So, jetzt ist ja bald mal gut, liebe Öffentlich-Rechtliche und Rundfunkstaatsvertragsbastler. Ne?! Publik gewordene Gedankenspiele der Ministerpräsidenten der Länder hatten vor zwei Tagen den Stein ins Rollen gebracht. Sie planen eine Erhöhung der GEZ-Gebühr für „neuartige Rundfunkgeräte“ von derzeit 5,76 Euro auf 17,98 Euro. Was das ist, ein neuartiges Rundfunkgerät? Natürlich das Handy in deiner Tasche, Dummerchen! Und dein Rechner! Wer also bislang ohne herkömmlichen Radio und Fernseher auskam und sich auf seinen Computer verließ, wird kräftig zur Kasse gebeten.
Zugegeben, die Öffentlich-Rechtlichen streamen Radio 24 Stunden am Tag und bieten hin und wieder Video-Angebote auf Abruf („Aus lizenzrechtlichen Gründen können wie Ihnen diesen Beitrag im Web-TV nicht anbieten“ kommt dann ab und zu dazwischen) und sie haben alle ihre monströs-aufgeblasenen Infoportale, die alleine der Grundversorgung dienen – aber das war’s auch schon. Wird ein vollwertiges TV-Programm geboten? Nein. So einfach ist das.
Völlig verständlich, dass angesichts der Pläne gleich drei Verbände auf die Barrikaden gehen. Beginnen wir mit dem Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW), der darin einen „künstlich geschaffenen Wachstumshemmer für die gesamte Internetbranche in Deutschland“ sieht. Vor allem in Hinblick auf das mobile Internet. Die Befürchtung ist berechtigt, immerhin wird für einige die monatliche Handy-Rechnung um mehr als zehn Euro teurer. Und ich wette, dass die GEZ-Kontrolleure nicht einen der Betroffenen in der Vergangenheit dabei erwischt haben, wie er mit seinem iPhone unter der Decke den „Tatort“ glotzte – weil das nämlich gar nicht möglich ist. „Die Nutzung des Webs mit einer allumfassenden GEZ-Gebühr zu belegen, wäre ein deutlicher Hemmschuh für die weitere Entwicklung des Internets in Deutschland. Das Web ist das Medium unserer Zeit, und wird zukünftig noch eine bedeutendere Rolle in der Gesellschaft spielen“, so BVDW-Präsident Arndt Groth.
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Der Bundesverband der Dienstleistungswirtschaft (BDWi) geht noch einen Schritt weiter und hebt einen zweiten Aspekt heraus: Computer und Mobiltelefone seien unverzichtbare Arbeitsmittel, „sie dienen nicht der Unterhaltung der Mitarbeiter durch Fernsehen und Rundfunk“. Ein nettes Gegenargument feuert Präsident Werner Küsters dann gleich zurück:
Der stetige Anstieg der GEZ-Gebühren ist kein Naturgesetz für die öffentlichen Rundfunkanstalten. Erst einmal gilt es selber zu sparen. Einsparpotential besteht beim ausufernden Unterhaltungsangebot und bei den Sportrechten. Auch das Engagement im Internet gehört auf den Prüfstand.
Bravo, Herr Küsters, aber warum so sachlich? Ich schätze, das würde hier jeder unterschreiben. Bei den Öffentlich-Rechtlichen geht es tatsächlich wie in Beamten-Elfenbeintürmen zu. Oder habt ihr etwas von Stellenabbau, Zukunftssorgen oder finanzbedingten Programmänderungen vernommen? Ich nicht. Okay, das politisch motivierte Absägen unabhängiger Chefredakteure lasse ich davon ausgenommen. In der medialen Privatwirtschaft ist die Zeit der Stagnation schon lange vorbei, Rezession ist angesagt: Redakteure fliegen, Ressort werden abgebaut, Mantelredaktionen verdecken die Meinungsvielfalt. Und ARD und Co. wollen sich nun noch einen Schlag Sahne auf die Sorgenfreiheit genehmigen? Bevor ich mich weiter aufrege, zum Dritten im Bunde: Auch der Verband Privater Rundfunk und Telemedien (VPRT) ist stinkig und lässt mitteilen, dass man die ständige Erhöhung der Rundfunkbeiträge „schon immer abgelehnt“ habe.
Tja, was will man machen. Schön, dass sich die Lobbygruppen aufregen. Ihr dürft nicht vergessen, dass da natürlich rein wirtschaftliche Interessen dahinterstecken: Der BVDW sorgt sich aufgrund höherer Gebühren um schwindende Margen bei den Telcos oder Diensteanbietern, der BDWi hat die Kosten für Unternehmen im Blick und der VPRT findet es natürlich total ungerecht, dass der staatliche Rundfunk durch steuerliche Subventionen wie ein Held durch die Krise schippert und sich dann und wann ein größeres Stück Kuchen vom Tablett nimmt, wenn es doch einmal eng werden sollte.
Mit unseren Privatinteressen hat das erst einmal weniger zu tun. Aber wir haben ja auch nichts zu sagen. Da sollte sich ja eigentlich die Politik darum kümmern und leider hat sich da schon wieder die FDP als sensibelste Partei in dieser Debatte offenbart. Man plädiere für eine Medienpauschale in Höhe von rund zehn Euro im Monat, die das Finanzamt direkt einbehält. Ob diese Forderung auch noch nach den NRW-Landtagswahlen ernsthaft verfolgt wird, lasse ich einmal so dahingestellt. Alles doof.
(André Vatter)