Grün

Digitales Papier: Die Zukunft der Gesellschaft?

geschrieben von Gastautor

Ich versuche seit Jahren, möglichst kein altmodisches Papier mehr benutzen und bin immer wieder überrascht, wie viele Menschen sich an diesem letzten Stück der analogen Datenübertragung und -speicherung festhalten. Quo vadis, digitales Papier?

Die Geschichte des Papiers

Nüchtern betrachtet ist Papier auch nichts anderes als eine Technologie. Wie jede Technologie, wurde sie über die Jahre verbessert und ist zu dem geworden, wie wir sie heute kennen. Angefangen hat das ganze mit Tontafeln, ging weiter mit Papyrus und ist dann in etwa bei dem Papier angekommen, das wir heute nutzen. Denn wie so oft sind die einfachsten Erfindungen oftmals die besten. Papier ist auch heute noch so omnipräsent, dass man sich schwer tut, es aus seinem Alltag wegzudenken, aber auch nur solange, bis man es mal macht.

Ich habe vor Jahren mein „Papierlos-Experiment“ gestartet und habe in der Zeit versucht, für mehrere Monate komplett auf Papier zu verzichten. Dieses Experiment hat damals tatsächlich recht viel Aufmerksamkeit erregt und so hatte ich tatsächlich meine 15 Minuten Ruhm mit Interviews in Printmedien (welch Ironie…), Radio und sogar einer kleinen Reportage im Fernsehen. Leider habe ich es damals nicht geschafft, den Schwung der Aufmerksamkeit mitzunehmen. Vielleicht war ich mit dem Thema auch einfach noch zu früh dran.


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Für Technologien und deren Verbreitung zieht man gerne den Technology Adaption Lifecycle zu rate.

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Ich habe die eigentliche Grafik aus dem Wikipedia-Artikel mal übernommen und ein wenig überarbeitet. Ganz grob besagt sie folgendes: Eine neue Technologie oder eine neue Produktkategorie durchläuft in seinem Lebensprozess mehrere Phasen. Ganz am Anfang steht die Gruppe der “Innovators” und “Early Adopters”, gerade im Bereich von Technik gerne auch Geeks oder Nerds genannt. Der Gedanke ist, dass mit fortschreitender Zeit immer mehr Leute auf den Zug aufspringen – und es am Ende noch ein paar Nachzügler gibt (Laggards). In der Grafik von mir übrigens eingezeichnet: Die Klippe (Chasm), die eine Technologie überspringen muss, damit sie im Mainstream ankommt.

Papier ist als Technologie heute ganz am Ende des Prozesses angekommen, jeder benutzt es. Auch sind keine echten Innovationen mehr zu erwarten.

Digitales Papier: Die Revolution?

Sind Tablets nun die Nachfolger vom Papier? Die Diskussionen, die ich zu diesem Thema führe, sind meistens sehr kontrovers, weil doch viele Menschen eine so tiefe Bindung zu Papier haben, dass sie sogar aggressiv reagieren, wenn ich Ihnen versuche zu erklären, dass wir irgendwann in der Zukunft kein Papier mehr benutzen werden. Diese emotionale Bindung führe ich vor allem darauf zurück, dass wir als Menschen schon von klein auf gewohnt sind, Papier zu benutzen.

Dass es bei dem Thema nicht um eine Revolution geht, ist mir heute auch klar. Die Natur einer Revolution ist, dass sie meist abrupt oder in sehr kurzer Zeit passiert. Ich bin aber der Überzeugung, dass es sich dabei um eine disruptive Technologie bzw. eine disprutive Innovation handelt.

Eine disruptive Technologie ist eine neue neue Entwicklung, die eine bestehende Technologie vom Markt verdrängt. Je älter wir sind, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir das Kommen und Gehen von Technologien miterlebt haben. Denkt doch mal einfach nur daran, wie viele von uns heute Musik hören. Die Chance ist sehr hoch, dass ihr die Musik über das Smartphone hört (wenn man so will ein Nachfolger des MP3-Players). Ich weiß nicht ob ihr euch noch an die ersten MP3-Player erinnert, aber sie waren nicht besonders toll: Mein erster MP3-Player hatte 32MB Speicher und konnte auf 64MB erweitert werden, damals waren die Speicherdisks aber so teuer, dass ich versucht habe, mich mit den 32MB zu arrangieren.

