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Ist dieser Mann Deutschlands Elon Musk?

geschrieben von Marinela Potor

Sorgfältig, überlegt, gründlich – so stellt man sich nicht unbedingt einen Revolutionär vor. Hans Constin würde sich selbst wohl auch nie einen solchen nennen. Er sieht sich eher als Erfinder und Unternehmer. Und doch könnte genau von ihm eine E-Mobilitäts-Revolution ausgehen.

Ein intelligenter, leistungsfähiger und robuster Wechselakku mit standardisierten Schnittstellen. So beschreibt Hans Constins Unternehmen „GreenPack“ sein Produkt. Dahinter stecken Akkus zum Austauschen für Elektrofahrzeuge. Auch das klingt jetzt nicht wirklich sexy. Doch je genauer man auf das Geschäftsmodell schaut, umso deutlicher wird: Genau hier könnte ein großer Wandel für Deutschlands E-Mobilität beginnen.

Denn GreenPack verkauft nicht einfach Akkus, GreenPack plant – vom Produkt bis zum Vertrieb – ein komplettes Ökosystem rund um die Wechselakkus. GreenPack folgt damit dem Marschplan anderer disruptiver Unternehmen.


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Schritt 1: Habe eine clevere Idee

Man stelle sich vor, anstatt seinen Akku an einer Ladestation aufzuladen, tauscht man ihn einfach an einem Automaten gegen einen vollen Akku aus. Getränkeautomat trifft Leergutautomat, quasi. „Wir wollen unsere Wechselakku-Stationen bei Discountern aufstellen“, erklärt Hans Constin das Konzept im Gespräch mit Mobility Mag. „Unsere Vision ist food+energy – dort, wo ich mein Essen kaufe hole ich mir auch die Energie für mein Leichtfahrzeug.“

In diesen Akku-Automaten geben Kunden ihre leeren Akkus ab, und tauschen diese gegen volle Akkus aus. Das Nachladen findet ebenfalls hier statt. Der Strom dazu müsste von Stromanbietern kommen, aber Solarzellen auf den Dächern der Discounter, wie es sie etwa bei Aldi Süd gibt, könnten dies ergänzen. So stellt Hans Constin es sich jedenfalls vor. Diese Akku-Automaten wären somit Lade- und Wechselstation in einem. Nur, dass Kunden nicht mehr Stunden auf das Laden ihrer Akkus warten müssten, sondern einfach mit vollen Akkus direkt weiterfahren können. Die Automaten könnten, je nach Bedarf, 24, 64 oder sogar 128 Fächer halten und so auch große Nachfragen decken.

Schritt 2: Löse ein Problem

Bild: GreenPack

Wenn Nutzer wiederum ihre Akkus problemlos bei Discountern austauschen können, löst GreenPack damit noch ein ganz anderes Dilemma: Man müsste für eine Umstellung auf E-Mobilität nicht unzählige Ladestationen kreuz und quer durch Deutschland aufstellen. Der Zugang wäre unkompliziert und flächendeckend. Es löst auch die politisch schwierige Frage nach dem Platzproblem von Ladestationen in Großstädten. „Anstatt mehr Lebensraum gegen Platz für Autos und Ladestationen tauschen zu müssen, können wir unsere Automaten an die bereits vorhandene Infrastruktur der Discounter anbinden und auf privatem Gelände aufstellen“, sagt Constin. Der erste Schritt dafür ist schon getan. Mit einem Partnerunternehmen aus Dresden soll in drei bis vier Wochen der erste Akku-Wechselautomat Deutschlands gebaut werden. Ein erster Ort für die Automaten steht aktuell noch nicht fest, aber die Lidl-Vorzeigefiliale in der Berliner Innenstadt hat zugesagt, das Konzept testen zu wollen.

Schritt 3: Verdiene damit an jeder Front

Warum auch nicht? Mit dem einfachen Aufstellen der Akku-Dispenser vor ihren Filialen können Discounter nämlich schon Geld verdienen. Im simpelsten Szenario über die Miete. Doch das ist nur der Anfang.

Die Wechselautomaten sollen mit einem Smart-Screen ausgestattet werden, der mit den Smartphones der Kunden kommunizieren kann.

Kommt ein Kunde an die Wechselstation, wird erkannt, welchen GreenPack-Typ er haben möchte. „Das können Botendienste sein, E-Taxis oder E-Bikes, E-Roller und E-Leichtautos oder auch Menschen, die Haushaltsgeräte mit Akkus haben, wie Rasenmäher oder Staubsauger. Im Akkuautomaten sind Akkus, die allgemein zur Verfügung stehen. Wenn aber zum Beispiel ein Autohersteller seinen speziellen GreenPack nur für seine Kunden reservieren möchte, ist das auch möglich“, erklärt Constin.

Constin denkt auch darüber nach, Akkus effizienter zu recyceln. So könnten zum Beispiel Akkus mit 80 Prozent Restkapazität, die bei Fahrzeugen oft per Definition als „aufgebraucht“ gelten, in den Automaten anzubieten. „Wer zum Beispiel sein Elektrofahrzeug nur alle zwei Wochen benutzt, kommt mit solchen Akkus gut aus und würde dafür entsprechend weniger zahlen.“

Das wirklich smarte an dem Konzept ist aber:

In den Akkuautomaten würden nicht nur eigene GreenPack-Akkus sein , sondern auch solche von anderen Anbietern. „Das kann Audi sein, das kann aber auch Lidl oder ein Stromanbieter wie Naturstrom sein, die ihre Akkus für Ihre Kunden dort anbieten“, sagt Hans Constin. Hier zeigt sich der wahre Geniestreich des Modells. GreenPack würde ein System schaffen, an dem eine Vielzahl von Branchen mitverdienen könnten. Vom Werbedisplay bei der Ankunft bis hin zur Auswahl der Akku-Art gibt es zahlreiche Möglichkeiten, um diese Tauschstationen zu monetarisieren.

