Haben Windräder einen negativ Einfluss auf die Umwelt? Fragen wie diese beschäftigen immer mehr Menschen – teilweise auch, weil zahlreiche Vorurteile zu Erneuerbaren Energien kursiere. Wir räumen deshalb mit den gängigsten Windenergie-Mythen auf.
Die Windenergie ist in Deutschland die wichtigste Form der nachhaltigen Stromerzeugung. Mit rund 112 Terawattstunden liefert sie aktuellen Werten zufolge einen Anteil von 26 Prozent an der gesamten Stromversorgung.
Laut Bundesverband WindEnergie standen Ende 2024 insgesamt 28.766 Onshore-Windenergieanlagen in Deutschland. Doch während sie nachhaltigen Strom liefern, stört sich ein Teil der Bevölkerung an den hohen Masten und der Möglichkeit, dass sie vielleicht gar nicht so nachhaltig sind.
Eine der Hauptgründe: Zahlreiche Vorurteile und Mythen im Zusammenhang mit Windrädern und der gesamten Windkraft halten sich hartnäckig.
Die geläufigsten Windenergie-Mythen in Deutschland
Diese Mythen entstehen häufig aufgrund von Missverständnissen oder falschen Informationen. Dabei sind nicht alle Vorurteile grundsätzlich falsch. Um Klarheit zu schaffen, hat der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) einen Faktencheck entwickelt, der mit den häufigsten Mythen aufräumt.
Mythos 1: Windräder töten massenhaft Vögel.
Es stimmt, dass Windräder vor allem für große Vögel und Fledermäuse gefährlich werden können. Allerdings ist diese Gefahr im Vergleich zu anderen Dingen eher gering. So sind im Vergleich Glasfenster ein weitaus größeres Problem.
Um die Zahl der Kollisionen einzuschränken, werden Standorte streng geprüft und Schutzmaßnahmen getroffen. So reduziert das standardmäßige Abschalten der Anlagen in Zeiten, in denen Fledermäuse auf die Jagd gehen, das Risiko.
Mythos 2: Windräder zerstören den Wald
Windenergie bedroht den Wald nicht grundsätzlich. Etwa 36 Prozent der Waldfläche sind vom Ausbau ausgeschlossen. Dabei handelt es sich um naturnahe Wälder und Schutzgebiete. Windenergie im Wald wird auch nur dann genutzt, wenn keine freien Standorte verfügbar sind. Verloren gegangener Wald muss außerdem immer ausgeglichen werden.
Laut Umwelt Bundesamt werden allerdings nur etwa zwei Prozent aller Windkraftanlagen tatsächlich in Wäldern errichtet. Pro Anlage wird etwa ein halber Hektar gerodet, Flächen die in der Bauphase genutzt werden, können wieder aufgeforstet werden. Außerdem wichtig: Der Klimawandel zerstört im Vergleich deutlich mehr Wald durch Trockenheit und Schädlinge.
Mythos 3: Windräder schaden der Natur
Im Gegensatz zu anderen Nutzungsarten beeinflusst Windenergie Böden und Stoffkreisläufe auf dem Land nur geringfügig. Landwirtschaft und Verkehr wirken sich wesentlich stärker auf Ökosysteme aus.
Dennoch ist ein naturverträglicher Ausbau der Windenergie notwendig. Voraussetzung dafür sind klare Regeln und eine sorgfältige Auswahl der Standorte. Nur wenn in der vorgeschriebenen Einzelfallprüfung keine erheblichen Schäden an Natur und Lebensräumen zu erwarten sind, sollten Windräder errichtet werden.
Mythos 4: Windenergie frisst riesige Flächen
Diese Annahme ist subjektiv. Denn allein drei Prozent der Fläche Deutschlands reichen bereits aus, um mit Windenergie den aktuellen Stromverbrauch des Landes zu decken. Untersuchungen zeigten, dass pro Hektar Windkraft etwa 6.000 Haushalte ein Jahr lang mit Strom versorgt werden können.
Mythos 5: Strom aus Wind ist teuer
Die Produktionskosten von Strom aus Windkraft liegen in Deutschland zwischen vier und neun Cent pro Kilowattstunde. Damit sind sie nach Photovoltaik die zweitgünstigste Erzeugungstechnologie.
Konventionelle Kraftwerke kosten unter Einbeziehung höherer CO2-Preise rund 7,5 Cent pro Kilowattstunde. Umweltschäden durch Förderung und Verbrennung von Gas und Kohle bleiben dabei bisher unberücksichtigt.
