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Dieses Start-up will den Jetlag bekämpfen – mit Licht

Flughafen
geschrieben von Marinela Potor

Der Jetlag ist ein notwendiges Übel, an das wir uns beim Fliegen gewohnt haben. Genau das will das Start-up jetlite jetzt ändern. Es hat eine Methode entwickelt, mit der Jetlag reduziert werden kann.

Berlin – Tokio. Frankfurt – New York. Egal, ob wir in den Urlaub fliegen, geschäftlich reisen oder im Lotto gewonnen haben und jetzt den Jetset-Lifestyle leben, eins haben all diese Flugstrecken gemeinsam. Sie verursachen Jetlag.

Wenn der Körper nicht so will wie du

Sobald wir Zeitzonen durchfliegen, wird unser Schlafrhythmus gehörig durcheinander gerüttelt. Denn wenn wir in Frankfurt um 09:00 Uhr morgens losfliegen und neun Stunden später in New York landen, ist es für uns gefühlt schon Abend. Am Zielort dagegen ist es gerade mal Mittag. Unser Tag-Nacht-Rhythmus wird durch das schnelle überfliegen von Zeitzonen also aus dem Gleichgewicht gebracht und der Körper hat keine Zeit, sich dem anzupassen.


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Die Symptomatik des Jet-Lag äußert sich durch Schlafstörungen in der Nacht und durch ungewöhnliche Müdigkeit, verminderte Leistungsfähigkeit und Aufmerksamkeit am Tage und durch gastrointestinale und psychosomatische Probleme. Diese Symptomatik kann mehrere Tage oder sogar Wochen anhalten.
Deutsches Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin

Wie stark jemand unter diesen Symptomen leidet, hängt von vielen Faktoren ab:

  • dem Alter (ältere Menschen leiden tendenziell mehr darunter als jüngere)
  • der Flugrichtung (die Umstellung bei Flügen von Ost nach West fällt den meisten leichter)
  • der Anzahl der überflogenen Zeitzonen (je mehr Zeitzonen wir überfliegen, desto heftiger der Jetlag)

Wundermittel Melatonin?

Es gibt seit langem Erkenntnisse darüber, dass das Hormon Melatonin unseren Schlafrhythmus steuert. Sobald es draußen dunkel wird, strömt mehr Melatonin in unseren Körper – und wir werden müde. Das Gegenteil passiert bei Tageslicht: Das helle Licht sorgt für weniger Melatonin im Körper und wir sind wach.

Mittlerweile ist auch bekannt, dass das Licht der Smartphones oder Laptops genau deswegen vor dem Zubettgehen unsere Schlafqualität bedeutend verringert.

Genau dieses Wissen will sich das Start-up jetlite zunutze machen. Die Gründer berufen sich auf wissenschaftliche Erkenntnisse, dass wir mit gezielter Steuerung des Lichts auch unser Melatonin-Level beeinflussen können. Das richtige Licht zur richtigen Zeit, soll also unseren Jetlag mindern. „Wir können mit unserer Technologie dafür sorgen, dass Passagiere die Phasenverschiebung als weniger stark empfinden und letztendlich entspannter und erholter am Ziel ankommen“, sagt jetlite-Geschäftsführer Achim Leder im Gespräch mit Mobility Mag.

Das Team von jetlite (Bild: jetlite)

Es werde Licht … oder auch nicht

Dahinter stecken viele Jahre eigene wissenschaftliche Forschung – und ein spezieller Algorithmus. Mit diesem berechnet jetlite ganz genau, je nach Flugstrecke, welches Licht in welcher Menge und Intensität und in welcher Abfolge ausgestrahlt werden muss, um die Melatonin-Produktion zu steuern und damit sich dadurch der Jetlag so gering wie möglich auswirkt.

Theoretisch gibt es dabei 13 Millionen mögliche Kombinationen von Lichtphasen. Praktisch werden jedoch nur einige wenige pro Flug genutzt.

Gesteuert wird all dies über die Kabinenbeleuchtung. „Aktuell haben die Flugbegleiter ein Tablet, mit dem sie die verschiedenen Lichtphasen – je nach Flug – aktivieren. Ziel ist es jedoch, dieses manuelle Verfahren in Zukunft in den Bordcomputer einzubauen, sobald es die Technik zulässt.“ Denn aktuell sei die Technik am Bordcomputer eines Flugzeugs noch nicht in der Lage, das jetlite-Programm zu steuern.

Lichtphasensteuerung per Tablet (Bild: jetlite)

In diesem Jahr soll auch eine kostenlose App herauskommen, die dieses Anti-Jetlag-Programm ergänzen wird. Damit können Flugreisende dann schon vor der Reise ihren Schlafrhythmus an die Uhrzeit der Destination anpassen. Angedacht ist ebenfalls eine Verknüpfung der App mit einem Lichtwecker, wie zum Beispiel dem Philips Wake-Up Light*, wie Achim Leder verrät.

Gibt’s da keine Pille für?

So manch einer mag sich nun fragen, ob das nicht alles viel zu aufwendig sei. Schließlich können Flugreisende mittlerweile sogar in Deutschland Melatonin-Pillen gegen den Jetlag kaufen. Das scheint wesentlich einfacher als ein Licht-Algorithmus.

„Es gibt unterschiedliche Meinungen darüber, wie effektiv diese Tabletten tatsächlich sind“, sagt Achim Leder. Ganz unabhängig davon aber sei das Melatonin-Level auch sehr individuell. „Wenn zwei Personen mit komplett unterschiedlichen Levels die gleiche Pille nehmen, kann das für den einen wunderbar sein und für den anderen gänzlich kontraproduktiv“, erklärt Leder.

Der Licht-Algorithmus von jetlite hingegen wirkt bei jedem Menschen im gleichen Verhältnis. Wenn es also beispielsweise darum geht, das Melatonin-Level um die Hälfte zu reduzieren, passiert dies über die  Lichtsteuerung bei allen Passagieren gleichermaßen, egal wie hoch oder gering das eigene Level sein mag.

Für Passagiere kostenlos

Die Technologie wird seit Februar 2017 in ersten Airbus-Flugzeugen getestet, im August sollen die ersten Auswertungen dazu erfolgen. jetlite könnte damit in einen sehr interessanten Markt vorstoßen. Denn gerade im Vergleich zu den serviceorientierten asiatischen Airlines, suchen europäische Airlines immer nach neuen Ideen, um sich von der Konkurrenz abzuheben.

Gerade für Fluglinien, die oft von Geschäftsreisenden genutzt werden, wäre ein Weniger-Jetlag-Angebot daher sehr attraktiv, sagt Achim Leder: „Es ist natürlich ein Alleinstellungsmerkmal, wenn eine Airline einen solchen Service bietet“. Für Passagiere soll dieser Service übrigens gratis sein.

Auch für Unternehmen ist die Technologie durchaus spannend. Denn Jetlag vermindert nachweislich die Produktivität von Geschäftsleuten, wie Studien gezeigt haben. Es liegt also durchaus im Interesse von internationalen Konzernen, dass ihre Mitarbeiter nach einem Langstreckenflug über Zeitzonen hinweg, ausgeruht und fit am Ziel ankommen.

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Über den Autor

Marinela Potor

Marinela Potor ist Journalistin mit einer Leidenschaft für alles, was mobil ist. Sie selbst pendelt regelmäßig vorwiegend zwischen Europa, Südamerika und den USA hin und her und berichtet über Mobilitäts- und Technologietrends aus der ganzen Welt.

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