Anfang November hielt Journalist und Blogger Richard Gutjahr auf den Passauer Medientagen einen bemerkenswerten Vortrag zum Thema „Wie man durch Social Media reich, berühmt und glücklich wird“. Selbst wenn ihr nicht vorhabt, reich oder sogar glücklich zu werden: Der Vortrag lohnt sich. Wenn ihr eine Stunde eures Lebens opfern könnt, hört euch einfach mal an, wie der Mann interessante Thesen wie „Transparenz ist die neue Objektivität“ oder „Werdet selbst zu einer Marke“ begründet. Am Schluss seines Vortrags gibt Gutjahr seinen Zuhörern, hauptsächlich jungen Leuten, die „was mit Medien“ machen wollen, einen interessanten Rat mit auf den Weg: „Macht das Beste aus dieser Zeit, sie wird nicht mehr ewig dauern.“
Ich habe lange gerätselt, was er damit gemeint haben kann. Wir leben in einer Zeit, in der es wohl noch nie so einfach war, etwas unabhängig von einem Verlag zu veröffentlichen. Es war noch nie so einfach, ein Startup zu gründen und dafür einen Investor zu finden. Es war noch nie so einfach, seine Ideen über das Netz bekannt zu machen und damit sogar große Konzerne auszustechen. Warum sollte das nicht immer so weiter gehen?
Startups aus der Fabrik
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Weil es zunehmend schwerer werden wird, mit einer klugen Idee aus der Masse herauszustechen. Wollt ihr heute ein Startup gründen, hättet ihr es in fast jedem Bereich mit einer ganzen Menge Konkurrenten zu tun. Um damit noch berühmt zu werden, bräuchtet ihr Kontakte zu den wichtigsten Medien. Die werden aber abwinken, wenn sie die Idee schon gesehen haben. Und irgendwann werden auch Startups für die Medien einfach nicht mehr interessant sein. Noch ein junges Team, noch ein neues Thema, noch eine Erfolgsgeschichte. Irgendwann sinkt das Interesse bei Medien und Lesern an jedem Thema. Ich gebe zu, dass ich da nicht besser bin. Als es im Frühjahr dieses Jahres gefühlt nur Facebook als Social Network gab, war ich dankbar über jede Alternative. Und sie kamen: Google Plus, Anybeat, Unthink. Als Christian Gera mir vergangene Woche von seinem neuen Social Network Freizeitcafe schrieb, habe ich gedanklich schon abgewunken. Es gibt jetzt langsam genug davon.
Nicht zuletzt hat auch die PR-Industrie das Social Web inzwischen für sich entdeckt und erkannt, dass sie virale Aktionen dort ganz ohne Hilfe der Medien lancieren kann. Unternehmen investieren zunehmend in die sozialen Medien und neue Ideen werden immer seltener von jungen Gründern geboren werden. Digg-Erfinder Kevin Rose ist ein gutes Beispiel für den Gegentrend. Der Internetmillionär hat inzwischen Milk gegründet, eine Art Startup-Fabrik, die neue Apps, Websites und andere Projekte aus dem Boden stampft. Oink ist das erste namhafte Produkt der Fabrik und sie hat Erfolg: Die App wurde in weniger als drei Wochen 100.000 Mal heruntergeladen.
Die Zeit für Experimente ist jetzt
Kurz gesagt: Es gibt Konkurrenz und zwar zunehmend von finanziell potenter Seite. Wer gerade über Social Media und Technik bloggt, dürfte es gemerkt haben: Themen, die vor gerade mal drei Jahren von nur einigen Blogs abgedeckt wurden, sind inzwischen überall zu finden. Vom „Stern“ über die „Märkische Allgemeine“ bis hin zur Ärztezeitung schreibt jeder über Gadgets und Social Media. Das ist einerseits toll, weil dadurch viele Jobs für Technikjournalisten geschaffen wurden. Zum anderen bedeutet das aber auch, dass es für Einzelkämpfer schwer wird, aus der Masse noch heraus zu stechen. Mal eben schnell sein eigenes Ding machen, ist heute einfacher denn je. Damit aber auch noch Geld zu verdienen oder gar seinen Lebensunterhalt damit zu bestreiten, ist angesichts der Konkurrenz zumindest nicht leichter geworden.
