Zeit für Geständnisse: Es hat mich schwer traumatisiert, dass es in meiner Heimatstadt Unna in meiner Jugendzeit keinen McDonald’s gab. Heute wohne ich im Herzen einer Großstadt und habe fünf Minuten Fußweg zum Amerikaner meiner Wahl und einen Körper, der jedem auf den ersten Blick vermittelt, dass ich diese Gelegenheit auch ab und an nutze.
Wieso diese Einleitung? Ganz einfach: Hätte es vor zwanzig Jahren schon das Internet und Facebook gegeben, wäre Unna vielleicht schon viel eher kein weißer Fleck mehr auf der McDonald’s-Karte gewesen. Denn dank der Möglichkeit, mit seinem Anliegen unzählige Menschen erreichen zu können, kann man sich heutzutage unendlich leichter Gehör verschaffen. Das wird im beschaulichen Markdorf im Bodenseekreis aktuell auch bewiesen.
Markdorf in Zahlen bedeutet:
Neue Stellenangebote
Growth Marketing Manager:in – Social Media GOhiring GmbH in Homeoffice |
||
Mitarbeiter*in (m/w/d) für Social Media, Öffentlichkeitsarbeit und Städtepartnerschaft (m/w/d) meinestadt.de in Sachsenheim |
||
Content Creator / Social Media / Marketing (m/w/d) Delitzscher Schokoladenfabrik GmbH in Delitzsch |
- 12.000 Einwohner
- 0 McDonald’s-Filialen und
- aktuell über 1.300 Fans in der Facebook-Gruppe, die sich für die Erschaffung eines McDonalds in Markdorf stark machen.
Die Gruppe gegründet hat Sebastian Schönfeldt, den ich via Facebook auch zur Idee und deren Ernsthaftigkeit befragen konnte:
Zuerst war die Aktion ja auch eher als Spaß gedacht. Mittlerweile hat es sich aber schon zu einer indirekten „Volksabstimmung“ gemausert!
Die lokale Presse hat die Aktion aufgegriffen und somit ist man quasi über Nacht Stadtgespräch geworden in dem 12.000-Seelen-Ort. Selbst Lob vom Bürgermeister hat es schon gegeben, verriet mir Sebastian – somit kann man sich berechtigte Hoffnung machen, dass der Bürgermeister bei der anstehenden Gemeinderatsabstimmung den Erfolg der Facebook-Gruppe aufgreift.
Davon ausgehend, dass die Masse der 1.300 Fans tatsächlich Betroffene aus dem direkten Umfeld sind, kann man vermutlich auch als Politiker gar nicht anders, als diesen friedlichen Protest ernst zu nehmen.
Lautstärke rauf, Preise runter
Anderes Land, andere Geschichte, aber gleiches Thema: Wieso sollte man zum Boykott einer Band aufrufen, deren Musik man eigentlich doch abgöttisch liebt? Einfache Antwort – die Tickets für die Live-Show sind viel zu teuer. Passiert ist das Metallica, die sich nach einem Jahrzehnt endlich mal wieder auf den Weg nach Israel machen. Kurz nach der hellen Freude der Fans in Israel folgte dann aber der Zorn: Mindestpreise für das Konzert ab 116 Euro brachten auch die Hardcore-Fans auf die Palme.
Die weitere Begebenheiten lesen sich wie das Beispiel oben: Eine Protestgruppe wird bei Facebook ins Leben gerufen, aktuell 9.000 Menschen treten bei und tun ihren Unmut kund, die Medien werden auf die Aktion aufmerksam und letzten Endes muss das Management eine Entscheidung treffen. In diesem Punkt ist Gruppengründer Tomer Mussman den oben erwähnten Fastfood-Freunden Einiges voraus, denn als Ergebnis dieses Boykott-Aufrufs hat man die Preise für die günstigsten Karten nahezu halbiert!
Während natürlich immer noch einige lamentieren, dass man mit 192 Euro für die teuersten Tickets immer noch viel zu viel bezahlt, sind die günstigsten Karten nun für 60 Euro zu haben. Wollen wir für die gebeutelte Musikindustrie mal hoffen, dass dieses Beispiel nicht Schule macht.
Ich kenne das Preisgefüge in Israel nicht, aber Metallica spielen natürlich in der allerersten Rock-Liga und bitten daher ordentlich zur Kasse. Man darf davon ausgehen, dass trotz Protest das Konzert ausverkauft gewesen wäre, aber man hat sich scheinbar für die Fans und gegen den immensen Image-Schaden entschieden. Allerdings bezweifle ich, dass das mit allen Bands und in allen Ländern ähnlich erfolgreich funktionieren würde.
Zwei Beispiele von vielen
Die McDonald’s-Story und der abgewendete Metallica-Boykott sind ebenso wie die Rage Against The Machine-Geschichte nur ein paar Beispiele dafür, was uns in Zukunft erwartet. Einige Faktoren kommen hier zusammen: Auf der einen Seite die Möglichkeit, sich kinderleicht organisieren zu können und auf der anderen Seite auch oftmals die Ohnmacht, auf einem anderen Weg seinem Unmut Luft verschaffen zu können. Sowas kann natürlich auch ad absurdum geführt werden, was viele Gruppen derzeit beweisen, die im Fahrwasser von Rage Against The Machine ebenfalls versuchen, „ihren“ persönlichen Hit in die Charts zu bringen. Je mehr Gruppen mit unterschiedlichen Songwünschen gegründet werden, desto minimaler ist natürlich auch die Chance, dass man tatsächlich jemals ein Lied in die Top-Ten seines Landes katapultieren kann.
Davon abgesehen eröffnen sich uns aber viele Möglichkeiten. Ob es für einen guten Zweck, gegen einen Missstand oder einfach nur zum Spaß ist – wenn es schon mit der Schwarm-Intelligenz in Netzwerken nicht immer weit her sein muss, kann man zumindest darauf vertrauen, dass wir die Menschen im Netz viel leichter erreichen und organisieren können. Was dann daraus wird, liegt natürlich an jedem Einzelnen bzw dem jeweiligen Anliegen.
(Carsten Drees)