Im Elektroauto in den Urlaub fahren – auch wenn das Auto nur 200 Kilometer Reichweite hat? Diese persönliche Herausforderung nahm Kurt Krautgartner an und fuhr von Österreich nach Marokko in 19 Tagen durch sieben Länder über 5.600 Kilometer. Warum? Nur um zu zeigen, dass es geht!
Kurt Krautgartner liebt Herausforderungen. So fand er die Idee, mit seinem Hyundai Ioniq Elektro, von Österreich nach Marokko zu fahren auch nicht abschreckend, sondern spannend. Wir haben mit ihm über Rumpelkammern als Ladestationen, neugierige Polizisten und seine Rolle als Botschafter für Elektromobilität gesprochen.
Das Experiment
Mobility Mag: Sie sind auf ihrer Reise von Österreich nach Marokko insgesamt 5.600 Kilometer mit einem Elektroauto mit 200 Kilometer Reichweite gefahren. Wieso macht man so etwas?
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Kurt Krautgartner: Gute Frage! Ich fahre seit zwei Jahren Elektroauto und habe immer wieder Berichte gelesen von Leuten, die mit ihren E-Autos in den Urlaub fahren. Das wollte ich auch ausprobieren und dann habe ich gehört, dass es in Marokko die Rive Maroc gibt, eine organisierte Rallye für Elektroautos.
Das hat mich einfach angesprochen. Ich wollte versuchen von Österreich nach Marokko zu fahren, um zu zeigen, dass es geht, beziehungsweise auch, um zu zeigen was nicht geht. Es war sozusagen ein Experiment.
Ein erfolgreiches muss man sagen. Sie sind nicht nur heil in Marokko angekommen, Sie haben die Rive Maroc auch gewonnen…
Ja, das stimmt. Ich muss sagen, dass es wirklich keine großen Probleme gegeben hat. Es hat alles funktioniert. Manchmal habe ich etwas länger warten müssen, bis das Auto wieder geladen war, aber ich bin nie irgendwo stromlos liegen geblieben.
Wie war die Route?
Gefahren bin ich von Österreich über die Schweiz. Dort habe ich einige Pässe mitgenommen. Dann ging es weiter über Frankreich und sclhießlich die spanische Ostküste entlang gen Süden, bis ich nach Gibraltar gekommen bin.
Bei der Rückfahrt habe ich eine kleine Abkürzung genommen mit dem Schiff von Tanger nach Genua und dann von Genua über Italien bis nach Österreich.
Für das Laden war es so, dass es bis Barcelona ausreichend Schnellladestationen gab. Bis dahin war die Fahrt problemlos. Im Süden von Spanien wurde es dann etwas weniger dicht mit den Ladestationen. Da musste ich mir dann anderweitig behelfen. Ich habe zum Beispiel in Hotels oder auf Campingplätzen über Nacht geladen.
In Marokko selbst war dies ja eine speziell für Elektroautos organisierte Tour. Da hat die Organisation zum Glück dafür gesorgt, dass wir Strom bekommen.
Vier Wochen Planung für die Ladestationen
Mussten Sie dafür, außer für die Rallye natürlich, im Voraus sehr genau die Ladepunkte planen?
Die Routenplanung war in der Tat ein relativ aufwändiger Prozess. Ich habe eine Liste mit allen Ladestationen auf der Strecke gemacht. Darin habe ich sicherheitshalber, sozusagen als „Plan B“, auch Ladestationen notiert, die ich vielleicht nicht brauchen würde.
Diese habe ich über Onlineverzeichnisse wie Going Electric gefunden. Ich habe mehrere Verzeichnisse genutzt und diese abgeglichen.
Dann kam hinzu, dass man ja für die verschiedenen Stationen auch verschiedene Ladekarten braucht, um diese freizuschalten. Das muss man wirklich beachten, man kann nämlich nicht einfach mit Kreditkarte bezahlen.
