjahresplan-Perioden Chinas ein großflächiges Ausscheiden von Windturbinen erwartet wird, könne diese Technologie das Recycling der Blätter direkt vor Ort ermöglichen, erklärt He Chenchen, Mitglied von Lius Forschungsteam, in einer offiziellen Mitteilung.
So ließen sich langlebige Strukturen zur Sandkontrolle schaffen und gleichzeitig Abfälle sowie Umweltbelastungen reduzieren.
In Zukunft können diese ausgedienten Windturbinenflügel mit unserer neuen Technologie direkt vor Ort umgewandelt und wiederverwendet werden – ganz im Sinne einer lokalen Kreislaufwirtschaft.
Weitere Studien und Feldversuche sollen das Material weiter optimieren, um sicherzustellen, dass es den lokalen Anforderungen entspricht.
Auch in Deutschland gibt es verschiedene Ansätze, wie alte Rotorblätter von Windkraftanlagen wiederverwendet werden könnten. Zur Hauptverwertung gehört aktuell die thermische Nutzung als Ersatzbrennstoff in der Zementindustrie. Start-ups und Unternehmen nutzen zerkleinerte Rotorblätter für Möbel und andere Produkte, wie beispielsweise Fußbodenbeläge.
Verschiedene Forschungsgruppen arbeiten außerdem an neuen Technologien, die Rotorblätter durch lösbare Harzsysteme in Zukunft recyclingfähiger machen sollen. So soll eine sortenreine Trennung und Wiederverwendung der Materialien einfacher möglich werden.
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