Damals wurde ich von meinen Freunden mit Ihren tragbaren CD-Playern oder Walkmans (Kassette) ausgelacht. Aber die Technologie wurde besser und heute benutzt fast niemand mehr CDs, geschweige denn Kassetten. Wichtig ist bei einer neuen Technologie, dass sie es schafft, die bereits erwähnte Klippe (Chasm) zu überspringen – sonst geht es ihr sowie meinem MiniDisc-Player: Sie verschwindet in der Bedeutungslosigkeit. Es gibt viele weitere solcher Beispiele: Diskette -> CD -> USB-Stick -> Cloud. Oder das Pferd, welches vor 100 Jahren noch ein durchaus übliches Reisemittel war und heute komplett von dem Auto verdrängt wurde.

Die weltweite Nachfrage nach Kraftfahrzeugen wird eine Million nicht überschreiten – allein schon aus Mangel an verfügbaren Chauffeuren.

Das Zitat stammt von Gottlieb Daimler und es ist das, was er über seine eigene Erfindung gesagt hat. Ich will mit den ganzen Beispielen einfach nur zeigen, dass man einer Technologie nicht immer ansieht, wie weitreichend sie das Alltagsleben verändert.

Wie geht es weiter mit dem digitalen Papier?

Wie bereits erwähnt, befasse ich mich nun schon sehr lange und sehr intensiv mit dem Thema und bin heute immer noch so überzeugt wie damals, dass analoges Papier durch digitales Papier ersetzt wird. Und der Grund dafür ist vor allem der: Es ist die bessere Technologie. Aber auch wirtschaftlich macht es Sinn, schließlich ist es einer der wenigen Bereiche unseres Lebens, der noch nicht digitalisiert wurde. Ich denke, die Digitalisierung ist als Prozess nicht mehr wirklich aufzuhalten oder umzudrehen, genau so wenig wie es eine Renaissance des Pferdes geben wird.

In meinen nächsten Blog-Posts auf MeinLeben.Digital werde ich euch zeigen, welche verschiedenen Arten von digitalem Papier es gibt und welches System ich persönlich benutze. Dabei werden wir vor allem Apple, Google, Microsoft und auch Amazon in den Fokus nehmen. Ich bin gespannt, was eure Meinung zu dem Thema ist: Könnt ihr euch eine Zukunft ohne Papier vorstellen? Wenn nein, woran liegt das eurer Meinung nach?

Über den Autor

Gastautor

Hier schreibt von Zeit zu Zeit ein Gastautor auf BASIC thinking. Du hast ein spannendes Thema für uns? Wir freuen uns auf deine E-Mail!

Kommentare

  • Vielen Dank für den tollen Artikel !

    In meiner Abitur-Phase, also vor zwei Jahren, habe ich damit angefangen, Unterrichtsinhalte digital mitzuschreiben. (OneNote) Zunächst war ich der Einzige – einen Monat später allerdings zählte unser 30-köpfige Kurs schon sieben Tablets. Unter anderem natürlich der Welle an günstigen Windows 8 Tablets zu verdanken.
    Glücklicherweise kooperierten viele unserer Lehrer und schickten uns Skripte als PDF, anstelle auf Seiten im Buch zu verweisen oder schlecht kopierte Arbeitsblätter auszuteilen.
    Mittlerweile wohne ich in Berlin und habe eine Ausbildung zum Kaufmann für Marketingkommunikation im Online Marketing begonnen. Prinzipiell eine Ausbildungsrichtung, die, so möchte man meinen, aus Digital Natives und darauf eingestellten Lehrern besteht. In der Berufsschule jedoch, wird zwangsweise auf Bücher,kopierte Arbeitsblätter und Overhead-Folien gesetzt. PDF-Versionen gibt es nicht. Da ich mich mittlerweile an ortsunabhängiges Lernen und Arbeiten gewöhnt habe und daher nicht einsehe, mich von diesen veralteten Informationsträgern abhängig zu machen, setze ich oft auf frei verfügbare Informationsquellen, die von der in der Schule verwendeten Litaratur natürlich geringfügig abweichen können. Bemerkbar macht sich das beispielsweise in Klausuren, die sich strikt an die Litaratur halten. Ich finde es traurig, letztendlich nur dafür bestraft zu werden, am Anfang der Adoptionskurve zu stehen, wenngleich ich damit an meiner alten Schule schon viel weiter war. Was kann ich tun ? 🙂

