Ich bin hin- und hergerissen: Ist das progressiv oder plemplem? In der Londoner Kirche St. Lawrence Jewry ist man seit gestern dazu übergegangen, Fürbitten für die Gadgets der Gemeinde zu sprechen. Klingt komisch, ich weiß, doch lasst mich die Geschichte erst einmal erzählen.
Also: Pastor Canon David Parrott ist ein ziemlich durchgeknallter Geistlicher, der schon immer einen ungewöhnlichen Zugang zu seinem Glauben hatte. Bevor er Hirte der St. Lawrence Jewry-Kirche wurde, brachte er es schon einmal fertig, die Christmette zu lesen, während er als Weihnachtsbaum verkleidet war, verrät die „Times“. Am gestrigen Montag stand der traditionelle „Plow Monday“ auf der Tagesordnung, ein Feiertag, den es in England seit dem Mittelalter gibt und an dem Bauern ursprünglich ihre Pflüge mit zur Kirche brachten, um diese segnen zu lassen. Ein schönes Ritual, aber völlig anachronistisch, befand nun Canon Parrott. Wenn wir schon Arbeitsgerät segnen, dann soll es auch das sein, was heute verwendet wird: Laptops, iPhones, BlackBerrys.
Also lud er einen Tag nach Ende der CES erneut zur High-Tech-Messe – diesmal allerdings mit religiösem Hintergrund: „Ich bitte Sie alle, Ihre Handys herauszunehmen… doch bitte stellen Sie sie auf leise“, begann Parrott den Gottesdienst. Auf dem Altar hinter ihm stapelten sich vier Smartphones, ein MacBook und ein Dell-Laptop. Als musikalische Untermalung der Zeremonie erklang dann „die Melodie von Millionen Klingeltönen“. Nach der Hymne war die Segnung der Mobiltelefone angesagt und der Bürgermeister von London höchstpersönlich überreichte Parrott seinen BlackBerry, den der Pfarrer auf den Altar legte. Alle übrigen Anwesenden hielten ihre Handys in die Höhe, während der Segen gesprochen wurde. „Mögen durch Deinen Segen diese Telefone, Computer – Symbole unserer Technologie und unserer täglichen Kommunikation – eine Erinnerung daran sein, dass Du ein Gott bist, der mit uns kommuniziert und durch sein Wort spricht. Amen.“
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Die Messe fand guten Anklang beim Publikum, lediglich eine ältere Dame wirkte später etwas irritiert: „Es war recht unterhaltsam“, wird sie von der „Times“ zitiert. Allerdings war sie sich nicht sicher, ob Unterhaltung etwas in der Kirche verloren habe.
Und ihr? Wie findet ihr das? Sicherlich klingt es anfangs etwas grotesk. Ich bin nicht übermäßig gläubig, aber wenn Jesus in den Neunzigern (des 20. Jahrhundert) oder so aufgewachsen wäre… ich meine: Wer weiß? Dann würden Christen heute eben sein Handy im Reliquienschrank aufbewahren. Vielleicht sollte langsam auch die Kirche mit der Zeit gehen.
(André Vatter)
Ich finde das gar nicht so abwegig, obwohl ich nicht gläubig bin.
Wenn früher Pflüge und sonstiges Arbeitsgerät gesegnet wurde, warum sollte ein gläubiger Mensch sich nicht auch was von einer Segnung seines aktuellen Arbeitsgeräts versprechen?
Übrigens gibt es etwas Ähnliches (wie ich finde) auch in Deutschland, zum Beispiel mit Motorrädern. Die wenigsten Menschen haben ja noch Pferde die man – wie früher – segnen könnte.
Das ist doch super. Endlich mal einer der mit der Zeit geht. Warum nicht!?
Segnen? Sonst geht’s aber noch? Was soll dieses Voodoo?
Wer Voodoo will, soll Voodoo bekommen.
Es lebe die Freiheit 😀
Religion = FAIL
Ich finde es echt eine sau geile Idee… Mal was anderes, die Kirchen brauchen doch auch wieder (zahlende) Besucher! =)
p.s.: „brachte er es schon einmal fertig, die Christme(tt)[ss]e zu lesen“ -> Rechtschreibfehler, oder bin ich blöd?
Es heißt schon Christmette, wie man sich auch aus berufenem Mund bestätigen lassen kann:
http://www.kathpedia.com/index.php/Christmette
Ob es jedoch angebracht ist, den Weihnachtgottesdienst als Tannenbaum verkleidet zu feiern, möchte ich hier zunächst lieber offenlassen.
Ich habe jetzt auch mal den Times-Artikel gelesen und wollte gerne anmerken, daß dort keineswegs davon die Rede ist, er habe die Christmette als Weihnachtsbaum verkleidet gehalten. Vielmehr habe er sich als Weihnachtsbaum verkleidet, um die Botschaft von Weihnachten unter die Leute zu bringen – was dann ja doch etwas anderes ist.
Nunja, beim Weihnachtsgottesdienst gab es hier im Gospelhouse ein Breitbild-Intro aus drei zusammengeschalteten Beamern. Der Sound dazu hörte sich wie im Kino an. Warum dann nicht auch iPhones segnen. Aber bitte nur die echten. 😉
Ich weiß gar nicht was daran plemplem sein soll?
Früher haben die Leute ihren Marktkarren segnen lassen, heute ihr BlackBerry. Wo ist da der Unterschied? Auch wenn ich mit Religion nix zu tun hab muss ich sagen das leuchtet absolut ein.
Was ist am ’segnen‘ einleuchtend??
Hoffentlich nicht ein Versuch auf Handys und Notebook nach der GEZ Gebühr nun auch noch Kirchensteuer zu Erheben zu können. 😉
es ging darum, um die Kommunikation zwischen Gott und Menschen – dies kann auf versch. Art und Weise stattfinden. Allerdings wenn man Gott nicht kennt – kann man vieles nicht verstehen, leider 🙂 Wer mehr davon erfahren möchte KANN hier täglich nachlesen 🙂 http://www.lukas119.de/bilep/index.php
Welchen Beweis gibt es für deinen Gott? Im Gegensatz zu anderen?
@DiPi: Es ging bei dem Segen wohl in erster Linie um die Kommunikation zwischen den Menschen, denn dafür werden die Blackberrys etc. ja benutzt. Ich halte das ganze auch für durchaus vertretbar, denn wenn man Pflugscharen segnen kann, damit die menschliche Arbeit unter dem Segen Gottes steht, dann kann man das auch mit Smartphones machen.
Allerdings habe ich ein wenig den Verdacht, daß es dem anglikanischen Prediger eher darum ging, mit der Aktion in Presse zu kommen – was ihm ja auch gelungen ist…
[…] Dieser Eintrag wurde auf Twitter von Basic Thinking, Florian Bischof, OTZ Online, Matthias, Herr MaschinenMensch und anderen erwähnt. Herr MaschinenMensch sagte: Kirche 2.0 in London: “Herr, segne diesen BlackBerry” http://bit.ly/6RX3eh […]
[…] die Worte des Pfarrers. Kirche […]
[…] unbekannt schrieb heute einen interessanten Artikel auf Hier ein kurzer Auszug:Nach der Hymne war die Segnung der Mobiltelefone angesagt und der Bürgermeister von London höchstpersönlich überreichte Parrott seinen BlackBerry, den der Pfarrer auf den Altar legte. Alle übrigen Anwesenden hielten ihre Handys in die … […]
[…] Via Basicthinking […]