Social Media Technologie

Kritik der Kritik zum LeFloid-Merkel-Interview: Mehr Arroganz geht nicht

geschrieben von Tobias Gillen

Da geht ein 27-jähriger Youtube-Star hin und interviewt die Bundeskanzlerin Angela Merkel. 30 Minuten, ungeschnitten, mit Fragen aus seiner Community. Und nach dem Interview haben viele Journalisten nichts besseres zu tun, als Florian Mundt alias LeFloid für seine Zurückhaltung, die unjournalistische Herangehensweise und den PR-Effekt für Merkel mit einer teils beispiellosen Arroganz zu kritisieren. Zeit für Kritik an der Kritik am LeFloid-Merkel-Interview. // von Tobias Gillen

Was ich mit beispielloser Arroganz meine? Machen wir uns auf zu einer kleinen Presseschau, fangen wir an bei stern.de, wo Sophie Albers Ben Chamo kommentiert: „Oh, was für eine Abreibung! Das muss weh getan haben. Beim Zusehen tat es das jedenfalls. Das Neue hat dem Alten definitiv nicht gezeigt, wie der Hase läuft. Das Alte hat den Hasen einfach geschlachtet, genüsslich gehäutet und entspannt verspeist.“ Und weiter: „Wahrscheinlich spielte sie nebenbei auch noch Simultanschach mit sich selbst.“

Der Deutschlandfunk schreibt: „Gut gemeint ist noch nicht gut gemacht. Wohl verstanden: Gut gemeint ist immerhin auch etwas. Aber die Zukunft des politischen Journalismus kann das nicht sein.“ Soll ich weiter machen? Neben einiger weniger positiver oder zumindest anerkennender Kritik zieht sich dieser Tonfall durch. LeFloid – der, der nicht die Zukunft des politischen Journalismus eingeleitet hat? What?


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Dabei schreibt es Ben Chamo doch so schön zum Schluss ihres Kommentars: „Es hatte etwas von einer Bürgerfragestunde.“ Genau. Und nicht mehr sollte es sein. LeFloid hatte in den vergangenen Woche in einem seiner LeNews-Videos unter dem Hashtag #NetzfragtMerkel seine junge Zielgruppe aufgerufen, ihm ihre Fragen mitzuteilen. Aus den meisten Einsendungen hat er offenbar ausgewählt und ist die Fragen losgeworden.

Merkel LeFloid

Dass das Ganze nicht sehr journalistisch war, schon gar nicht kritisch: Absolut. Aber wessen Erwartungen war das? Und wer hat diese Erwartung gestreut? Waren es etwa genau diejenigen, die Mundt nun als geschlachteten Hasen betiteln? Von Mundt selbst kam das sicher nicht, er hat sich erstaunlich souverän zurückgehalten in der vergangenen Woche.

Zudem stellt er immer wieder klar: Er sei kein Journalist, sehe sich nicht als solcher und wolle nicht so bezeichnet werden. Erst Ende April hat er sich im SPIEGEL-Interview dazu geäußert:

SPIEGEL: Sehen Sie sich eigentlich als Journalist?
Mundt: Nein, ich bin Videoblogger und Kommentator.
SPIEGEL: Sie wählen Nachrichten aus und ordnen sie ein. Das ist journalistische Arbeit.
Mundt: Wenn man es darauf herunterbricht, könnte man mich vielleicht Journalist nennen. Ich scheue mich nur davor, weil ich in diesem Beruf keinen Abschluss erzielt habe.
SPIEGEL: Wir haben eher den Eindruck, Sie meiden die Bezeichnung Journalist grundsätzlich.
Mundt: Ich fand es jedenfalls ganz schlimm, als vor einem Jahr jemand geschrieben hat, ich sei der „Anchorman von YouTube“. Ich bin nicht Claus Kleber für Jugendliche. Ich mag das nicht, dieses: „Vor Lampedusa sind 2000 Leute ertrunken, kommen wir zum Sport.“ Ich will die Leute auffordern, mitzumachen, mitzudenken.

