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Taugen Digital-Abos als Erlösquelle für Fußballklubs?

Digitale Abo-Modelle für Fußballklubs: Das Beispiel eSports
geschrieben von Philipp Ostsieker

Digitale Abonnement-Modelle erleben seit einigen Jahren eine spannende Renaissance. Schnell denken wir natürlich an Netflix oder Amazon Prime. Doch Digital-Abos sind deutlich facettenreicher und vielseitig einsetzbar. Davon könnten auch Fußball-Klubs mit ihren hohen Fan- und Mitgliederzahlen profitieren. Wir schauen uns neun digitale Abo-Varianten am Beispiel eines eSports-Angebots an.

Nehmen wir an, dass ich als Fußball-Manager ein professionelles eSports-Team akquirieren möchte. Der eSport entwickelt sich in Deutschland zu einem Massenphänomen. PwC berichtet z.B.:

  • Jeder dritte junge Erwachsene zwischen 18 und 35 Jahren spielt Wettkampfspiele.
  • Rund 25% beobachten regelmäßig eSports-Wettbewerbe.
  • Die Marktumsätze werden bis 2021 um 300% steigen.

Viele Fußballvereine wie Schalke 04 oder der VfL Wolfsburg haben bereits in eigene eSports-Teams investiert und wahrscheinlich diskutiert derzeit jeder Profiverein ein mögliches Investment.


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Die meisten Klubs bevorzugen es, Sponsoring-Partner für ihr eSports-Team zu akquirieren, bestenfalls mehr Merchandising-Produkte zu verkaufen und generell eine neue, besonders junge Zielgruppe anzuwerben, die sie ohne die Investition wohl nicht würden.

In diesem Beitrag möchte ich diesen „klassischen“ Ansatz erweitern, indem ich untersuche, wie Digital-Abos zu regelmäßigen Einnahmequellen im eSports-Investment führen können. Laut John Warrillow, Autor von The Automatic Customer, „kann jede Art von Unternehmen davon profitieren, das Abonnement-Geschäftsmodell in Form einer wiederkehrenden Einnahmequelle zu nutzen.“

Wie können Digital-Abos zu regelmäßigen Erlösströmen für Fußball-Klubs führen? Und wie könnte dies konkret im Rahmen eines Investments in ein eigenes eSports-Team funktionieren?

1) Das „Membership Website“-Modell

Dieses Modell ist ideal für Experten in einem bestimmten Bereich. Natürlich ist mein Verein nicht der einzige Experte in Sachen Fußball. Aber abgesehen davon kann ich einzigartige Klub-Inhalte anbieten, die nicht in anderen kostenlosen oder kostenpflichtigen TV-Formaten enthalten sind.

  1. Ich könnte analysieren, ob mein Team an Wettbewerben teilnehmen könnte, für die ich verschiedene TV- oder Streaming-Rechte erwerben könnte. Außerdem könnte ich mir vorstellen, eigene Formate um mein Team zu erstellen (Skilltraining, Home Stories etc.). Außerdem könnte ich mir ein Nebenprojekt vorstellen, indem ich eigene eSports-Events oder -Serien in meinem Stadion veranstalte und eSports-Abos verkaufe. Vielleicht ließe sich auf dieser Basis ein bezahltes Digital-Abo realisieren.
  2. Als professioneller Fußballverein bieten wir bereits ein Mitglieder-Programm an, das verschiedene Arten von Inhalten und Dienstleistungen bereitstellt. Höchstwahrscheinlich könnten zusätzliche Inhalte und Dienste, die rund um mein eSports-Team erstellt wurden, die bestehende Mitgliedschaft verbessern und sogar eine neue Zielgruppe für das Programm anziehen.

In jedem Fall könnte ich meinen Videoinhalt auch innerhalb weiterer Formate wie Podcasts, Artikeln oder Webinaren verwerten. Eine kritische Frage für mich wäre, die richtige Mischung zwischen bezahlten Inhalten und freien Inhalten zu finden, auch hinsichtlich meiner Social-Media-Präsenzen.

2) Das „All-You-Can-Eat Library“-Modell

Selbst wenn ich einige Medieninhalte bereit stelle, wäre diese Art von Modell für meinen Klub wahrscheinlich zu schwierig. Relevante Anbieter wie Amazon Instant Video oder Netflix sind in der Lage, Nutzern Zugang zu einer (fast) unbegrenzten Menge an Musik, Videos oder Filmen zu bieten. Mein Angebot mag umfangreich sein, ist aber weit von diesem Niveau entfernt. Speziell wenn beim Thema eSports eine Plattform wie Twitch weltweit dominiert.

Aber eine Option könnte darin bestehen, qualitativ hochwertige Inhalte um mein Team herum zu produzieren (z. B. Dokumentarfilme, Hinter-den-Kulissen) und sie möglicherweise an einen der genannten Anbieter zu verkaufen. Zum Beispiel wird Netflix in diesem Jahr einen Doku-Reihe mit Juventus Turin veröffentlichen.

3) Das „Network“-Modell

Die Idee ist einfach: Je mehr Leute sich anmelden, desto mehr gewinnt die Mitgliedschaft an Wert. Beste Beispiel: Facebook. Alle meine Mitglieder oder Fans sind wahrscheinlich auf Facebook. Auch wenn ich annehme, über eine große Fangemeinde zu verfügen, bezweifle ich, dass dieser Art von Netzwerk- bzw. Community-Ansatz funktionieren würde, da die potenzielle Anzahl von Nutzern auf mein eigenes Fan-Potenzial beschränkt wäre.

Mein Klub als Produkt würde wahrscheinlich nicht mit  Nutzern geteilt werden, die meinen Klub nicht mögen. Ich biete insgesamt vermutlich eine gute, aber keine herausragende Plattformund es ist nicht die Beste auf dem gesamten Markt der Sportinhalte.

4) Das „Surprise Box“-Modell

Dieser Ansatz boomt seit einigen Jahren dank spannender Beispiele wie den Abonnement-Boxen von Birchbox oder Dollar Shave Club. Ein Teil des Grundes, warum Kunden von dieser Art Produkt so fasziniert sind, ist die Aussicht auf ein Überraschungspaket, das voll von Goodies oder kuratierten Artikeln ist, die speziell auf die Kundeninteressen zugeschnitten sind.

Diese Art von Modell könnte für mich gut funktionieren, weil eSports ein Thema ist, das die Fans leidenschaftlich interessiert und sie anspricht.

Ich verfüge wahrscheinlich schon über ein vielfältiges Netzwerk von Herstellern, die mir Rabatte auf Produkte geben können. Und ich bin in der Lage, mich regelmäßig um die gesamte Logistik im Zusammenhang mit Versandprodukten zu kümmern.

Genauer gesagt könnte eine Abonnement-Box spezielle eSports-Ausrüstung für Spieler, Produkte von Sponsoren, Club-Merchandising oder z.B. Geschenkkarten für meine Shops enthalten.

5) Das „Private Club“-Modell

Dieses Modell spricht das Bedürfnis nach Exklusivität und das Gefühl, privilegiert zu sein, an.

Vorausgesetzt, eSports sind ein sehr beliebtes Thema und ich habe ein umfangreiches eSports-Wissen aufgebaut, könnte ich vielleicht eine Art „Wissensplattform“ entwickeln. In diesem Netzwerk konnte ich meine Erfahrung und mein Insider-Wissen z.B. mit interessierten Sponsoren teilen.

Ich bezweifle, dass ich im Vergleich zu anderen Klubs oder Experten einen exklusiven Wissensvorsprung oder Service aufbauen kann. Außerdem ist es für Fußballvereine immer riskant, sich dezidiert auf privilegierte Zielgruppen zu konzentrieren. Der Ansatz könnte für eine One-Shot-Veranstaltung interessant sein (z.B. inklusive einem Networking mit dem Team), aber meiner Meinung nach nicht für ein langfristiges Digital-Abo.