Daher habe ich in Frankreich, Spanien und der Schweiz Ladekarten im Voraus bestellt. Das dauert ja zum Teil mehrere Wochen, bis man diese bekommt. Das sind dann entweder Prepaid-Karten oder Karten, die über die Kreditkarte abgerechnet werden. Ansonsten hat man ohne diese Karten oftmals keine Chance sein Auto zu laden.
Wie lange haben Sie für diese Planung gebraucht und wie viele Ladekarten hatten Sie am Ende insgesamt?
Ich habe etwa vier Wochen vor der Reise mit der Planung begonnen und hatte am Ende elf Karten.
Ist es auf der Reise dann auch vorgekommen, dass Sie eine dieser Ladestationen aus den Verzeichnissen nicht gefunden haben oder dass Sie mal ohne Strom dastanden?
Die Stationen waren schon dort, wo sie verzeichnet waren. Es ist aber ein paar Mal passiert, dass die Ladung beim Schnelllader nicht starten wollte. Es kommt offensichtlich ab und zu vor, dass das Auto und die Ladestation nicht miteinander reden wollen und dann startet die Ladung nicht.
Und was macht man dann?
Dann muss man die langsame Ladung nutzen und dann wartet man eben zwei oder drei Stunden, bis der Akku wieder voll ist.
Zwei bis drei Stunden – da hatten Sie aber offensichtlich viel Geduld mitgebracht. Was haben Sie denn in der Zeit gemacht, während das Auto geladen hat?
Ich bin Kaffee trinken gegangen oder in Spanien bin ich am Strand spazieren gegangen. So lernt man dann auch ein bisschen die Umgebung kennen.
Moment, das Auto haben Sie dann einfach stehen lassen?
Ja, natürlich! Damit muss man rechnen. Das habe ich gewusst, dass das passieren kann und insofern war das kein Drama. Ich hatte deswegen auch sehr viel Zeit für die Reise eingeplant, das war schon in Ordnung.
Manchmal muss man durch Absperrungen fahren
Das ist wirklich alles andere als eine typische Urlaubsreise. Aber das war ja auch der Sinn der Sache, oder?
Ganz genau. Ich wollte nicht irgendwohin fahren, wo es klar ist, dass alles wie am Schnürchen läuft. In Norwegen gibt es zum Beispiel unzählige Ladestationen. Das wäre einfach gewesen, aber einfach ist langweilig.
Die Reise sollte schon eine gewisse Herausforderung sein. Deshalb bin ich auch mit einem „normalen“ Elektroauto gefahren und nicht etwa mit einem Tesla. Denn mit einem Tesla kann man die Strecke Österreich-Spanien in zwei Tagen fahren, das wäre ganz leicht gewesen. Mein Ziel war es aber zu zeigen, dass es auch mit einem leistbaren Elektroauto funktioniert.
Das hat es letztlich auch, selbst wenn Sie zwischendurch einige ungewöhnliche „Ladestationen“ auf Ihrem Weg hatten …
Das stimmt! Einmal war ich zum Beispiel in einer Tiefgarage / Rumpelkammer. Diese war in einem kleinen Familienhotel an der spanischen Küste. Ich hatte mir bewusst ein familiäreres Hotel ausgesucht, weil ich dachte, dass sich die kleinen Hotels einfach mehr um die Gäste bemühen als die großen Ketten.
Denn ich komme ja dort an und sage dann: „Ich möchte jetzt bitte mein Elektroauto über Nacht laden, welche Steckdose kann ich nutzen?“ Das ist ja schon etwas ungewöhnlich. So war es dann auch in diesem Hotel in Spanien. Die Dame an der Rezeption ist mit mir auf die Suche nach einer passenden Steckdose gegangen. Das stellte sich als gar nicht so einfach heraus.