Denn nicht zuletzt geht es um Geld: Die großen Verlage haben ihre eigenen Online-Vermarkter und sie sind zunehmend erfolgreicher damit, im Netz Geld zu verdienen. Startups dürften mittelfristig immer öfter von Medienhäusern geboren werden. Ähnlich sieht es Richard Gutjahr, den ich fragte, was er mit seinem Fazit genau meinte. Er schrieb mir:
Die Zeit für Experimente ist hier und jetzt. Sobald der Beton einmal hart geworden ist, sprich, wenn die Geschäftsmodelle [der Verlage und Medienhäuser] erst einmal tragen, wird die Party im Netz vorbei sein. Dann gibt es klare Berufsbilder- und Anforderungen. Wer die nötigen Skills bis dahin nicht beherrscht, wird sich schwer tun.
Sprich: Was heute noch neu und aufregend ist, wird demnächst eine Standardqualifikation sein. Richard rät Berufsanfängern und anderen deswegen dazu, jetzt zu experimentieren und ruhig auch Fehler zu machen. Ich sehe es ähnlich: Wenn ihr eine gute Idee habt, dann wartet nicht, sondern findet jetzt einen Weg, sie umzusetzen. Denn diese Chance kommt vielleicht nie wieder.
(Jürgen Vielmeier, Bild: Robert Scoble (CC))
Alles schön gesagt, aber vor allzu sicheren Generalisierungen sollte man sich im chaotischen Ungewissheitsmedium Internet trotzdem hüten. Das hätte der gute Herr Gutjahr seinem ansonsten, wie auch ich fand, interessanten Vortrag wenigstens als Disclaimer voranstellen können. Die heutige Online-Medienwelt mag zwar noch wenig festgefahren sein, besonders einfach ist sie deswegen aber längst nicht. Zumal es bereits heute ein Überangebot an Angeboten gibt. Wie ich ebensowenig glaube, dass sich im Internet jemals sonderlich starker Beton angießen läßt. Das Internet wird auch in Zukunft viele Freiheiten für Neues und Eigenes offen lassen, als dass es einen starken Zwang zu festen Berufsbildern brächte. In diesem ungeheuer vielfältigen und freien Medium wird m.M. vielmehr ständig ungeheure Flexibilität, Experimentierfreude und Kreativität gefragt sein – die verträgt sich nicht mit allzuengen Grenzen allzu eng gefasster Berufsbilder.
Summa summarum: Das Internet wird auf immer ein Platz auch für Experimente bleiben – weil es als freiestes aller Medien, Kommnnikations- und Marktplätze das Entwicklungsmedium schlechthin ist, das sich wie kein anderes Medium in ständiger Weiterentwicklung befindet. Die These, dass nur jetzt die Zeit für Experimente wäre, halte ich deshalb für etwas blauäugigen Unsinn – wie ungefähr den von der tollen Zeit der Bürgerbewegungen während der Wende im Osten vor zwei Jahrzehnten o.ä. Das Internet wird auf immer Experimente und Wagemut erfordern.
„Macht das beste aus dieser Zeit-sie wird nicht ewig dauern“ ist eine geniale Überschrift wie ich finde zu diesem Artikel. Dennoch habe ich einige Ergänzungen dazu zu machen : Klar sieht alles objektiv und oberflächlich betrachtet „einfach“ aus mit dem gründen.
Für diejenigen, die aber ALLES selfmade machen müssen (Konzepte schreiben ohne Agentur & nur mit Ihrem eigenen Kopf „die Idee“ verwirklichen Step by Step, die komplette Community- programmieren ohne gekaufte Standart-Software (die sieht man überall-stimmt!&kann ja jeder), dazu noch Kaufmännisches …die Liste ist endlos) & dann noch ein Startup gründen-ohne Investor(!)-so wie ich es zur Zeit mit 2 ehrenamtlichen tue, ist eine ECHTE Herausforderung!
Wir jedenfalls haben Herzblut geopfert für unsere Sache, ein halbes Jahr programmiert daran im diversen Kellern.
Noch sind wir ein kleines Licht mit einigen Fehlern die wir systematisch ausbügeln (danke für die Tipps Jürgen); aber welche „Firma“ ist nach knapp 1 1/2 Monaten schon am Ziel? Wir wissen, dass soetwas 2-3 Jährchen dauern kann.
Ich wage mal ganz kess zu behaupten : „Internetmillionär werden diejenigen, die eh schon den vorhandenen Background, die finanziellen Mittel& Kontakte im Vorfeld hatten! Sowas ist einfach! Den kleinen unbekannten-wie uns- eine Chance zu geben & diese mit Spass und Freude an der Arbeit zu nutzen-ist schwer! Mit Herz dabei sein & davon „leben“ zu können ist ein Wunsch.
