Immer häufiger rücken Ladesäulen in den Fokus von Vandalen und Verbrechern. Doch: Was sind die Motive? Hat Deutschland als Autofahrerland mit Gewalt gegen Elektromobilität zu kämpfen? Das Problem ist vielschichtig.
Kabeldiebstähle und Vandalismus gegen Ladesäulen
- Ob Ionity, EWE Go oder EnBW: Die Kabeldiebstähle an Ladesäulen in Deutschland sind im Jahr 2025 signifikant gestiegen. Im Vergleich zu den Vorjahren hat sich die Anzahl der Vorfälle vervielfacht. Bei EnBW zum Beispiel von 130 Kabeldiebstählen im Jahr 2024 auf über 900 Vorfälle bis Oktober 2025. Dadurch ist alleine EnBW ein Schaden in Millionenhöhe entstanden.
- Das Interessante dabei: Die Kupferkabel selbst haben kaum einen finanziellen Wert. Abhängig vom Schnellladekabel erbeuten die Diebe vier bis zehn Kilogramm an Kupfer. Dafür gibt es im offiziellen Schrotthandel rund 50 Euro – am Schwarzmarkt ungefähr die Hälfte.
- Auf der Gegenseite – also an der Schnellladesäule – sind die entstehenden Kosten dafür umso höher: Jeder Zwischenfall kostet EnBW laut eigenen Angaben zwischen 5.000 und 8.000 Euro. Der Eindruck, dass die Täter vor allem E-Auto-Unterstützer und die dahinterstehende Industrie schädigen wollen, wird dadurch verstärkt.
Mutwillige Zerstörung
Woher kommt der Vandalismus? Was sind die Beweggründe? Die Antwort kennen selbstverständlich die Täter, die trotz Videoüberwachung und besserer Ausleuchtung der Ladesäulen selten geschnappt werden. Vielleicht hilft ein Blick in die menschliche Psyche. Der Leitsatz, dass aus Unwissenheit schnell Angst entsteht – wir denken an das Internet und Künstliche Intelligenz – könnte auch für die Elektromobilität gelten.
Eine aktuelle Untersuchung der Deutsche Automobil Treuhand GmbH aus September 2025 macht deutlich: Zwar steigen die Verkaufszahlen von E-Autos immer weiter. Trotzdem würden sich gerade einmal 16 Prozent der Deutschen beim Kauf eines Neuwagens für ein vollelektrisches Auto entscheiden. Zum Vergleich: 40 Prozent würden sich sofort für einen Benziner entscheiden.
Das E-Auto ist zwar als zweite Wahl in Ordnung. Allerdings nur, weil man sich im Ernstfall nicht darauf verlassen muss. Viel wichtiger ist jedoch der Aspekt: Gerade einmal 34 Prozent der deutschen Autofahrer sind schon einmal mit einem E-Auto gefahren.
Da ist es nicht verwunderlich, dass viele Vorbehalte bestehen. Denn: Was wir nicht kennen, wollen wir nicht. Das war schon als Kleinkind mit dem Brokkoli so. Apropros Kind: Neben Kabeldieben und ideologisch motivierter Taten, gibt es auch immer mehr Fälle, in denen Jugendliche mutwillig Ladesäulen beschädigen oder zerstören.
Stimmen
- Ein Sprecher des Energiekonzerns EnBW schreibt in einem Blog-Beitrag: „Zum einen handelt es sich möglicherweise um reinen Vandalismus, zum anderen könnte gezielte Sabotage dahinterstecken. Denn manche Taten scheinen ideologisch motiviert zu sein – etwa, weil man die Elektromobilität ablehnt: Kupferkabel, die erst hinter der Kabelführung abgeschnitten werden, wodurch noch ein Meter Ladekabel an der Säule hängt.“
- Der Gesamtverband der Versicherer hat sich in einer Studie mit der Frage beschäftigt, ob E-Autos wirklich öfter angezündet werden als Benziner. Das Fazit: „Aktuelle Untersuchungen belegen, dass E-Autos statistisch gesehen keine höhere Brandgefahr haben als ihre benzin- oder dieselbetriebenen Pendants. Brennende E-Autos sind in den Medien allerdings präsenter, was zu einer verzerrten Wahrnehmung bezüglich der Häufigkeit von Brandereignissen führt.“
- Mit Blick auf die Zurückhaltung der deutschen Autofahrer erklärt Felix Rupalla, Leiter der Kundenbefragung im McKinsey Center for Future Mobility, in einem Statement zu den McKinsey „Mobility Consumer Insights“: „Es gibt weiterhin Bedenken gegenüber der E-Mobilität. Hauptkritikpunkte sind die als zu gering wahrgenommenen Reichweiten, die mangelnde Ladeinfrastruktur sowie die hohen Kaufpreise.“
Vandalismus: Ladesäulen-Anbieter setzen auf Präventivmaßnahmen
Ein Deutschland ohne Elektromobilität: Das ist kaum mehr machbar. Erst kürzlich hat das Kabinett beschlossen, dass es für ab 2026 zugelassene E-Autos eine zehnjährige Steuerbefreiung gibt. Auch die massiven Investitionen der deutschen Politik in Elektromobilität machen deutlich, dass es keinen Weg zurück zum reinen Verbrenner-Land gibt.
Trotzdem ist es essenziell, die Entwicklung der Gewalt gegenüber E-Autos und der Ladeinfrastruktur zu beobachten. Selbst wenn es derzeit noch keine signifikanten Unterschiede gibt, ist es offensichtlich, dass Hohn und Spott gegenüber E-Autos toleriert werden.
Ladesäulen-Anbieter setzen neben einer schnellen Wiederinbetriebnahme durch Kontrolle-Software vor allem auf Präventivmaßnahmen. Kamerasysteme und eine helle Beleuchtung können etwa abschreckend wirken. Einige Anbieter statten Ladekabel sogar mit Farbpatronen aus, um Diebe zu verjagen.
Wenn das Clickbaiting rund um E-Mobilität nicht funktionieren würde, würden die Boulevardmedien die einzelnen Vorfälle nicht so oft in den Vordergrund rücken. Es kann nicht sein, dass Menschen aufgrund der Antriebsart ihres Fahrzeugs in Deutschland diskriminiert werden.
Auch interessant:







