Sonstiges

Gute Nachricht für Domain-Inhaber: Keine generelle Haftung für Vertragspartner

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Ein kleiner Prolog zu diesem Thema: Kürzlich unterhielt ich mich mit Frau Dr. Verena Hoene von der Kölner Kanzlei Heuking Kühn Lüer Wojtek. Sie ist Anwältin unserer Muttergesellschaft intergenia und erzählte mir von einem interessanten BGH-Urteil, das erstmals ein wenig Klarheit in das Verhältnis zwischen Domain-Inhabern und -Betreibern bringt. Viele sind ja heute der Meinung, dass Abmahnungen zwangsläufig den bei Denic eingetragenen Besitzer treffen; pauschal trifft dies allerdings nicht zu. Ein wichtiges Thema also, das bestimmt einige von euch interessieren wird. Und bevor ich mich selbst in juristische Gefilde begebe, habe ich die Expertin gebeten, uns ein wenig in die Sachlage einzuweihen. Im Folgenden also nun ihr Beitrag. Besten Dank dafür, Frau Hoene! (André)

Auf den ersten Blick ein Klassiker: Im Nachrichtendienst Focus Online war ein rechtswidriger Beitrag erschienen. Der Betroffene mahnte daraufhin den Focus Verlag ab, dem auch die Domain focus.de gehört. Der Verlag verweigerte jedoch die Abgabe einer Unterlassungserklärung, welche natürlich auch mit einer Vertragsstrafe versehen war. Ein klarer Fall – zumindest für das Landgericht Hamburg, das den Verlag dann auch prompt verurteilte. Anders aber sah es schon das Oberlandesgericht Hamburg und jetzt auch der Bundesgerichtshof (BGH, 30.06.2009, abgedruckt z.B. in WRP 2009 1262 ff.): Für diese Gerichte reichte nicht aus, dass der Verlag Inhaber der Domain focus.de ist. Der Verlag hatte diese Domain nämlich nicht selbst genutzt, sondern der Tomorrow Focus AG überlassen, die das Internet-Portal eigentlich betreibt.

Daher, so der BGH, sei der Verlag selbst nicht ohne weiteres für die Rechtsverletzung als „Störer“ verantwortlich. Der Verlag habe zwar durch die Verpachtung der Domain an die Tomorrow Focus AG zu einer Verbreitung des rechtswidrigen Beitrages beigetragen. Ein gegen den Verlag gerichteter Anspruch sei daher nicht von vorneherein auszuschließen. Dies gelte aber nicht uneingeschränkt. Vielmehr könne der Verlag nur dann in Anspruch genommen werden, wenn er eigene Prüfungs- und Kontrollpflichten verletzt habe. Dies, so der BGH, sei nicht der Fall gewesen:


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  • Der Verlag hatte sich zum einen als Domain-Inhaber das Recht vorbehalten, im Falle einer Rechtsverletzung Dritter Einfluss auf den Webauftritt der Tomorrow Focus AG nehmen zu können. Dies entsprach einer vertraglichen Abrede zwischen dem Verlag und der Tomorrow Focus AG.
  • Des Weiteren hatte der Verlag, nachdem er von der Rechtsverletzung in Kenntnis gesetzt worden war, die Tomorrow Focus AG angewiesen, den Beitrag zu löschen, was diese dann auch getan hatte.

Diese Maßnahmen des Verlages – vertragliche Sicherung eigener Einfluss- und Kontrollmöglichkeiten sowie Benachrichtigung des Domainnutzers von der Rechtsverletzung – waren für den BGH ausreichend, um eine Haftung des Verlages zu auszuschließen.

Diese Entscheidung hat erhebliche praktische Konsequenzen: Zum einen ist klargestellt, dass man nicht nur deshalb haftet, weil man Inhaber einer Domain ist. Dies gilt aber, und dies hat der BGH ebenfalls explizit festgehalten, auch nur, wenn man sich Kontrollmöglichkeiten über den unter der Domain betriebenen Webauftritt vorbehält. Man kann also die Domain nicht einfach so „weitergeben“ und dann jede Verantwortung von sich weisen. Domain-Verpachter müssen nach dieser Entscheidung sicher ihre Vertragswerke noch einmal überprüfen. Die weitere wesentliche Schlussfolgerung an der BGH-Entscheidung ist, dass man im Falle einer Rechtsverletzung sich auch nicht einfach darauf berufen kann, man habe mit dieser nichts zu tun, weil man ja das fragliche Webangebot nicht selbst betreibt. Vielmehr muss man als Domaininhaber den eigentlichen Betreiber anweisen, die Rechtsverletzung abzustellen. Den Domaininhaber treffen somit eigene Sorgfaltspflichten.

In der BGH-Entscheidung hat der Focus Verlag alles richtig gemacht. Es ist erfreulich, dass bei dieser Gelegenheit klargestellt wurde, unter welchen Voraussetzungen sich der Inhaber bei der Überlassung einer Domain an Dritte vor einer eigenen Haftung schützen kann.

(Dr. Verena Hoene)

Über den Autor

André Vatter

André Vatter ist Journalist, Blogger und Social Median aus Hamburg. Er hat von 2009 bis 2010 über 1.000 Artikel für BASIC thinking geschrieben.

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