Google kastriert die Suchergebnisse von Newsseiten, die in der VG Media organisiert sind, dazu zählen Titel von Axel Springer und Burda. Darunter die Reichweiten- und Mainstream-Bomber bild.de und bunte.de. Damit reagiert der Suchmaschinen-Gigant auf eine Klage der Medienhäuser, setzt ein klares Zeichen – und macht in meinen Augen alles richtig.
Sperriges Wort ist sperrig
Das Leistungsschutzrecht. Ein sperriges Wort. So sperrig wie der juristische Hintergrund. Im Zentrum steht die Frage, ob eine Suchmaschine Textausschnitte (so genannte „Snippets“) oder Vorschaubilder („Thumbnails“) von einer Nachrichtenseite „klauen“ darf, um damit das eigene Suchergebnis aufzuhübschen und folglich einen Mehrwert für den Suchenden zu generieren.
Im Grunde eine Win-Win-Situation: für Google, für den Suchenden, für den Gefundenen. Will man meinen, ganz so einfach ist es aber nicht. So klagte die Verwertungsgesellschaft VG Media gegen Google, mit dem Ziel, die in ihren Augen unrechtmäßige Abbildung von Snippets und Thumbnails zu unterbinden.
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Google quittiert die juristische Irrfahrt
Gesagt, getan. Jetzt reagiert Google auf diese juristische Irrfahrt der Verlage und kürzt kurzerhand ab dem 9. Oktober die eigene Darstellung der Suchergebnisse von Mitgliedern der VG Media. In einem Blogeintrag schreibt der Managing Director von Google, Philipp Justus:
Wir bedauern dieses juristische Vorgehen sehr, denn jeder Verlag konnte schon immer selbst entscheiden, ob und wie seine Inhalte in unseren Diensten angezeigt werden. Vor dem Hintergrund dieser Klage werden wir Snippets und Thumbnails einiger bekannter Webseiten wie bild.de, bunte.de oder hoerzu.de nicht mehr anzeigen, also jener Verlage, die in der VG Media organisiert sind. Für diese Seiten werden wir nur noch den Link zum Artikel sowie dessen Überschrift anzeigen. Andere große deutsche Anbieter haben die Inhalte von Mitgliedern der VG Media sogar vollständig entfernt.
Dadurch sehen Suchergebnisse der VG Media-Mitglieder in Zukunft nicht mehr so aus:
Sondern eher so:
Eine drastische Verschlechterung, findet ihr nicht?
Hier sparen, dort kämpfen
Für mich sieht das ganze Getöse rund ums LSR nach klassischer Selbstgeißelung aus. Die offensichtliche Arroganz und das seltsame Selbstverständnis der medialen Kastraten wirkt auf mich äußerst befremdlich, ganz besonders in Zeiten, in denen überall von Sparmaßnahmen und Einstellungsstopps die Rede ist. Holger Schmidt vom „Focus“ hat eine schicke Infografik gebaut, die das Kopfschütteln noch unterstützt:
Wie man sieht, sind die großen Newsportale zwar relativ unabhängig und profitieren von einem großen Anteil an Direkteingaben, jedoch sind es stets zweistellige Zugriffswerte, die alleine über Suchmaschinen, also Google, generiert werden. An diesem sicheren Zubringer zu sägen, birgt große Gefahren.
Zugegeben, natürlich ist das Thema weitaus komplexer, als von mir an dieser Stelle dargestellt. Vereinfacht geht es aber schlussendlich um nichts anderes, als um Machtspiele und Geld. So ist es nur konsequent von Google, jetzt ein klares Zeichen zu setzen. Außerdem muss ich sagen: Lieber Post von Justus, als Post von Wagner.
LSR? Wir verzichten dankend
Im Zuge der Diskussion rund ums LSR möchte ich nicht unerwähnt lassen, dass wir von BASIC thinking an ein freies, gepflegtes Miteinander im Netz glauben, von dem letztlich jeder profitiert. Ich möchte daher aus unserem Impressum zitieren:
Seit dem 1. August 2013 gilt in Deutschland das umstrittene Leistungsschutzrecht. Da auch BASIC thinking verschiedene Anfragen dazu erhalten hat, möchten wir explizit klarstellen: Links sind die Essenz der Netzkultur. Ein Klima der Unsicherheit bei der Verlinkung auf die Inhalte anderer gefährdet die Prinzipien und Grundlagen des Internets. Vom Leistungsschutzrecht werden wir daher keinen Gebrauch machen.
