Ja, zugegeben, wir hatten alle erwartet, dass der Vorhang fällt, Google eine kleine Präsentation vorführt und anschließend der Download-Link freigegeben wird. Doch auf dem Event, das die Suchmaschine anlässlich seines neuen Betriebssystems Chrome OS gab, wurden nur ein paar Vorab-Einblicke gewährt. „Es wird weder einen Launch, noch eine Beta geben“, sagte Produktmanager Sundar Pichai. Das Betriebssystem sei noch gut ein Jahr von der endgültigen Marktreife entfernt. „Aber wir machen Fortschritte.“ Nun gut, das ist besser als gar nichts, aber Beobachter konnten schon bemerken, dass im Plenum lange Gesichter gemacht wurden. Das hier war eine reine Show für Entwickler (hier das komplette Video). Doch schauen wir uns nun erst einmal Chrome OS genauer an – zumindest das, was uns bislang gezeigt wurde.
Google will als aus dem Schlagwort „Cloud Computing“ endlich Realität machen. Chrome OS kommt völlig ohne native Programme aus, was bedeutet, dass sämtliche Apps direkt im Browser laufen. Keine Installation, keine Updates, kein Programm-Management. Zudem ist die ganze Kiste sehr entwicklerfreudig; jeder, der eine Web-App programmieren kann, kann auch für Chrome OS programmieren. Google hat das System nach eigenen Angaben allein auf Netbooks (die Demo wurde auf einem Eee PC gezeigt) ausgerichtet, da man einen offenbar einen Trend in den Minirechnern ausgemacht hat. Doch ob der Boom auch im kommenden Jahr noch anhält? Was ist, wenn der leistungsstarke Tablet Marktanteile von Netbooks und Smartphones aufsaugt und Nutzer kein spartanisches, sondern ein anspruchsvolles Betriebssystem wünschen? Diese Frage schiebe ich nur so dazwischen…
Auf den ersten Blick dürften Nutzer Chrome OS nicht vom Browser Chrome unterscheiden können: ein großes, offenes Fenster, darüber die Tab-Bar. Doch hier erscheinen nun nicht mehr ausschließlich die Titles geöffneter Websites, sondern eben auch die Bezeichnungen geöffneter Web-Apps. Im Folgenden eine Demo, in der gezeigt wird, wie das in der Praxis aussieht:
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Die Dateiverwaltung, das Öffnen von Apps und das Anlegen von Listen häufig benutzter Programme – das alles geschieht also direkt im Browser. Wie zu erwarten war, hat Google es geschafft, eine Großzahl bislang veröffentlichter eigener Dienste (Google Mail, YouTube, Picasa und natürlich Google Docs) perfekt in Chrome OS zu integrieren. Deshalb ist es schön zu sehen, dass auch andere Anbieter zum Zug gekommen sind: Yahoo! Mail ist vom Start weg dabei und sogar Microsoft hat eine eigene Office-Version für Chrome beigesteuert. Und noch einmal: All diese Programme liegen nicht auf dem Rechner, sondern werden direkt aus dem Netz gestartet. Bei einigen Programmen gibt es allerdings auch einen Offline-Support, was wichtig ist, wenn kein Internetzugang in Reichweite ist. Das Betriebssystem ist dadurch so schlank, dass es ideal für kleine Flash-Speicher ist. Was an persönlichen Daten tatsächlich offline gespeichert wird, ist verschlüsselt – der Rest wird ständig mit der Cloud synchronisiert.
Im offiziellen Blog-Post zur Präsentation wird noch einmal detailliert auf den Sicherheitsaspekt eingegangen. Jede geöffnete Web-App läuft in einer Sandbox, das heißt, dass jedes Programm isoliert von den anderen läuft und von dieser Position auch nur schwer auf das System zugreifen kann. Der Browser Chrome funktioniert bereits nach demselben Prinzip: Stürzt ein Fenster ab, bleiben beispielweise die anderen geöffnet.
Soweit die ersten Einblicke. Google setzt alles daran, die Entwickler zu mobilisieren, damit Chrome OS um dieselbe Zeit im kommenden Jahr sicher veröffentlicht werden kann. Nutzer, die auf dem Laufenden gehalten werden möchten, können in der Zwischenzeit ihre Infos über einen neu eingerichteten Newsletter beziehen.
Ach, beinahe hätte ich es vergessen: Google hat versprochen, dass der Browser Chrome noch in diesem Jahr für Mac-Rechner bereitgestellt wird. Für Chrome Extensions und eine Linux-Version müssen wir uns allerdings noch weiter gedulden.
(André Vatter)