    Viele Grüße aus Berlin,

    Phil

    • Hallo, Phil!
      Die Antwort auf die letzte Frage ist einfach: Du kannst nichts tun. Dort, wo du deinen Profession siehst, wirst du immer an der Spitze von Entwicklungen stehen. Und – das ergibt sich aus der Sache – immer einer gesellschaftlichen Mehrheit von Bremsern gegenüber stehen. Wenn du so willst, eine (auf ewig) verlängerte Pubertät. Zwei Möglichkeiten: Geh ins Silicon Valley (oder vergleichbare Gegenden), wo die Progressiven die Mehrheit sind (dann wird allerdings der Kontrast noch schärfer, falls du sie einmal verlässt). Oder wechsele den Beruf. Es gibt durchaus Branchen, in denen der Innovationsdruck deutlich geringer ist.

  • Ich denke mal der richtige Durchbruch kommt mit faltbaren Displays die der Habtik nahe an Papier sind. Idealer weise stromlos bei bleibender Anzeige.

    Sven

    P.S. vergesst mir neben twitter und facebook nicht Google plus

  • Das Papier wird solange relevant bleiben, bis es gelingt, wichtige Unterlagen wie Geschäftsunterlagen und Versicherungsverträge uber einen langen Zeitraum digital sicher abrufbar zum machen, unabhängig vom Format und vom Anbieter.Ist das heutige PDF Format in 30 Jahren noch lesbar ? Gibt es die heutigen Cloudanbieter in 30 Jahren noch? Papier verschwindet in einem Ordner und kann dort über lange Zeiten verbleiben, ohne konvertiert werden zu müssen.
    Bei kurzfristig zu verwendenden Dokumenten für einen Zeitraum von bis zu 5 Jahren wie Bedienungsanleitungen und Garantieunterlagen und Rechnungen von Verbrauchsgütern kann das Papier tatsächlich komplett ersetzt werden, so mach ich das schon.
    Und in Bezug auf die Sicherheit im Netz, wen interessiert das schon, wann ich mir eine Kaffeemaschine gekauft habe ?
    Manche Befürchtung wegen der Datensicherheit finde ich etwas paranoid.

  • Wie sieht es mit wissenschaftlichen Erkenntnissen aus, dass das Schreiben auf Papier einen höheren Lerneffekt erzielt, als das schreiben mit einem Stift auf einem Glas-Touchscreen? Ich hätte wenigstens ein Argument pro Papier gewünscht, bei dem es gilt, die neue Technologie noch weiter auszureifen.

    • Hi Dominik, ja die Studien kenne ich auch. Die Studien haben in meinen Augen zumindest einen haken: Sie berücksichtigen nicht das Arbeiten mit einem Stift auf einem Glas-Touchscreen. Und meine Argumentation (auch wenn ich diese noch nicht wissenschaftlich belegen kann) ist, dass sobald man wie mit Stift und Papier digital arbeiten kann es keinen Unterschied mehr macht.

  • […] Für einen Studierenden reicht kein einfacher Laptop aus, nein, es muss schon ein 2-in-1 Gerät sein. Spaß beiseite, die Gründe warum ich mich für ein Surface Pro 4* entschieden habe sind schnell aufgezählt. Die Tabletform, das geringe Gewicht, der flexible Kickstand und dabei mit Windows 10 ein vollwertiger Rechner, machen es für mich zu einem unschlagbaren Laptop. Type Cover abgenommen und es ist ein Tablet, auf welchem ich mit dem Stift und dem digitalen Notizbuch OneNote all meine Vorlesungsmitschriften mache. Ein digitaler Nomade benutzt kein Papier. […]

  • Passt zum Thema – werde mir das Buch auch holen – denn die Evolution ist nicht aufzuhalten.
    Mein Name ist Programme – ich verkaufe Papier

  • Schade,
    wie schon auf microle, wird hier wieder viel zu leichtsinnig mit dem Begriff Papier umgegangen.

    Intensive Beschäftigung damit wäre aber ja auch, für den beinahe fanatischen Aufruf auf Papier zu verzichten, hinderlich.

    Aber viel Spaß ohne Toiletten-PAPIER und Verpackungs-PAPIER. Kaufen wir unsere Technik halt doch wieder im Laden vor Ort, natürlich in Plastik eingepackt! Aber da wir kein Papier mehr haben, müssen wir leider auch auf fast alle PKW und Kraftfahrzeuge verzichten, denn auch da ist mehr Papier drin, als die meisten Leute sich vorstellen können…

    MFG,
    ein trauriger Mitarbeiter aus der sterbenden Papierindustrie…