„Als Christian Gera mir vergangene Woche von seinem neuen Social Network Freizeitcafe schrieb, habe ich gedanklich schon abgewunken. Es gibt jetzt langsam genug davon.“ – stimmt! Aber schlaft mal drüber-ein Netzwerk wie das Freizeitcafe gibt es so noch nicht;-) Behaltet uns im Auge liebe Basic-Thinking-Gemeinde;-)
„Ich habe lange gerätselt, was er damit gemeint haben kann.“
Vermutlich eher die Islamisierung, Überfremdung, Verschuldung usw. unseres Landes.
@Vater : kann ja mal passieren.. wir vom Freizeitcafe sind auf jedenfall dankbar über Meinungen und Verbesserungsvorschläge. Wenn es dort draussen einen Investor gibt- her damit!:-)lg
Ich denke auch: guckt mal die funktionierenden deutschen internetfirmen an: die allerallermeisten hatten vorher schon Geld, die allerwenigsten hatten Glück
Schöner Artikel, gut zu lesen, das Gutjahr Vid werd ich mir morgen mal anschauen.
@Jürgen- vielen Dank! Hab gerade eine Stunde meines Lebens geopfert, um mir diesen tollen Vortrag von Herrn Gutjahr einzuverleiben. „Wir sind Partner-keine Konkurrenz; im Internet sind alle gleich. Wenn ich blogge, kann ich machen was ich will-als Person- & meine persönliche Meinung mit Rampensauqualität äußern.“
Ich sehe es genauso- der Beton ist noch nicht fest. Wenn man jetzt anpackt & anfängt seine Ideen umzusetzen, hat jeder seine Chance eine „Marke“ zu werden. Niemals ein nein akzeptieren, das eigene Ding ohne die großen Konzerne machen-die braucht man nicht mehr dazu.
Tolle Worte& die Show geht nie ohne die Basics und das gute Produkt. Eigene Ideen vermarkten- googeln kann jeder Depp; nur in die Tiefe gehen nicht. Social Media sind doch im Grunde genommen nur die Menschen selbst. Twitter,Facebook,Google + und wie sie alles heissen sind sinnlos, ohne die Menschen, die jene toten Instrumente „beleben“.
Vielen Dank für den tollen Tipp und die Video-Verlinkung. Auch dies war wieder ein gelungenes Beispiel für sozial-mediale Vernetzung, denn: ich persönlich habe viel für mich mitgenommen.
Sehr, sehr, sehr guter Beitrag.
Danke.
Ich verabscheue das Internet. In 90% der Fälle wird kein Mehrwert geschaffen.
ich hab mir grade das video angeguckt…
ich bin SO froh, dass ich ihn kennenlernen durfte.
sehr inspirierende worte, ein sympatischer mensch!
ich habe eine ganze menge gelernt 🙂
ich würde gerne mehr von ihm und über ihn lesen.
ich google ihn mal.
>>“Alles, was erfunden werden kann, wurde bereits erfunden.“<<
Irgendwie kam mir bei der News dieser über 100 Jahre alte Spruch in den Sinn. Es wird immer Platz für neue Ideen geben – auch im Netz.
[…] Dann ist es vielleicht immer noch die beste Idee, sein eigenes Blog zu eröffnen und seinen Namen zur Marke zu machen, auch wenn das natürlich nicht einfach ist. Contentportale abseits der Mainstream-Medien […]
Ich hab zwei tolle Ideen die noch niemand realisiert hat aber mir fehlt das technische Verständnis das ganze umzusetzen und einmal öffentlich gemacht greift die Idee irgendjemand auf der es entweder selbst programmieren kann oder die nötige Kohle für einen externen Coder hat. Schade aber wahr!
@Mmorpger : ging mir auch mal so! Suche Dir positive Menschen& am besten Freunde, die soetwas können! Arbeitet Schritt für Schritt dran! Soetwas kann ein Jahr dauern…& dann patentier das ganze! Aller Anfang ist schwer-aber anfangen muss man!lg
@freizeitcafe: es gibt keine patente auf Software in deutshland unddas ist auch gut so
@Teena : Chapeau! Das wusste ich noch garnicht. Ich war in der Annahme,dass man heutzutage vieles patentieren kann. Dann aber @Mmorpger : Wort/Bildmarke schützen von Deiner Idee & alles was patentierbar ist davon! lg und ein gutes Nächtle an alle!
[…] für irgendwie nicht mehr passend. Nun, ein gutes halbes Jahr nach meinem letzten Versuch, habe ich einen Artikel auf Basic Thinking gelesen, der wiederum auf einen Vortrag von Richard Gutjahr verwies, der zum bloggen aufforderte. […]
[…] in den Fokus der Medien. Der Journalist Richard Gutjahr erzählte vergangenen November auf den Medientagen Passau die Geschichte, wie er im April 2010 auf eigene Faust nach New York reiste, um medienwirksam das […]