Mundt will mit seinen flippigen Videos provozieren, er will Diskussionen haben, dass sich die Zuschauer, viele von ihnen sind zwischen 16 und 24 Jahren jung, mit seinem Thema beschäftigen. Wer seine Formate schaut – und zwar wirklich interessiert und nicht mit der sich im Journalismus so eingeschliffenen Arroganz (wollen wir nochmal über das Thema Journalisten vs. Blogger reden?), der wird genau das feststellen. Da ist kein journalistischer Anreiz dahinter, das ist Unterhaltung mit ein bisschen Information.

Wer von diesem Videoblogger nun erwartet, dass er das schafft, was kein Ulrich Deppendorf in der ARD und keine Bettina Schausten im ZDF schaffen, nämlich Angela Merkel eine halbwegs brauchbare Aussage zu entlocken, der sollte dringend über seine Erwartungshaltung nachdenken. Und wenn es im politischen Journalismus schon so weit ist, dass ein 27-jähriger Youtube-Star „die Zukunft“ eben dessen einleiten soll, dann ist das eher ein Armutszeugnis für die Berliner Kollegen – und nicht für Mundt.

Aber ja, Kritik muss sein, sehe ich ganz genau so. Nur muss man das Interview dann auch richtig einordnen. Es war ein Plausch, eine – eigentlich ist der Begriff sehr treffend – Bürgerfragestunde, nur eben mit einem Youtuber, der am Freitag stellvertretend für die Jugend ins Bundeskanzleramt gefahren ist. Dass Merkel keine Schwierigkeiten haben würde, Mundt zu parieren, ist nun wirklich keine Überraschung.

NetzfragtMerkel

Mehr Respektlosigkeit und mehr LeFloid-Schnauze wäre zwar ganz nett gewesen, dann wäre es ein bisschen kritischer geworden. Aber hier halte ich es mit Gabor Steingart, der ganz richtig schrieb: „Keiner seiner Kritiker hat in so jungen Jahren einem Bundeskanzler auch nur die Hand geschüttelt.“ Wie wären die Kritiker mit 27 und ohne journalistische Erfahrung der mächtigsten Politikerin Europas entgegen getreten? Ich sage ganz offen: Ich hätte es genau so gemacht, vielleicht noch etwas nervöser. Und diese Ehrlichkeit würde vielen Kollegen ganz gut stehen. Aber Draufhauen ist eben so schön einfach.

Streng genommen müsste man die Kritik auf einen einzigen Punkt bündeln: Die Zusage zum Interview. Mundt wusste, das unterstelle ich ihm einfach mal, wofür er eingeladen wurde. Hier ging es darum, einen auf Obama zu machen und die junge Zielgruppe zu erreichen, die eben nicht Tagesschau gucken oder SPIEGEL lesen. Das Ding war geplant als PR, es wurde PR und Mundt hat sich und seine Reichweite instrumentalisieren lassen. Wenn ihm das nicht passen würde, hätte er das Interview niemals führen dürfen. Ganz nebenbei: Das mit dem Auf-Obama-Machen funktioniert bei Merkel einfach nicht, dafür fehlt ihr die Klasse, das merkte man auch gestern wieder.

Wen ich mir an seiner Stelle viel lieber gewünscht hätte: Tilo Jung mit seinem Format Jung & naiv. Er hätte, dafür ist er unverschämt und rotzfrech genug, Merkel die Stirn geboten. Da bin ich mir ziemlich sicher. Und Tilo Jung hat eben den journalistischen Anspruch, an dem man ihn hätte messen können.

Mundt hat den nicht. Und deswegen ist er auch kein geschlachteter Hase. Er verdient Anerkennung, für das, was er erreicht hat – keine herablassende Schelte von Menschen, die es selbst nicht besser können. Oder haben Sie schon mal etwas Informatives aus einem Sommerinterview von ARD und ZDF mitgenommen? Eben.

Meinen Respekt hat er. Immerhin.


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Über den Autor

Tobias Gillen

Tobias Gillen ist Geschäftsführer der BASIC thinking GmbH und damit verantwortlich für BASIC thinking und BASIC thinking International. Seit 2017 leitet er zudem die Medienmarke FINANZENTDECKER.de. Erreichen kann man ihn immer per Social Media.

39 Kommentare

  • „Mundt will mit seinen flippigen Videos provozieren, er will Diskussionen haben, dass sich die Zuschauer, viele von ihnen sind zwischen 16 und 24 Jahren jung, mit seinem Thema beschäftigen. “

    SchnipSchnap – Auszug aus den „flippigen Videos“, mit denen Mundt „provozieren“ und „Diskussionen“ haben will:

    „Gerade wenn man so darüber nachdenkt, wenn solche Sachen ans Tageslicht kommen, wie sehr gehen Ihre Meinungen, die Sie privat darüber haben, was Sie vielleicht als … als, als … als ,ganz normaler Bürger‘, in Anführungsstrichen, wenn Sie nicht diese Position eben innehätten, auseinander mit dem, was Sie sagen müssen, auch in der Öffentlichkeit, und wie Sie auch beispielsweise, äh, die USA verteidigen müssen?“

    Stimmt. Es ist kein Interview. Wird von Mundt aber selbst so bezeichnet! Das bitte mal nicht vergessen, bevor hier das Bashing gegen die Medien losbrettert, die wegen einem Interview, das keins war, auf Mundt losbrettern!

    Ja Tobias, da geht ein 27-jähriger mal eben los und quatscht mit der Kanzlerin. Er hat mal eben so ein paar Millionen Views, hat Zigtausende von Followern, sprich Leute die er schon in gewisser Weise beeinflussen kann. Er verdient Geld mit dieser so zwanglosen, mal eben vor der Kamera losquatschen Tätigkeit. Das, lieber Tobias, sollte dann aber auch eine Rolle spielen. Denn darum wurde LeFloid eingeladen, nicht weil er ein cooler 27-Jähriger ist, der spontan mal die Straße langging.

    Und da, verdammich nochmal, erwarte ich von einem „digital native“ wie Mundt alias LeFloid, dass er die Themen NSA oder Whistleblower (als Beispiel) einfach auch beantwortet wissen will. Du sagst, er sei gegen die Kritik sakrosant, weil er ja „nur der 27-jährige YouTuber“ sei – ich drehe das um und sage: GOTTVERDAMMT nochmal, der Typ ist ein 27-jähriger Onliner, der direkt und unmittelbar am Puls der Zeit hängt, der weniger Respekt und Angst haben muss um seinen Job als Politredakteure von Zeitungen, der direkt die Stimmungen seiner Follower mitbekommt, der nicht jeden Tag ne Zeitung füllen muss, der nicht den Druck der Politik genügen mus zu gefallen. Und dieser so unabhängige, von den klassischen Medien entkoppelte Multiplikator, der davon lebt – vergessen wir das niemals Tobias, der vergeigt das. Der schlottert vor Angst, lässt keine Gelegenheit aus, das CDU-Wahlprogramm nachzuerzählen, schafft es nicht, Fragen zu stellen (siehe Beispiel oben) – er schafft das nicht, womit er sonst sein Geld verdient.

    Denn der launige kleine Youtuber mit der Billig-Cam, der gar keine Ahnung von Meinungsbildung und Fragestellung hat, ist LeFloid NICHT. Da machst Du es Dir, wie so viele seiner Fowllower, zu einfach, Tobias. Da zieht die Kritik an der Kritik nicht…

    • Lieber Andreas, da bin ich andere Meinung.

      Die Kritik zeiht sehr wohl.

      Das was du am Interview kritisierst, würde ich so zu 100% unterschreiben. Das war schlecht.
      Ein Sascha Lobo hätte sich sicherlich nicht so einfach abwimmeln lassen.

      ABER. Das Medienecho ist keine sachliche Kritik oder ein differenzierter Umgang mit dem Video sondern die pure Schadenfreude der „alten“ Medien, vorgetragen in bester Haudrauf-Manier. Für mich spricht da einzig und allein der Neid, auf einen 27-jährigen, der mehr Abonnenten als Spiegel und Welt zusammen hat, obwohl er nicht (oh Wunder!) der Messias des deutschen Journalismus ist.

      Aber in Wahrheit können sie froh sein, dass LeFloid ihnen erstmal wieder eine Rechtfertigung für ihre eigenen Job gegeben hat. Nicht auszumalen, was passiert wäre, wenn er die Kanzlerin auseinander genommen hätte. Die komplette Politjournalie hätte sich ernsthaft fragen müssen, womit ihre Existenz noch zu rechtfertigen ist… 😉

      • Ich zitiere: „Mundt will mit seinen flippigen Videos provozieren, er will Diskussionen haben, dass sich die Zuschauer, viele von ihnen sind zwischen 16 und 24 Jahren jung, mit seinem Thema beschäftigen. “

        Er will Jugendliche und junge Erwachsene animieren sich mit gesellschaftlichen und politischen Themen zu beschäftigen? Nun, dann muß er erstmal selbst sich die Sachkunde beschaffen und an diesem Punkt setzt doch die Kritik an, jede Antwort des Merkel war eine Einladung, sie zu pulverisieren, nur Lefloid nutzte sie nicht, hätte er gewusst was er sie fragte, hätte er die Sachverhalte verinnerlicht gehabt, kurz, wäre er tatsächlich mit den Themen konfrontiert und hätte er sich Sachkundig gemacht, wäre das eine extrem für Merkel unangeneme halbe Stunde gewesen.

        Nein, lefloid ist ein braver, spießiger konservativer unreifer Junge, desinteressiert an Politik, gesellschaftlichen Themen aber mit der Arroganz eines Youtubers der auf billige und alberne Art seine Klicks generiert.

        Sein Ansinnen ist nicht die Diskussion über Politik, oder Gesellschaft, sein Ansinnen ist das hohle pseudointelektuelle Geschwätz des intelligenzlosen Gebildeten.

  • Danke für diesen Beitrag.

    Besser hätte ich es nicht formulieren können.
    Erneut musste man sich für den Ton, den meine Journalisten-Kollegen (ja, ich bin Diplomjournalistin UND kleine YouTuberin) in der Sache angeschlagen haben schämen. Wie schon zuletzt beim Webvideopreis schien den es Kollegen bei der Berichterstattung in erster Linie darum zu gehen, diese „Internet-Kiddies“ zu diskreditieren und sich über sie (in diesem Fall LeFloid) zu stellen.
    Und genau mit dieser arroganten Haltung macht sich das Establishment der „klassischen Medien“ komplett lächerlich. Denn soviel sei gesagt: Objektivität ist eine DER Grundvorraussetzungen für wertvolle journalistische Arbeit. Diese war allerdings in gefühlt 90% der Artikel zum Interview nicht zu finden.

    Wie Sie richtig sagen: Hier hat sich allenfalls die Presse blamiert – nicht aber LeFloid.

    Beste Grüße
    reklamedame

    • och liebe reklamedame..nicht weinen..sonst kommt LeFloyd und töstet sie..und das könnte trostlos werden.
      jemand der permanent so auf die kacke haut und protzt und prahlt, der viel geld mit seinen öden filmchen verdient, den darf man auch daran messen was er erreicht und was nicht. da hätte mancher 17 jährige gymnasiast (mädchen oder junge =egal) bessere fragen gestellt und hätte mutiger argumentiert und nachgehakt als es der 27 jährige LeFloyd gemacht hat. aber er ist jemand der scheinbar einen welpen-bonus bei ihnen besitzt.

  • Danke Tobias Gillen, dass du schreibst, was mir den ganzen Tag beim Lesen meiner Timeline durch den Kopf geht. Was sich die großen Medienhäuser unseres Landes da heute geleistet haben ist an Peinlichkeit und Arroganz nicht mehr zu übertreffen und zeigt gleichzeitig, welche Angst und Unwissenheit in den Redaktionen herrschen muss wenn es um das Thema YouTube geht.

    Wenn ein Magazin wie der Spiegel auf seiner Facebook Seite schreibt „Die meisten SPIEGEL-ONLINE-Redakteure fallen nicht in LeFloids Zielgruppe, hust. Zum Glück haben wir unsere Schülerpraktikantin Jette.“ sieht man, wie weltfremd viele Medienleute zu sein scheinen.

    Ob man LeFloid nun mag oder nicht, er hat eine Reichweite, von der nicht nur so mancher Fernsehmacher träumen dürfte.