Dann fiel ihr ein, dass sie im Hotel eine Tiefgarage haben, in der ich mein Auto laden konnte. Nur stellte sich heraus, dass diese Tiefgarage nicht mehr als Tiefgarage, sondern eher als Rumpelkammer genutzt wurde. Als ich hinunter gefahren bin, wurde mir auch klar warum.
Die Abfahrt war sehr steil und kurvig und damit war es sehr schwierig überhaupt hineinzukommen. Ich musste letztlich rückwärts hinunterfahren, weil man unten auch nicht wenden konnte. Aber irgendwie hat es doch alles funktioniert.
Ein weiteres ungewöhnliches Ladeerlebnis war auf dem Universitätsgelände von Almería. Diese Ladestation hatte ich im Verzeichnis gefunden, nur habe ich dann bei meiner Ankunft festgestellt, dass die Zufahrtstore gesperrt waren. Es war Sonntag und da war natürlich niemand an der Uni.
Dann bin ich um das Gelände gefahren und so irgendwie zu dem Parkplatz gekommen, an dem die Ladestation sein sollte. Dort habe ich gesehen, dass auch alle Schranken geschlossen waren. Allerdings hatte ich dann das Glück, dass die Absperrung nicht ganz so präzise war, sodass ich zwischen zwei Schranken durchfahren konnte und so zur Ladestation gekommen bin.
Sie waren also verbotenerweise auf einem abgesperrten Universitätsgelände und haben Ihr Auto geladen. Ist da das Sicherheitspersonal nicht auf Sie aufmerksam geworden?
Doch! Nach einer Stunde kam ein Sicherheitsbeamter. Er hat sich dann ganz aber sehr nett mit mir über mein Elektroauto unterhalten.
In einigen Regionen, in denen Sie unterwegs waren, haben Elektroautos ja noch Seltenheitswert. Wie haben die Menschen dort auf Sie reagiert?
Die meisten waren total interessiert, vor allem in Marokko. Die wollten wirklich immer alles wissen. Sie wollten wissen wie die Technologie funktioniert, wie die Reichweite ist und auch den Motorraum sehen.
Einmal bin ich in Marokko von der Polizei angehalten worden. Dann habe ich ihnen versucht zu erklären, dass ich bei einer Rallye mit Elektroautos mitfahre und die Beamten waren sofort sehr interessiert und wollten mehr wissen.
Sehen Sie sich damit ein wenig in einer Botschafterrolle für Elektromobilität?
Auf jeden Fall! Denn wenn die Menschen sehen, dass es geht und dass es funktioniert, dann wird ihnen bewusst, dass es nicht unmöglich ist, ein Elektroauto zu fahren.
Würden Sie eine solche Reise für den Familienurlaub empfehlen?
Sicher nicht! Für eine Urlaubsreise mit der Familie würde ich das nur für kurze Strecken, von 600 bis 800 Kilometer, empfehlen, wo man nur zwei oder dreimal laden muss. Aber so wie ich gefahren bin, das würde ich auch meiner Familie nicht zumuten wollen.
Sie interessieren sich nicht nur privat, sondern auch beruflich für Elektromobilitä – woher kommt dieses Interesse?
Ich beschäftige mich schon sehr lange mit Energieeffizienz, das ist ein Thema, das mir sehr wichtig ist. Darüber hinaus interessiere ich mich sehr für neue Technologien. So bin ich schnell bei der Elektromobilität gelandet, auch weil es mich als neueres Thema gereizt hat.
Denn auch wenn die Elektromobilität noch eine kleine – wenn auch schnell wachsende – Nische ist, finde ich es spannend zu zeigen, dass es neue Ansätze gibt, die Verbesserungen bringen.
Was ist Ihre Schlussfolgerung nach Ihrer Marokko-Reise: Was muss sich bei der Elektromobilität verbessern?
Ein wichtiges Thema wäre aus dieser Erfahrung heraus der leichtere Zugang zu den Ladestationen, denn diese Kartenregelung mit einer anderen Karte für jeden Betreiber ist wirklich eine Katastrophe. Warum kann man hier nicht einfach mit Kreditkarte zahlen?