Schritt 4: Schaffe ein unschlagbares Angebot

Für den Kunden wiederum wäre das Tauschen der Akkus sehr billig. Der genaue Preis würde sich nach dem Kundenprofil richten. Der monatliche Preis für Kunden dürfte aber nicht viel mehr sein als der aktuelle Preis einer Tankladung für einen VW Polo Diesel.

Hinzu kommt auch, dass die Automaten selbst zu Stromspeichern werden. Wird gerade kein Strom zum Laden gebraucht, gibt es die Möglichkeit, den Strom zurück ins Netz zu speisen.

Schritt 5: Erzeuge die Nachfrage

Weil Elektromobilität in Deutschland noch in den Kinderschuhen steckt, vor allem im Bereich der elektrischen Leichtautos, will GreenPack auch noch Ideen dafür liefern. „Bisher fehlen hier Designs, die Nutzer emotional ansprechen“, sagt Constin. Auf der Webseite des Unternehmens findet sich deshalb zum Beispiel eine Konzeptstudie zu einem E-Auto, aber auch Ideen für andere Geräte stellt das Unternehmen zur Verfügung, vom Lastenanhänger bis zum Tuk Tuk.

Ganz vorne mit dabei, das KickTrike, neben zwei Elektrofahrrädern ein hauseigenes Design von Constin. Offiziell ist KickTrike ein eigenes Unternehmen und soll Menschen eine zusätzliche Transportoption geben, vor allem, um schwere Lasten oder Wocheneinkäufe ohne Autos transportieren zu können.

Die erste Idee zum KickTrike hatte Constin 2006. In diesem Jahr sollen erste Modelle nach Europa unter dem Namen „EGO 1“ kommen, die Lizenz dafür hat Constin an ein chinesisches Unternehmen verkauft. Rund 3000 Euro sollen die Fahrzeuge kosten. Constin schwebt vor, das KickTrike in mehreren Ausführungen herzustellen, eine Fahrrad-Version mit einer Höchstgeschwindigkeit von 6 Kilometern pro Stunde, eine schnellere Mofa-Version und vielleicht eine ultraleichte Version für Kinder.

Eigene Autos oder weitere Fahrzeuge will Constin aber nicht bauen. Hier hält er es ähnlich wie mit den Wechselakkus. Er will lieber Ideengeber sein, um sein eigenes Geschäftsmodell voranzutreiben.

Ein Revolutionär „in the making“?

„Das GreenPack-Akkuautomaten-System ist eine neue Infrastruktur zum Speichern von Ökostrom und zur Versorgung von elektrischen Leichtfahrzeugen mit Energie“, sagt Constin. „Wenn in 20 Jahren bei jedem Discounter ein Akkuautomat steht, kann man mit einem leichten Fahrzeug, das 150 km Reichweite hat, ohne lange Ladepausen quer durch Deutschland fahren. Und kosten tut die Infrastruktur den Steuerzahler auch nichts, im Gegenteil verdient der Betreiber damit noch Geld, weil er den Strom, den er auf seinem Dach erzeugt, noch gut verkaufen kann.“

So könnte – Schritt für Schritt – ein geschäftliches Ökosystem rund um die Akkus von Hans Constin und GreenPack entstehen. Ähnlich wie Elon Musk es mit seiner Kombination aus Elektroautos, Batterien und Solardächern vorhat. Ähnlich wie Apple, das um seine Geräte ein eigenes Universum geschaffen hat. Und ähnlich wie Google, bei dem sich die ersten schon fragen, wie sie dem Google-Imperium entkommen können.

Es ist vielleicht ein wenig vermessen (und verfrüht), Hans Constin in die Riege dieser Unternehmen zu setzen. Zumal das Automatensystem sich auf E-Leichtfahrzeuge konzentriert. Doch klar ist auch, nur Unternehmer wie er, die in ganzheitlichen Systemen und nicht in einzelnen Produkten denken, haben Revoluzzer-Potential. Es bleibt aber natürlich abzuwarten, ob und wie die Visionen von Hans Constin und seinen Unternehmen die Elektromobilität in Deutschland verändern werden.

Wo andere bisher scheiterten…

Viel davon wird tatsächlich von der Infrastruktur abhängen und wie attraktiv und vor allem nutzerfreundlich das Wechseln der Akkus durch GreenPack sein wird. Bisher scheiterten vergleichbare Konzepte für Wechselakkus (allerdings für schwergewichtigere E-Fahrzeuge) nämlich an der Akzeptanz von Nutzern und Unternehmen: Zu umständlich und finanziell zu unattraktiv lautete das Urteil.

So hat das US-Unternehmen Better Place die Idee zum flotten Akkuwechsel bereits vor einigen Jahren in den Niederlanden ausprobiert. Allerdings ging das Unternehmen schnell pleite, es fanden sich keine Investoren. Das Konzept war mausetot.

Und kein geringerer als Elon Musk bietet ebenfalls einen Akkutausch für seine Teslamodelle an, wenn auch nur an einer Station zwischen San Francisco und Los Angeles. Nach ersten Tests, in denen die Station kaum genutzt wurde, war jedoch auch seine Schlussfolgerung: Das Modell hat keine Zukunft. Es fehlt einfach das Interesse.

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Über den Autor

Marinela Potor

Marinela Potor ist Journalistin mit einer Leidenschaft für alles, was mobil ist. Sie selbst pendelt regelmäßig vorwiegend zwischen Europa, Südamerika und den USA hin und her und berichtet über Mobilitäts- und Technologietrends aus der ganzen Welt.

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