    Nur mal so zum Vergleich:

    Abonnenten Spiegel (Printausgabe): 405.693
    Abonnenten LeFloid: 2.649.458

    Äpfel mit Birnen verglichen? Vielleicht. Aber es zeigt dennoch, dass man sich als Redakteur vielleicht mal kurz von seinem hohen Ross steigen und überlegen sollte, ob der junge Mann nicht doch etwas richtig macht…

    • ui..reichweite ist alles..inhalt scheinbar nichts..wow..was für eine tolle neue welt. wir haben eine tolle reichweite..aber keine inhalte..aber die braucht man ja nicht..man hat ja REICHWEITE

  • Wenn er selbst sagt, keinen journalistischen Anspruch zu erheben, wäre es souverän gewesen, das Interview nicht zu führen. Er stuft sich als „Kommentator“ ein und tut im Gespräch genau das Gegenteil. Und natürlich weiß er, dass er der Bundeskanzlerin einen perfekten Propaganda-Kanal für seine Zielgruppe geöffnet hat – oder anders gesagt: Er hat seinem Publikum etwas geliefert, das überhaupt nicht seinen Ansprüchen genügen konnte. Das Interview wurde so zwangsläufig zu einem perfekten Native Advertising – von ihm gewollt oder auch ungewollt spielt keine Rolle. Das ist schade, insbesondere für sein Publikum.

    • Ich finde LeFloid hat mit seinem – ob man es nun Interview bezeichnen möchte oder nicht – etwas erreicht was seit langer Zeit niemandem mehr gelungen ist. Er hat es geschafft eine Diskussion anzustoßen die durch alle Altersgruppen hindurch geht. Ich finde jedoch man sollte die Diskussion weniger darauf lenken wie gut LeFloid seine Rolle gespielt hat, sondern mehr darauf wie sich die Kanzlerin in diesem Versuch die jungen Bürger anzusprechen gegeben hat – zumindest auf mich wirkte sie nämlich sehr desinteressiert dafür dass sie betonte sie hätten begonnen einen Bürgerdialog aufzubauen.
      Wenn dieser Versuch ernst gemeint ist, dann wird nämlich mehr erforderlich sein als eine blöde Website, dann sollten solche „Interviews“ auch nicht mehr stattfinden, sondern tatsächliche Dialoge.

  • LeFloid wurde zum Statisten einer clever eingefädelten Werbeaktion und ließ sich bereitwillig vom Kanzleramt instrumentalisieren. „Existenzangst der etablierten Presse“ sehe ich da nicht. Eher den vollkommenen Verlust jeglicher Medienkompetenz einer ganzen Generation der so genannten „Digital Natives“. Diejenigen die das „toll“ fanden, haben nämlich nicht verstanden, dass sie da im Grunde eine „Dauerwerbesendung“ gesehen haben. Digital Naives trifft es schon eher. Stiege er morgen in das Cockpit eines Airbus 380 und ließe ihn als Nichtpilot gnadenlos abstürzen, wäre die Reaktion wohl auch eher „So ein Depp“ statt „Respekt, dass er sich das getraut hat“.

  • Richtige Journalisten erkennt man halt daran, dass sie der Kanzlerin ein Geburtstagsständchen singen… da muss Herr Mundt noch viel lernen.

  • Ja, man erkennt an der Medienkritik der Journalisten, dass hier oft gekränkte Eitelkeit die notwendige Analyse vernebelt hat. Denn entscheidend ist, dass hier beide Gesprächspartner exakt das Ziel erreicht haben, was sie zuvorderst wollten. LeFloid hat millionenfache Resonanz und die gute PR, der herausragende Repräsentant der Youtube-Generation zu sein. Und die Bundeskanzlerin hat sich viele Sympathiepunkte in dieser Generation abgeholt. Das ist eigentlich offensichtlich, warum sich die beiden darauf so eingelassen haben – so konnten nur gewinnen.

    Und ebenso richtig: Tilo Jung wäre ein ernsthafter journalistischer Maßstab für diese Generation gewesen. Doch dort hätten die Interesse eben weit auseinander gelegen und deshalb wird diese Begegnung auch nicht freiwillig stattfinden.

    Auffällig in dieser und ähnlichen aktuellen Debatten ist jedoch auch der andere ebenso häufig übertrieben Reflex der Schutzpatrone im Netz. Die Youtuber benötigen jedoch keinen Welpenschutz mehr. Im Gegenteil, es wird zur Verbesserung ihrer Qualität nötig sein, dass sie auch mal mit manch harscher Kritik vor den Kopf gestoßen werden. Und dabei auch ihre wohl häufig recht unkritischen Fans.

