Spotify geht es gut. Wenn das Jahr so weiter läuft, wie es angefangen hat, dürfte der Musikdienst in 2012 rund 500 Millionen Dollar einnehmen und damit etwa doppelt so viel wie im Vorjahr. Gleichzeitig ist der Dienst mitten in einer Finanzierungsrunde, die ihn mit drei Milliarden Dollar bewertet. Vor einem halben Jahr waren es noch vier Milliarden. Wie passt das zusammen?
Zum einen ist der Markt aufgrund einiger Enttäuschungen wie dem Facebook-IPO generell zurückgegangen, auch ein aufstrebender Dienst ist davor nicht gefeit. Passenderweise wurde die 4-Milliarden-Bewertung genau einen Tag vor Facebooks Börsengang veröffentlicht. Zum anderen misstrauen viele Investoren aber nach wie vor dem Geschäftsmodell von digitalen Abo-Diensten. Schuld sind die Skaleneffekte.
Paradox: Verlust steigt bei Umsatzwachstum
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Normalerweise lieben Investoren Skaleneffekte. Sie besagen nichts anderes, als dass aufgrund der Fixkosten die Stückkosten eines Produktes relativ sinken, wenn der Absatz steigt. Logischerweise bleiben die variablen Kosten davon unberührt und genau das ist das Problem bei Spotify. Der Streaming-Dienstleister muss 75 Prozent seiner Umsätze an die Musik-Labels abführen, mindestens aber 200 Millionen Euro im Jahr. Dieses Jahr dürfte das erste Mal mehr als die Mindestgarantie ausbezahlt werden.
Wenn man aber die Distributionskosten, also zum Beispiel den Webtraffic, mit einberechnet, kommt man auf „Costs of Goods Sold“ oder Herstellungskosten von 97 Prozent. Das ist der Hauptgrund, warum trotz eines Umsatzwachstums von 2010 auf 2011 von 150 Prozent auch der Verlust um 60 Prozent gestiegen ist. Und das ist auch der Grund, warum trotz einer Verdopplung des Umsatzes in diesem Jahr weiterhin eine rote Zahl unterm Strich stehen wird. Vermutlich um die 40 Millionen Dollar, was immerhin deutlich weniger wäre als im Vorjahr und die Trendwende bedeuten könnte. Skaleneffekte können also doch schön sein. Bei einem Bruttoergebnis von drei Prozent (Umsatz minus Herstellungskosten) muss man aber sehr deutlich wachsen, damit sie eintreten.
Nutzerwachstum zeigt in die richtige Richtung
Doch die Abonnentenzahlen des Dienstes steigen kontinuierlich. Zwischen Januar und Juli ist die Nutzerbasis von zehn Millionen auf 15 Millionen gestiegen, statt drei Millionen zahlen nun vier Millionen User für den Dienst. Zudem ist Spotify in immer mehr Ländern verfügbar, seit letztem Jahr auch in den USA. Und auch die Partnerschaft mit Facebook dürfte sich positiv auf das Nutzerwachstum auswirken. Das sind Zahlen und Fakten, die den Investoren gefallen.
Und doch lassen die nackten Zahlen nicht nur Investoren mit zwei Fragen zurück: Erstens, ist das Freemium-Modell die Lösung für die gebeutelte Musikbranche und zweitens, wie wirkt sich die wachsende Konkurrenz – Xbox Music und vielleicht bald Apple Music – auf Spotifys Nutzerwachstum aus?
Beim Freemium-Modell bin ich mir relativ sicher, dass es sich durchsetzt. Laut Spotify-CEO Daniel Ek haben 80 Prozent seiner Nutzer mit illegalem Filesharing aufgehört und bei den Labels zeigen die Daten, dass der Streaming-Dienst die Verkäufe nicht kannibalisiert. Bei Spotifys Wachstum bin ich mir aber nicht ganz so sicher. Noch geht es dem Dienst gut, aber Windows 8 und Xbox Music und ein möglicher Musik-Dienst von Apple könnten für den schwedischen Streaming-Dienstleister gefährlich werden, schließlich bieten sie das gleiche Produkterlebnis, sind aber (vermutlich) besser mit dem jeweiligen Ökosystem verzahnt.
Bild: Spotify