Auch wird an einigen Stationen überhaupt nicht erklärt, wie man sie benutzen muss. Denn manchmal braucht man zum Aktivieren des Ladevorgangs eine App und das steht nicht immer als Anweisung für Autofahrer dabei. In diesem Bereich ist also noch sehr viel zu tun.
Haben Sie für die Zukunft weitere Reisen im Elektroauto geplant. Geht es als Nächstes vielleicht nach China?
Das wäre natürlich spannend! Die Elektromobilität ist dort ja recht fortgeschritten, wobei es dann wieder fraglich ist, ob die Ladekabel kompatibel sind, aber das wäre eine Herausforderung. Tatsächlich weiß ich es aber noch nicht genau. Ich überlege eher vielleicht nach Südosteuropa zu fahren, nach Bulgarien oder Rumänien. Das könnte sicherlich sehr interessant werden …
Vielen Dank für das Gespräch – wir sind gespannt, wo es bei Ihrer nächsten Reise hingeht!
Also zum jetztigen Zeitpunkt ein absolutes NEIN. 4 Wochen 11 Ladekarten und ein muss an Mobilem Internet um sich jederzeit Apps runterladen zu können. So ein schwachsinn. Komplett uninteressant mit Elektro mehr als nur Einzukaufen. 200 km Reichweite. Ist ja lächerlich .
Das geht auch alles nur wenn man akribisch plant und sich darauf vorbereitet. Ein „Spontanurlaub“ oder einer ohne festgelegte Route, wo man einfach mal die Landschaft ansehen und genießen will ist so nicht drin.
Geschweige denn Campingurlaub mit dem Wohnwagen. (Welches E-auto hat überhaupt eine Anhängerkupplung und darf Hänger ziehen?)
Ich kenne Leute die mit dem Geländewagen & Dachzelt Urlaubstouren durch die Karpaten, Afrika oder quer über die Eurasische Kontinentalplatte unternommen haben. Das ist ein unbeschrebliches Gefühl von Freiheit, nicht auf Abfahrtstermine, Checkins und Checkouts, Animateure und Programme etc. angewiesen zu sein… geht aber nicht wenn man auf Ladesäulen angewiesen ist.
Wenn man mit dem Auto irgendwo in der Pampa liegenbleibt, ist es wesentlich wahrscheinlicher jemanden zu finden der einem einen Kanister Sprit holt (bzw. einen hat) als dass jemand weiß wo die nächste Ladesäule ist und einen dorthin abschleppt. Solange es noch keine tragbare Powerbank fürs E-Auto (Als Analog zum Benzinkanister) gibt ist diese Art des Reisens und des Abenteuers mit einem E-Auto nicht machbar.
Hallo Christoph,
du hast natürlich Recht. E-Auto funktioniert nicht für jegliche Art von Urlaub und auch nicht für jeden Kontext. Zum Beispiel hat Kurt Krautgartner ja auch gesagt, dass er so etwas mit seiner Familie nicht machen würde. Für dich ist die Freiheit in der afrikanischen Wildnis das Abenteuer, für Kurt seine Reise mit dem E-Auto, für andere Menschen 2 Wochen All-Inclusive am Strand. Ein Holländer ist neulich mit einem E-Auto (100 km Reichweite) quer durch Australien (also auch durch die Pampa) gereist und hat durch sein „Ladeproblem“ tolle Menschen kennengelernt. Es kommt, denke ich, auch auf die Persönlichkeit und Beweggründe der Reise an und auch auf den Ort. Man muss Spaß und irgendwo auch die Entschiedenheit haben, so etwas mit dem E-Auto durchzuziehen. Allgemeintauglich ist das sicher nicht, aber vielleicht eine Inspiration für alle ähnlich gesinnten und für den Rest von uns eine schöne Abenteuergeschichte 😉