  • Eine ganz starke Differenzierung der Kritik! Das Tilo Jung zu unbequem ist, beweist er ja eindrucksvoll in jeder BPK. Der fragte übrigens in eben dieser BPK letzte Woche über den Anlass für #netzfragtmerkel nach und die Sprecherin machte wirklich überhaupt keine Anstalten, Reichweiten-Ziele für PR bei Jugendlichen zu Verneinen. Ab dem bekommt natürlich gerade die folgende Passage sein Gewicht, denn ein Tilo Jung hätte wahrscheinlich als erstes gefragt… „Warum bin ich überhaupt hier?“

    „Streng genommen müsste man die Kritik auf einen einzigen Punkt bündeln: Die Zusage zum Interview. Mundt wusste, das unterstelle ich ihm einfach mal, wofür er eingeladen wurde. Hier ging es darum, einen auf Obama zu machen und die junge Zielgruppe zu erreichen, die eben nicht Tagesschau gucken oder SPIEGEL lesen. Das Ding war geplant als PR, es wurde PR und Mundt hat sich und seine Reichweite instrumentalisieren lassen. Wenn ihm das nicht passen würde, hätte er das Interview niemals führen dürfen. Ganz nebenbei: Das mit dem Auf-Obama-Machen funktioniert bei Merkel einfach nicht, dafür fehlt ihr die Klasse, das merkte man auch gestern wieder.

    Wen ich mir an seiner Stelle viel lieber gewünscht hätte: Tilo Jung mit seinem Format Jung & naiv. Er hätte, dafür ist er unverschämt und rotzfrech genug, Merkel die Stirn geboten. Da bin ich mir ziemlich sicher. Und Tilo Jung hat eben den journalistischen Anspruch, an dem man ihn hätte messen können.“

  • Ich fand das Interview auch schwierig anzusehen. Das ganze hatte etwas von KiKa (wie auch schon in der „Zeit“ beschrieben). Sie schnitt ihm jeden dritten Satz ab und hatte einen Tonfall wie einem zehnjährigen gegenüber. Respekt geht anders.
    Aber da sieht man wohl auch, dass sowohl Herr Mundt s o w i e Frau Merkel – die beide meinen größten Respekt haben – noch viel lernen müssen.

  • Ich kann den Herrn gar nicht und habe mir das Interview und seinen Kanal mal angeschaut. Und beides bewirkte einfach nur Fremdscham. Die Wohnung sieht aus wie das Kinderzimmer eines 15-jährigen Pubertären mit dem typischen USA-Fimmel, die Kleidung wie eines 17-Jährigen, und um diese Altersklasse herum würde ich auch einordnen, was er so erzählt. Linke Mainstreammeinung, wie ich sie noch aus Schulhofgesprächen kenne. Dazu noch dieses ununterbrochene, hyperaktive Herumgezappel und Herumgefuchtel beim Reden, einfach grausam. Wär ja alles okay, wenn er halt auch 17 wäre, und nicht bald 30 mit einem Uni-Abschluss. Aber das „Interview“ – Respekt! Hätte Steffen Seibert nicht schöner führen können.

  • Ach, was soll’s. Der Junge kann nichts, außer Faxen machen und 14-Jährige begeistern. Damit hat er seine Nische gefunden, und gut ist es.

    Ihm jetzt dieses unglaublich peinliche Versagen schönzureden, ist nichts anderes als die gewohnte Tendenz der „Netzgemeinde“ zur Selbstvergewisserung.

  • Was hier ein wenig untergeht: Auch „LeFloid“ hat doch total profitiert, denn plötzlich kennen ihn einige (Millionen?) Menschen außerhalb seiner Zielgruppe mehr.

  • Viel wichtiger als die Kritik und die Kritik an der Kritik ist doch letztlich was bei dem Interview rauskam. Ob gewollt oder zufällig, die für die jüngere Zielgruppen relevanten Themen Cannabis und Homoehe wurden klar beantwortet. Klares statement auch Pro TTIP. Ob die Worte der Kanzlerin letztlich der Wahrheit entsprechen, dafür kann man LeFloid nicht verantwortlich machen. Schön wäre an dieser Stelle gewesen, kurz nachzufragen, ob das mit TTIP genauso sicher ist, wie ihre Aussage, das es mit ihr keine PKW Maut geben würde.

    Ich denke nicht, dass dieses Interview Merkel genutzt hat, im Gegenteil: Der von ihr (recht peinlich) erwähnte Google Hangout, die klaren Aussagen gegen Cannabis und Homoehe und Merkels Ausweichen und Geschwurbel dürften bei der Zielgruppe eher dazu führen, eben nicht Merkel und ihre Partei zu wählen. So gesehen hat LeFloid durchaus etwas erreicht.
    Merkel hat eine Chance vertan, etwas gegen die Politikverdrossenheit der Generationen @ und Y zu tun. Mit den immergleichen, weichgespülten und klare Aussagen vermeidenden Satzketten holt man weder Junge noch Alte an die Wahlurnen.

  • „Oder haben Sie schon mal etwas Informatives aus einem Sommerinterview von ARD und ZDF mitgenommen?“

    jupp.
    bettina schaustens 100 euro.

  • Viel bemerkenswerter als die unkritisch-passive Haltung von LeFloid im Interview ist mMn die Rolle der YouTube-Vermarkter. Von LeFloid als berufsmäßigem Kommentator kann man nicht erwarten, dass er direkt in die Rolle als Kanzler-Interviewer hineinfindet. Mit professioneller Unterstützung und Vorbereitung durch Interviewtrainer wäre das Interview aber mit Sicherheit besser abgelaufen. Nicht nur was die fehlenden oder unkritischen Nachfragen anbelangt; auch die naiv-lahmen ‚absoluts‘ hätten reduziert werden können.
    Das Interview war für YouTube und die Vermarkter eine große Chance, sich in älteren Zielgruppen zu positionieren und vom Letsplay-Image wegzukommen. Egal ob Studio71 oder 301+ – die Vermarkter/Netzwerke waren offensichtlich nicht in der Lage, diese Chance zu nutzen.

  • Bullshit…
    Gerade WEIL er kein Journalist ist (so wie er behauptet) hätte er viel frecher auftreten müssen.
    Man hat seine Angst und die Ehrfurcht gegenüber der Autorität Merkel förmlich gerochen,

    80% der Deutschen sind nunmal gegen NSA, TTIP/TISA, Monsanto, Atomenergie, Fracking etc
    Und FÜR erneuerbare Energie, Asyl für Snowden, Legalisierung von Cannabis, gleichgeschlechtliche Ehen, mehr soziale Gerechrichtkeit, und Transparenz, Volksentscheide, mehr Mitbestimmung etc

    Anchorman von YouTube? Sicher nicht…
    Er ist der verlängerte Arm von Friedrich Springer, von Liz Mohn, von Familie Burda, Funke, Schaub….

    Beispiel gefällig?
    http://www.bildblog.de/63096/lefloid-laesst-putins-911-bombe-auf-youtube-hochgehen/

    1 zu 1 nachplappern was die Boulevard schreiben.
    LÄCHERLICH!

    • 80% Zustimmung zu allen diesen Themen? Das kann nur eine FORSA Umfrage, oder aus der Luft gegriffen sein.

      Was den übermäßigen Respekt betrifft: Das sehe ich ähnlich, könnte man aber etwas milder ausdrücken. Da gibt es eine Menge Hauptstadt Journalisten, denen man eher vorwerfen könnte sich „kriecherisch“ zu verhalten. Selbst wenn LeFloid kritisch nachgefragt hätte, was hätte es denn gebracht? Noch mehr Geschwurbel.

      Wie hoch will man die journalistischen Ansprüche denn hängen? Letztendlich ist es ein YouTube Video, basierend auf Fragen aus dem Netz und erstellt von jemandem ohne journalistische Ausbildung. Die ganzen „Absolut“ und „sehr cool“ fand ich auch nicht toll. Das solle man, auch ihne journalistischen Hintergund, schon besser hinbekommen.

  • Auch wenn Tilo Jung für uns, so wie so schon Politik interessierten die bessere Wahl für ein solches Interview gewesen wäre, hat LeFloid eine ganz andere Zielgruppe erreicht.

    In dieser Zielgruppe muss man einfach auch den Vergleich zu Lehrern ziehen, denn die 14-19 Jährigen gehen nunmal zur Schule, interessieren sich irgendwie auch logischerweise nicht für Rente und den ganzen Politikkram, sie haben andere Dinge zu tun, wie z.B. sich finden, den Druck der Eltern aushalten und gute Noten schreiben.
    Gerade der Politikunterricht hängt, wie ich finde, sehr vom Lehrer ab. Die wenigsten Lehrer verstehen es Politik interessant zu gestalten. Und genau das hat LeFloid gemacht. Er hat das Buch gegen ein Video getauscht, die Leser-E-Mail mit Twitter substituiert.
    Wenn jetzt ein cooler Lehrer da draußen ist, wird vielleicht das Video in seinen Unterricht einbauen.
    Klar, LeFloid hätte sich auch da hin setzen können, die langweiligen Fragen stellen und kritisieren können. Ebenso hätten die Medien wohl einen Kampf lieber gehabt, einen Polittalk auf starrer Ebene, den man genau so gut im ZDF um 22 Uhr hätten bringen können. Aber genau darum geht es nicht und das haben Zeit, Spiegel etc. einfach nicht verstanden! Dazu muss man zugeben, dass wenn man sich die Talkrunden zum GREXIT beispielsweise ansieht, heutzutage die wenigsten Moderatoren noch den Horizont haben überhaupt eine Talkrunde zu leiten.

    Ich finde LeFloid hat alles richtig gemacht. Er bringt den Menschen Politik nahe und das ist gut so.

  • Die einfachste, und nicht ganz falsche Erklärung ist Neid. 30 Minuten exklusiv mit der „most powerful woman on the planet“ (Forbes) inklusive umfassender Vorberichterstattung auf allen Kanälen. Das ist sowas wie ein 6er im Journalistenlotto. Aber eben kein Glückstreffer, sondern etwas was man sich verdammt noch mal erarbeitet und mit literweise vergossenen Schweiss auf den Tasten verdient. – so wie jeder langjähriger Lottospieler der Meinung ist, er habe nun mal endlich ein Anrecht auf den Hauptgewinn.

    Langt wohl nich, dass viele Youtuber und Blogger mehr verdienen, mehr Audience haben, in Medien gefeiert werden und sogar auf sowas wie Fans zählen können. Nun übernehmen die sogar die blabla-Sommerinterviews mit Politikern. Einige der wenigen Hochämter, die Journalisten noch haben.

    Viel eindrücklicher kann man Journalisten nicht zeigen, dass sie ein Problem haben.

  • […] neu Erfinden, sondern auf zweit Aritkel/Meinung verweisen die ich so unterschreiben würde: • Kritik der Kritik zum LeFloid-Merkel-Interview: Mehr Arroganz geht nicht • Ja, äh, als ob irgendeiner dieser ganzen austauschbaren Currywurstjournalisten im Lande […]

  • Ich habe den Eindruck, dass Tobias Gillen einen ganz anderen Aspekt des Interviews bewertet als es die Medien getan haben.

    Kurzum:
    Dem Autor geht es um LeFloid, den Medien um das Interview…und damit natürlich indirekt auch um LeFloid.

    Wie man liest, hat LeFloid eine sehr junge Zielgruppe, die sich erfahrungsgemäß (noch) nicht so wahnsinnig für Politik interessiert. Und manchmal ist „ein bißchen“ weniger als „gar nicht“. Ohne Hintergrundwissen lassen sich tagesaktuelle Nachrichten nur sehr schlecht einordnen…dann ist es ein Kinderspiel, diese Leser/Zuschauer hinters Licht zu führen.

    Das heißt:
    Das Interview war für Frau Merkel eine perfekte Gelegenheit, junge und unerfahrene Leute frühstmöglich auf Linie zu bringen…was ich persönlich für nicht unproblematisch halte.

    Dabei spielt es keinerlei Rolle, wie gut oder schlecht LeFloid sich geschlagen hat!

    PS:
    Besagte Kritiker beim DLF, stern und spiegel haben sicherlich keine übertrieben hohe Erwartungen im Vorfeld gestreut…wie auch? Es wurde gar nicht erwähnt. Das war ja nun auch wirklich kein Ereignis eines Formats, dass etablierte Zeitungen großartig ankündigen.