6) The Front-of-the-Line Subscription Model

Dieses Modell richtet sich an einen Kunden, der bereit ist zu zahlen, um eine schnellere Antwort oder einen vorrangigen Zugang zu meinem Service oder Produkt zu erhalten. Ich kann mir keinen Dienst vorstellen, der so einzigartig ist, dass z.B. meine Fans würden Geld verlieren oder ernste Konsequenzen erleiden, wenn sie warten müssten, bis sie an der Reihe wären.

7) The Simplifier Model

Dieses Modell basiert auf etwas, von dem wir alle mehr haben könnten: Zeit. Wohlhabende Kunden sind oft bereit, für eine Dienstleistung oder ein Produkt einen Preis zu zahlen, der sie von verschiedenen Verantwortlichkeiten befreit.

Ich sehe keine direkte Verbindung zu meiner Kerngeschäftsidee. Aber: Ich könnte das im Rahmen meines Engagements gewonnene eSports-Wissen wahrscheinlich nutzen, um diese Dienste zu identifizieren. Vielleicht könnten viele eSports-Teams eine bestimmte Art von monatlicher technischer Dienstleistung oder Wartung nutzen. Neben meinem eigenen Team könnte ich der Anbieter für diesen Service werden.

8) Das „Consumables“-Modell

Auch dieser Ansatz appelliert an das Bedürfnis nach mehr Zeit. Wie in 7) gesagt, könnte ich sicherlich versuchen, Produkte zu identifizieren, die regelmäßig nachgeliefert werden müssen. Es muss aber wirklich eine stetige Nachfrage nach meinen Produkten geben. Und ich benötige die Fähigkeit, eine spezielle Erfahrung für meine Fans und Kunden zu bieten, die mich von großen Einzelhändlern unterscheidet.

9) Das „Peace of Mind“-Modell

Dieser Ansatz entlastet die Kunden zusätzlich durch den Verkauf einer Versicherungsprämie, die sie bei einem Schaden oder Unfall absichert.

Das Versicherungsthema ist interessant, da die meisten eSportler sehr jung sind und besonders erfolgreiche Spieler viel Zeit in ihre Profession investieren müssen, während die Schule, die Universität oder der Job eine geringere Priorität einnehmen. Wie aus dem klassischen Sport bekannt, besteht eine große Nachfrage, die Spieler auf die Karriere nach der Karriere vorzubereiten. Es gibt bekanntermaßen spezielle Versicherungsanbieter für Sportler. Warum also nicht anfangen, ein Versicherungsmodell für eSportler einzurichten?

Digital-Abos als ernsthafte Alternative für Fußball-Klubs?

Ich denke, ja. Die Refinanzierung eines eSports-Investments mittels eines Digital-Abos mag nicht nahe liegen. Das ist auch nicht der entscheidende Punkt.

Ich finde es generell extrem relevant, wie Klubs künftig mit dem Thema Fan-Loyalität/Abos/Mitgliedschaften umgehen. Das Hauptargument ist derzeit immer noch A. die emotionale Bindung an den jeweiligen Klub. Bei den großen Klubs ist vielleicht noch B. die bessere Chance auf Tickets im Rahmen einer Mitgliedschaft relevant. Zuletzt ist natürlich C. sportlicher Erfolg immer noch ein großer Hebel.

Was aus meiner Sicht fast immer fehlt, ist D. ein wirklich gutes Angebot & spannende Mehrwerte! Hier könnten spannende Digital-Abos im positiven Sinne „rein grätschen. Speziell, wenn einige Klubs die Gruppe an „treuen Fans“ erschlossen haben, ist das Thema Emotionalität auf Dauer eben nicht mehr extrem relevant. Sportlicher Erfolg ist die wichtigste Stellschraube, aber nicht zwangsläufig von Dauer. Gerade deshalb ist es wichtig, ein hochwertiges Angebot zu haben, das theoretisch immer funktionieren kann, egal ob in Liga 1, 2 oder 3.

Über den Autor

Philipp Ostsieker

Philipp Ostsieker ist Medien- und Digitalmanager aus Hamburg. Neben seiner hauptberuflichen Tätigkeit als selbstständiger Digital Content Strategist schreibt Philipp für BASIC thinking die Kolumne „Matchplan“, in der er über den Tellerrand blickt und durch die innovativen Ideen der Sportbranche führt.