Dabei bleiben wir.
Was ich bei euch toll finde ist, dass ihr auch den kompletten Artikel im RSS habt. Ich kann so im Feedly den Artikel lesen und muss nicht einmal auf eure Seite gehen 😉 Aber ich komme dennoch hierher um zu kommentieren. Bitte behaltet das bei 😀
Vorbildlich 🙂 Derzeit ist nach meinem Kenntnisstand nicht geplant, das zu ändern.
Der aktuelle Schritt von Google ist nur folgerichtig. Allerdings sehe ich die Angelegenheit rund um das LSR noch nicht ganz ausgestanden. Denn die Strategie auf Verlagsseite bestand ja aus zwei Schritten.
1) LSR durchbringen und
2) Über das Kartellrecht Google zu zwingen, die Snippets anzuzeigen umd dann mit 1) abzukassieren
Ich gehe davon aus, dass die VG Medien das Kartellamt ein weiteres Mal anruft. Mal sehen was dann daraus wird. Clever von Google war es sicherlich die jeweiligen Verlagsinhalte nich komplett zu delisten wie in Belgien, sondern lediglich in Einklang mit dem LSR Snippets und Bilder zu entfernen.
Insofern hat Google hier alles richtig gemacht und koennte vor dem Kartellamt damit tatsaechlich durchkommen.
Danke für diese strategische Einschätzung, Oliver. Ich denke auch, dass sich die Verlage damit nicht zufrieden geben werden. Denn am Ende geht es um nichts anderes, als um bare Münze. Es bleibt spannend.
Kurzer Hinweis: Das SimilarWeb-Diagramm wurde falsch gelesen. Die Werte des Traffics, der über Suchmaschinen kommt, beträgt laut SimilarWeb.com bei Stern.de 36,9 % und nicht einen einstelligen Wert, wie konkludent aus „jedoch sind es – außer bei Stern Online – stets zweistellige Zugriffswerte“ zu schließen ist. Auch wenn die Werte bei SimilarWeb.com nur Näherungswerte sind (die zudem bei Websites, deren Statistik ich einsehen kann, in diesem Bereich zu hoch angesetzt sind) und sich in der „normalen“ Google-Suche nichts ändert (den Anteil von fremden Suchmaschinen vernachlässige ich mal), wäre der Traffic-Verlust schon erheblich, wenn durch die Snippet- und Thumbnail-Entfernung etwa nur jeder dritte Klick bei Google-News wegfallen würde.
Hallo MCantow, vielen Dank für den Hinweis. Ich habe den Textabschnitt entfernt, da du natürlich Recht hast. Bin ich in der Zeile verrutscht.
Es ist wirklich eine paradoxe Logik:
Ich klebe irgendwo in der Stadt an eine dafür vorgesehene Wand meine Werbung, gehe dann zur Stadtverwaltung und kassiere dafür Geld. Die Litfaßsäule muss zahlen. Echt bescheuert. Ich wünsche mir von ganzem Herzen, dass Google damit durchkommt.
[…] der angekündigten Änderung für den 09. Oktober wollte Google auf die von der VG Media geforderten Zahlungen nach […]
Jetzt ist es soweit. Die VG-Media wendet sich – wie vorausgesagt – ein zweites mal ans Bundeskartellamt.
http://www.heise.de/newsticker/meldung/Leistungsschutzrecht-VG-Media-wirft-Google-Verstoss-gegen-Kartellrecht-vor-2425945.html
Das ging ja flott 🙂 Dabei hat das Bundeskartellamt doch schon beim ersten Mal klar gestellt, dass
a) Google nicht gesetzlich gezwungen werden kann, die Inhalte der VG-Media zu kaufen
b) sie sich nur bei einer kompletten Auslistung die Angelegentheit eventuell nochmal angeschaut hätten