Mythos 6: Windräder sind nicht effizient
Bei einer Laufzeit von 25 Jahren erzeugt ein Windrad 40-mal so viele Energie wie bei Konstruktion und Betrieb verbraucht wird. Damit holen die Anlagen die Energie, die für ihre Herstellung benötigt wird, in wenigen Monaten wieder rein.
Mythos 7: Windkraftanlagen schaden dem Klima
Es stimmt, dass der Bau von Windenergieanlagen viel Energie und Ressourcen verbraucht. Das gilt vor allem für die Produktion von Stahl und Beton. Dennoch ist die Klimabilanz der Windräder letztendlich sehr gut: Eine moderne Windkraftanlage verursacht nur etwa neun Gramm CO2 pro erzeugter Kilowattstunde. Das ist im Vergleich zu Photovoltaik, fossilen Energieträgern oder Atomstrom deutlich weniger.
Mythos 8: Schwefelhexafluorid neutralisiert die Klimabilanz von Windrädern
Schwefelhexafluorid (SF6) ist eine anorganische, chemische Verbindung, die unter Normalbedingungen in Form eines farb- und geruchlosen Gases auftritt. Entweicht das Gas, ist es durchaus klimaschädlich. Seine Verweildauer in der Atmosphäre beträgt mehr als 3.000 Jahre. Außerdem hat die Substanz eine starke Treibhauswirkung: Ein Kilogramm SF6 wirkt rund 22.800-mal so stark wie ein Kilo CO2.
Allerdings ist das Gas weder giftig noch brennbar und außerdem sehr reaktionsträge. Beim Windenergieausbau wird SF6 als Isolator verwendet. Es kommt auch in anderen Kraftwerken und generell bei Umspannwerken zum Einsatz. Aufgrund seiner Beschaffenheit wird es überwiegend innerhalb geschlossener Systeme eingesetzt.
Laut dem Bundesministerium für Umwelt (BMUKN) liegt das Risiko einer Lecklage bei sachgerechter Wartung und Entsorgung bei weniger als 0,1 Prozent im Jahr. Außerdem ist die klimaschädliche Wirkung von SF6 bekannt. Deshalb ist die Menge, die im Bereich erneuerbare Energien verwendet wird, im Vergleich zu anderen Branchen sehr gering.
Mythos 9: Der Bau von Windrädern verbraucht Unmengen von Ressourcen
Das stimmt zwar. Allerdings können Windkraftanlagen auch wieder recycelt werden. Werden sie zurückgebaut, können 80 bis 90 Prozent der Komponenten weiterverarbeitet werden.
Bislang stellt das Verbundmaterial der Rotorblätter noch eine Herausforderung dar. Doch auch dafür gibt es bereits verschiedene Ansätze. Im Vergleich zu anderen Formen ist Windenergie also kein „Ressourcenfresser“.
Mythos 10: Infraschall macht krank
Dass Infraschall von Windenergieanlagen eine Zusatzbelastung für den Menschen darstellt, konnte bisher nicht nachgewiesen werden. Verschiedene Gutachten, wissenschaftliche Studien und Gerichtsurteile konnten bisher keinen plausiblen Grund zur Sorge liefern.
Der von Windrädern ausgehende Infraschall ist ab 600 Metern Abstand nicht von natürlich vorliegenden Infraschall zu unterscheiden. Anwohner können dennoch unter dem sogenannten Windturbinensyndrom leiden. Dabei handelt es sich um Beschwerden, die auf die Befürchtung von gesundheitlichen Schäden zurückzuführen sind.
Mythen: Weitere Vorurteile gegen Windenergie
Zusätzlich zu den bereits genannten Mythen gibt es noch weitere Befürchtungen, die sich in den Köpfen mancher Menschen festgesetzt haben: Zum Beispiel treibt Windenergie die Strompreise nicht in die Höhe. Die derzeit hohen Strompreise resultieren stattdessen aus Steuern, Abgaben und Umlagen.
Die Erzeugungskosten der Windenergie sind sehr günstig. Studien zeigen, dass der Ausbau von Windkraft und Solarenergie sogar den Börsenstrompreis senken und langfristig entlastend wirken könnte.
Wind lässt außerdem nicht kontrollieren. Doch obwohl Windenergie volatil ist, sorgt Netzflexibilität, der Einsatz von Speichern und Sektorenkopplung für eine gesicherte Stromversorgung. In Kombination mit anderen erneuerbaren Energiequellen und entsprechenden Maßnahmen kann ein stabiles Stromnetz gewährleistet werden.
Auch interessant: