Nun ist die bereits im Vorfeld durch geschickt gestreute Hinweise erahnte Funktion der Instantsuche bei Google offiziell vorgestellt und auch schon in Betrieb genommen worden. Da die Sofortanzeige der Ergebnisse viel mehr Serverkapazität verlangt als die klassische Internetsuche, will der Webkonzern das neue Feature Schritt für Schritt einführen. So kann er sicherstellen, dass die benötigte Serverpower auch tatsächlich zur Verfügung steht und es nicht zu hässlichen Ausfällen wegen Systemüberlastung kommt. Zunächst ist die neue Funktion in den USA und Russland für alle Nutzer freigeschaltet, in Deutschland ist sie zurzeit nur für die Kunden mit eigenem Account voreingestellt.
Für viele Anwender sind Internet und Google deckungsgleich. Was der Konzern nicht anzeigt, existiert nicht. Daher wird jede Entscheidung des Suchgiganten, welche Seiten dem User in welcher Reihenfolge zu sehen bekommt, unter dem Blickwinkle einer möglichen Zensur kritisch beäugt. So auch bei Google Instant.
Um zu verhindern, dass das Programm nach drei Buchstaben Ergebnisse anzeigt, die zwar weltweit beliebt sind, aber den aktuellen Nutzer eher verstören würde, hat das Unternehmen einen Wortfilter eingebaut. Ein minderjähriger Schüler, der sich für sein Englischprojekt über fiktionale Texte informieren will, soll nicht durch die gänzlich anders gearteten Interessen seiner erwachsenen Mitmenschen abgelenkt werden. Nach der Eingabe von „fic“ hält das System erschrocken die Luft an und präsentiert nur eine gänzlich leere Seite. Erst der nächste Buchstabe lässt den Computer erleichtert aufatmen und präsentiert Vorschläge aus dem Bereich der gewünschten Literatur.
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Bei manchen Wörtern ist der Rechner aber auch nach Eingabe des gesamten Begriffes noch immer irritiert. So beschwerte sich die Enkelin des Mathematiker Eugen Slutsky, dass die Instantsuche weder zu ihm noch zu den Theorien ihres berühmten Großvaters Resultate liefert. Dass die Suchmaschine den russischen Mathematiker und Ökonom auch nach Angabe seines vollen Nachnamens noch ausblendet, mag eine Schwäche in den Filtern des Konzerns demonstrieren. Zensur ist das aber nicht. Denn schließlich werden nach der Betätigung der Enter-Taste alle relevanten Ergebnisse angezeigt. Und zweitens scheint es mir durchaus sinnvoll, während einer Recherche für mein Mathe-Studium nicht durchgängig daraufhin gewiesen zu werden, was andere Mitmenschen mit den bisher eingegeben vier Buchstaben so verbinden.
„Zwei-Klassen-Suche“
Martin Weigert von Netzwertig hat aufgezeigt, dass das neue Feature viel Traffic erzeugt und dadurch mit langsameren Internetverbindungen nicht nutzbar ist. Somit entstehe eine Zwei-Klassen-Suche. Das ist zwar in gewisser Weise richtig, ist aber in der angedeuteten Wertung übertrieben. Ich finde es hingegen eher sinnvoll, dass das System erkennt, wenn meine Verbindung zu langsam ist und daher die klassische Seite aktiviert. Die Mobilnutzer in Entwicklungsländern werden dadurch ja keineswegs von den Informationen ausgeschlossen. Im Gegenteil bietet das Unternehmen durch die Reaktion auf die vorhandenen Ressourcen gerade Usern mit weniger gut ausgebauter Infrastruktur die Möglichkeit, trotzdem an die relevanten Resultate zu gelangen.
Während die meisten Surfer von der Instantsuche vermutlich eher fasziniert sein dürften, ist es für die Werbekunden des Unternehmens doch eine gehörige Umstellung. Bisher wurden ihre Anzeigen auf den Ergebnisseiten solange angezeigt, bis der Surfer sich entschloss, zur nächsten Seite zu wechseln. Diese Einblendung wurde von Google vermerkt, damit der Werber sehen konnte, wie oft seine kommerzieller Hinweis gezeigt wurde, bis ein potentieller Kunde sich entschied, dem Link zu folgen. Bei Inseraten, die teilweise nur für Sekundenbruchteile zu sehen sind, weil die nachfolgenden Buchstaben Kontext und Ergebnisse wieder völlig verändert haben, ist es schwerer, eine solche Statistik sinnvoll zu führen. Der Konzern hat daher beschlossen, nur die Einblendungen zu zählen, die länger als drei Sekunden sichtbar waren. Allerdings betrifft diese Entscheidung nur die Erfolgsstatistik der Werbetreibenden, bezahlen müssen sie ausschließlich dann, wenn ein Sucher sie anwählt und auf die angepriesene Seite geleitet wird.
Auswirkungen auf Googles Anzeigengeschäft
Befürchtungen der Werbekunden, sie müssten nun mehr Keywords belegen, um auf die selben Ergebnisse zu kommen, tritt Frederick Vallaeys im Gespräch mit TechCrunch entgegen. Da bei der Instantfunktion die Einblendungen aufgrund des ganzen angenommenen Suchterms schaltet, ist es nicht nötig, auch die Worte zu belegen, die den Kunden eventuell zuerst angezeigt werden. Wer also beispielsweise Alarmanlagen verkauft, muss nicht schon „Alaska“ belegen, da der Kunde ja speziell nach „Alarm“ googelt und die Ergebnisse zum nördlichsten Bundesstaat der USA schnell überspringen wird. Google selbst gesteht zu, dass es in Folge der neuen Funktion zu Veränderungen in der Klickrate kommen kann. Der Konzern gibt sich aber optimistisch und glaubt, dass die Instantsuche dem User nicht nur viel Zeit sparen wird, sondern auch dazu führen wird, dass insgesamt mehr Anzeigen angeklickt werden. Und das ist schließlich das Kerngeschäft des Unternehmens.
Wie wird sich die neue Suche auf das Verhalten der Nutzer auswirken? Der Marketing-Experte Ian Lurie glaubt, dass die ersten drei Platzierungen in der Ergebnisliste noch an Bedeutung gewinnen werden. Die waren für Webseiten-Betreiber schon bisher immens wichtig, weil nur wenige Kunden die Einträge darunter beachten oder sich sogar zur zweiten Seite durchklicken. Nun könnte das noch wichtiger werden, weil die Anzeige der Resultate schneller wechselt. Andererseits verweist Vallaeys darauf, dass die User mit der neuen Funktionalität schnell lernen werden, intelligenter zu suchen. Der Google-Mann hofft, dass die sofortige Anpassung der Ergebnisse dazu führt, dass die Anwender ihre Eingabe sofort verfeinern und so schneller zu dem wirklich gewünschten Ziel gelangen. So würden dann auch die „Seite Zwei“-Angebote in den Fokus der Aufmerksam rücken, weil das System sie durch eine klarere Formulierung der Anfrage als relevant erkennt und dementsprechend weiter oben platziert. Dadurch wiederum würden es sich auch lohnen, auf spezialisierte Kernwörter für die Anzeigenschaltung zu setzen, analysiert Ian Lurie die Möglichkeiten für Onlinewerber.
„Google ABC“
Dass die produzierten Vorschläge ja auch als Popularitätsmesser funktionieren, steigt natürlich auch die Bedeutung des sogenannten Google-Alphabets. Früher war aus den Vorschlägen des Systems zu einzelnen Buchstaben nur die Beliebtheit der entsprechenden Marken abzulesen. Jetzt werden direkt die damit verbundenen Empfehlungen angezeigt. Wer seine Suche nach Autos beginnt, erhält nach der Eingabe des ersten Buchstabens bereits die komplette Seite mit Links zu Amazon (siehe Screenshot oben). In den meisten Fällen wird der Buchhändler wohl nur für eine kaum wahrnehmbare Zeit auf dem Bildschirm erscheinen. Bei der großen Anzahl der täglichen Anfragen kann das aber insgesamt betrachtet zu einem weiteren Wettbewerbsvorteil für die Seiten mit der höchsten Reputation werden.
Dementsprechend stehen nun auch die Experten für Suchmaschinen-Optimierung (SEO) vor einer neuen Situation vor. Googles Spambekämpfer Matt Cutts betont allerdings, dass durch die Sofortsuche der PageRank der Seiten nicht verändert wird. Verändern wird sich aber auch seiner Ansicht nach das Nutzerverhalten. Steve Rubel von der PR-Firma Edelmann sieht darin ein großes Problem für die Optimierungsbranche. Er glaubt, dass die verfeinerten Anfragen, zu denen die neue Funktion verleitet, SEO-Maßnahmen größtenteils bedeutungslos werden lassen. Ich bin da nicht so zuversichtlich. Nichtsdestotrotz ist Google Instant eine faszinierende Neuerung, die den Hype im Vorfeld wirklich verdient hat.
(Nils Baer)