Die Europäische Kommission hat eine Rekordstrafe gegen die Plattform X (ehemals Twitter) verhängt. Der Vorwurf: Verstöße gegen den Digital Services Act (DSA) – vor allem aufgrund mangelnder Transparenz. X-Chef Elon Musk forderte daraufhin die Abschaffung der EU. Das Werbekonto der Kommission auf X wurde aus zwielichtigen Gründen gesperrt. Eine kommentierende Analyse.
EU Kommission verhängt Millionen-Strafe gegen X
- Die EU Kommission hat aufgrund von Verstößen gegen Transparenzvorschriften des Digital Services Act (DSA) eine Strafe in Höhe von 120 Millionen Euro gegen X verhängt. Der DSA kommt damit erstmals zum Einsatz. Die konkreten Vorwürfe: eine irreführende Vergabe des Verifizierungshäkchens, die Weigerung, Forschern Datenzugriff zu ermöglichen und mangelnde Transparenz bei Werbeanzeigen.
- Kurz nach Verkündung der Strafe wurde das Werbekonto der EU Kommission gesperrt. Hintergrund soll laut X eine Sicherheitslücke im Werkzeugkasten zur Schaltung von Werbung sein, die angeblich bewusst ausgenutzt wurde. Offenbar geht es um einen Beitrag, der ein Video enthält, das automatisch startet. Klickt man darauf wird es nicht gestoppt, sondern es erfolgt eine Weiterleitung zu Website der EU Kommission.
- Parallel zur Strafe gegen X hat die Europäische Kommission ein Verfahren gegen TikTok eingestellt. Im Gegensatz zum Twitter-Nachfolger soll die chinesische Plattform verbindliche Zusagen zur Werbetransparenz gemacht haben. X-Chef Elon Musk wetterte stattdessen, dass die EU abgeschafft werden müsse und verglich sie in Anspielung auf das NS-Regime mit einem „Vierten Reich“.
Elon Musk fordert Abschaffung der EU
Der Streit zwischen der Europäischen Kommission und X ist mehr als ein persönlicher Feldzug von Musk. Denn der X-Chef hat den Konflikt zu einem Politikum gemacht. Spätestens seit der zweiten Trump-Administration sind Tech-Plattformen zu einer geopolitischen Machtfrage geworden.
Während die EU mit ihren Digitalgesetzen verbindliche Standards setzen will, um Verbraucher zu schützen, schwadroniert die US-Regierung von einem Angriff auf amerikanische Wirtschaftsinteressen. Sowohl Umfang als auch Anlass der Strafe sind jedoch relativ banal.
Die Vorwürfe der Europäischen Kommission sind zudem seit Monaten gut dokumentiert und belegt. Mit Politik und einer gezielten politischen Einflussnahme haben sie nichts zu tun. Das hielt Elon Musk aber nicht davon ab, künstlich einen Politskandal herbeizureden.
Skurril: Auch US-Außenminister Marco Rubio hatte sich eingeschaltet und warf der EU „Zensur“ vor, obwohl nichts zensiert wurde. Vom russischen Ex-Präsidenten Dmitrij Medwedjew gab es für Elon Musk Beifall. Dass X in Russland gesperrt ist, scheint Musk und die Trump-Administration hingegen weniger zu kümmern.
Stimmen
- Henna Virkkunen, EU-Kommissionsvizepräsidentin, in einem Statement: „Die Täuschung von Nutzern mit blauen Häkchen, die Verschleierung von Informationen in Anzeigen und der Ausschluss von Forschern haben im Internet in der EU keinen Platz. Mit der ersten Entscheidung der DSA wegen Nichteinhaltung machen wir X dafür verantwortlich, die Rechte der Nutzer zu untergraben und sich der Rechenschaftspflicht zu entziehen.“
- X-Chef Elon Musk wettert auf seiner Plattform: „Die EU sollte abgeschafft und die Souveränität an die einzelnen Länder zurückgegeben werden, damit die Regierungen ihre Bevölkerung besser vertreten können.“ Einmal angefangen legt er nach: „Ich meine das ernst. Ich mache keine Scherze.“ Und: „Ich liebe Europa, aber nicht das bürokratische Monster namens EU“.
- Nikita Bier, Produktchef bei X, zur Sperre des Werbekontos der EU: „Sie haben sich in Ihr inaktives Werbekonto eingeloggt, um eine Sicherheitslücke in unserem auszunutzen – um einen Link zu posten, der Nutzer dazu verleitet, zu glauben, es handele sich um ein Video, und um dessen Reichweite künstlich zu erhöhen. Ihr Werbekonto wurde gekündigt.“
Konflikt zwischen Elon Musk und der EU erst der Anfang
Der Konflikt zwischen der EU und Elon Musk dürfte erst am Anfang stehen. Die Forderung: X muss bis Anfang Februar 2025 den blauen Haken anders gestalten, da er laut Kommission Authentizität suggeriert, obwohl sich jeder das Abzeichen erkaufen kann.
Bis Anfang März soll das Unternehmen Werbung für Nutzer transparenter gestalten und ob Forscher Zugriff auf Daten gewährt wird. Ob Elon Musk dem nachkommen wird, ist aufgrund seiner Reaktion fraglich. Die EU Kommission könnte bei Zuwiderhandeln weitere Geldstrafen verhängen oder die Plattform sogar komplett sperren.
Dazu wird es aber vermutlich nicht kommen, da die Trump-Administration mit Vergeltungsmaßnahmen reagieren könnte. Zudem laufen weitere Verfahren gegen X – unter anderem zur gezielten politische Einflussnahme über den Empfehlungsalgorithmus. Vor dem Hintergrund der aktuellen Reaktionen aus den USA dürften diese weitaus mehr Sprengkraft haben.
Letztlich geht es aber längst nicht um Recht, Unrecht oder die Achtung der Gesetze anderer Länder, sondern um das Recht des Stärkeren, das die USA aktuell gezielt ausnutzen, um ihre Interessen in Europa durchzusetzen.
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