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Sports Analytics: Digitale Revolution oder Datenmüll?

Disney ist bislang nicht für seine Kompetenz im Sport bekannt, sondern für viele erfolgreiche Filme. Jetzt arbeitet Disney an einer Software, die das Coaching für immer verändern könnte.
geschrieben von Philipp Ostsieker

„Daten sind das neue Öl“. Solche Phrasen kennt mittlerweile jeder Marketer. Dennoch stimmt speziell diese Aussage. Aber: Für welche Bereiche im Sportbusiness gelten die schlauen Worte eigentlich?

Grundsätzlich kann das Thema Sports Analytics sowohl für Klubs, TV-Sender, Trainer und Spieler als auch für Fans interessant sein. Es kristallisieren sich besonders drei Bereiche heraus, in denen getestet wird:

  1. Taktik & Scouting
  2. Training & Gesundheit
  3. Fan Engagement

Diese Bereiche sollen hier anhand von Beispielen erläutert werden.

Sports Analytics für Taktik & Scouting

Der digitale Wandel hat es vielen Vereinen ermöglicht, bestehende Grenzen der Datenanalyse in puncto Performance Management und Scouting-Aktivitäten zu durchbrechen. Klubs können sich nicht mehr ausschließlich auf persönliche Beziehungen, Scouting-Erfahrungen oder ihr „gutes Auge für Talente“ verlassen.

Ähnliches gilt für die Themen Taktik und Spielanalyse. Der Stellenwert von „Laptop-Trainern“ wird kontrovers diskutiert. Und viele Fans sehnen sich nach Trainer “alter Schule” anstelle von Taktik-Perfektionisten wie Thomas Tuchel. Aber: Dennoch die Nutzung von Daten hat sich etabliert.

In der 1. und 2. Bundesliga hat die DFL einige Maßnahmen initiiert, um seine Klubs analytisch zu unterstützen. So zeichnet sich die Sportec Solutions GmbH ab dem 1. Juli 2017 verantwortlich für die „Erfassung, Administration und Qualitätssicherung sowie die Auslieferung von offiziellen Spieldaten“. Sportec Solutions hat sich das Ziel gesetzt, Technologieführer und Innovationstreiber im weltweiten Fußball für den Bereich Sporttechnologie und Datenerhebung zu sein.

Über drei Millionen Positionsdaten erfassen Sportdienstleister pro Partie. Dazu kommen 3.000 Tacklings, Dribblings, Torschüsse oder Flanken. Seit 2012 wird ein eigens konzipiertes und standardisiertes Bewegtbildfeed exklusiv zum Zweck der internen Spiel- und Videoanalyse der Profi-Klubs produziert – das „Scoutingfeed“. Das Angebot wird mit Hilfe von Experten und einer eigenen Taktik-Kamera bei allen Wettbewerbsspielen flächendeckend umgesetzt. Alle Klubs haben Zugriff auf sämtliche Scoutingfeeds und nutzen diese für die visuelle Nachbereitung der eigenen Spiele und die Vorbereitung auf den kommenden Gegner sowie zum Scouting.

Sports Analytics für Training & Gesundheit

Christian Weigl, Athletiktrainer bei der TSG Hoffenheim versucht regelmäßig folgende Fragen zu beantworten: „Weicht in dieser Woche was ab von dem, was bei ihm eigentlich normal ist. Ist er vielleicht ein bisschen müde? Hat er vielleicht einen leichten Infekt, dass Herzfrequenzen höher sind, als normal? Dass wir nicht reagieren müssen, wenn er krank ist, sondern wir auch schon früher reagieren können: hey, da bahnt sich vielleicht irgendwo was an. Das ist eigentlich das, was wir uns davon versprechen.“

Der Verein sammelt nicht nur die Leistungsdaten der Spieler, sondern bündelt sie auf einer zentralen Plattform. Das Ziel: Die Daten taktisch für Spiel und Training zu verwenden. Technologie-Giganten wie SAP und Microsoft haben sich als Partner etabliert.

Der FC Southampton beschäftigt mittlerweile eine eigene Abteilung, die sich ausschließlich Sportwissenschaften und -analyse beschäftigt. „The Saints“ haben dabei eine Reihe neuer Technologien und Systeme eingeführt. Erkenntnisse aus der Herzfrequenzmessung, iPad-basierten personalisierten Berichten zur Gefühlslage und Schlafqualität der Spieler, verschiedenen biomechanischen Daten sowie regelmäßigen Blut- und Urinproben.

Sports Analytics für besseres Fan Engagement

Man muss es sich einmal vorstellen: „Die Mannschaft“ steht im WM-Endspiel 2018 und es geht ins Elfmeterschießen. Thomas Müller tritt zum entscheidenden Schuss an, die ganze Welt sieht zu. Die Anspannung in seinem Gesicht zu sehen, ist eine Sache. Aber man stelle sich vor, dass es möglich wäre, seinen Herzschlag, die Geschwindigkeit seines Anlaufs oder seine Schusskraft in Echtzeit messen zu können. Das klingt stark nach einer Partie FIFA 18. Aber es könnte tatsächlich die Zukunft des Fußballs darstellen.

Die Spieler tragen zwar Wearables im Training, im Wettkampf „auf’m Platz“” sind diese allerdings noch nicht erlaubt. Das einzige Wearable, das auf Fußballplätzen zu finden ist, ist ggf. die Uhr des Schiedsrichters, die vibriert, sobald ein Tor gefallen ist.

Im direkten Vergleich mit Sportarten wie Rugby oder American Football ist Fußball in Sachen Wearables zurückgeblieben. Die NFL beispielsweise kündigte schon 2014 an, Spieler zu tracken und die entsprechenden Daten zu Geschwindigkeit, Laufleistung, Anstrengung und Ermüdung direkt an die TV-Sender zu senden.

Damit sich auch für professionelle Fußball-Klubs neue Chancen ergeben, prüft die IFAB (International Football Association Board) den Einsatz von Geräten während der Spiele. Einige Klubs nutzen bereits Tracking-Geräte in Freundschaftsspielen. Damit im Wettbewerb niemand bevorteilt wird, prüft der Weltverband FIFA gemeinsam mit der IFAB nun die Einführung eines verbindlichen Standards.

Sports Analytics: Must-have oder Nice-to-have?

Hinter dem Sammeln von Daten muss ein konkreter Plan stecken. Je nach Anforderungsprofil, müssen aus Daten auch relevante Informationen generiert werden. Damit können Trainings- und Wettkampf-Prozesse optimiert werden. Wer das begreift, hat seinem Wettbewerb gegenüber einen Vorsprung.

Und auch im Hinblick auf die Fans müssen die Verantwortlichen sich fragen: Welche neuen Erkenntnisse sind überhaupt spannend? Bieten granulare Echtzeitdaten einen Mehrwert? Oder sind eigentlich schon Laufleistung und Ballbesitz-Statistiken langweilig?

Es kommt wie so oft darauf an, was Klubs oder Sender daraus machen. Fest steht: Je größer die Datenschätze werden, desto größer wird auch die Herausforderung sein, sinnvolle Maßnahmen daraus abzuleiten.

Über den Autor

Philipp Ostsieker

Philipp Ostsieker ist Medien- und Digitalmanager aus Hamburg. Neben seiner hauptberuflichen Tätigkeit als selbstständiger Digital Content Strategist schreibt Philipp für BASIC thinking die Kolumne „Matchplan“, in der er über den Tellerrand blickt und durch die innovativen Ideen der Sportbranche führt.

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