Wenn Menschen sich über das Internet ihre Häuser, Autos oder Boote teilen – warum dann nicht auch ihre Flugzeuge? Gut gedacht, schnell gegründet: Seit 2015 gibt es dafür die Mitflugzentrale Wingly und das Unternehmen hebt mit seinem Flightsharing-Angebot gerade so richtig ab.
In der Cessna von Barcelona nach Mallorca fliegen? Oder einen privaten Rundflug über das Erzgebirge machen? Wenn ich ganz ehrlich bin, habe ich über solche exklusiven Transportmöglichkeiten nie wirklich nachgedacht. Bis es Wingly gab. Die Online-Plattform für Flightsharing macht nämlich das möglich, was normalerweise den Reichen und Schönen dieser Welt vorbehalten ist: Nach Lust und Laune im Privatjet fliegen.
Das Blablacar der Lüfte
Auf Wingly finden nämlich Piloten und Passagiere nach dem Sharing-Prinzip zusammen. Das Unternehmen bezeichnet sich selbst als „Mitflugzentrale“ und tatsächlich ist der Service vergleichbar zu einer Mitfahrgelegenheit im Netz.
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Man kann entweder als Pilot einen Flug zu einem bestimmten Preis anbieten oder als Passagier nach einem passenden Flug suchen. Das kann entweder ein klassischer Streckenflug von einer Stadt zur nächsten sein.
Es gibt aber auch viele touristische Angebote, die von Rundflügen über Städten über Heißluftballonfahrten bei Sonnenuntergang bis hin zu Verlobungen im Flugzeug reichen.
Wie auch bei einer Mitfahrgelegenheit kann man die Suche nach Datum und Zielort filtern. Nutzer hinterlassen sich ebenfalls gegenseitig Beurteilungen.
Die Bezahlung läuft online ab. Wingly behält mittlerweile, ähnlich wie andere Sharing-Plattformen auch, eine Vermittlungsprovision.
Es gibt ebenfalls neben der üblichen Haftpflichtversicherung bei Privatfliegern ein spezielles Versicherungspaket, das Wingly gemeinsam mit der Allianz und dem Versicherungsmakler SAAM Verspieren speziell für die Plattform für den Notfall entwickelt hat.
Damit erweitet Wingly das Konzept der Shared Mobility nun auch auf Flugzeuge. Seit Juli 2015 gibt es das Angebot, das von Lars Klein aus Weißenthurm bei Koblenz gemeinsam mit Bertrand Joab-Cornu und Emeric de Waziers in Paris startete. Seit 2016 gibt es Wingly auch in Deutschland.
Das Konzept ist so erfolgreich, dass das Start-up in diesem Jahr bei seiner Finanzierungsrunde zwei Millionen Euro einsammeln konnte. Einer der prominentesten Geldgeber ist der ehemalige Vize-Bundeskanzler und Pilot Philip Rösler.
Gefährdet Wingly Arbeitsplätze?
Doch während Wingly sich aktuell zur führenden Plattform im Flightsharing entwickelt, sah es nicht immer so rosig aus für das Start-up. Direkt nach der Gründung in Frankreich, ging die französische Aufsichtsbehörde für zivile Luftfahrt auf die Barrikaden.
Sie befürchtete, dass Wingly vielen Piloten die Arbeitsplätze wegnehmen könnte und erklärte das Geschäftsmodell von Wingly (Passagiere und Pilot teilen sich die Flugkosten) für illegal.
Doch die EU-Kommission sah das anders. Nach der aktuellen Gesetzeslage ist das nicht-kommerzielle Mitfliegen im Privatjet erlaubt, wenn nicht mehr als sechs Personen inklusive Pilot mitfliegen und sich die Passagiere die Kosten teilen, ohne dass der Pilot Gewinne einstreicht.
Gutes Angebot, aber…
Seitdem die Rechtslage also geklärt war, konnte Wingly expandieren. Das Angebot gibt es mittlerweile in vielen europäischen Ländern. Für Mitflieger ist das Flightsharing im Vergleich zum kommerziellen Fliegen eine günstigere und spontanere Möglichkeit, um von einem Ort zum anderen zu kommen.
Privatpiloten wiederum können sich so ihr teures Hobby finanzieren. Hinzu kommt, dass Privatpiloten zwölf Flugstunden und zwölf Starts und Landungen innerhalb von 24 Monaten absolvieren müssen, um ihre Fluglizenz zu behalten. Mit Wingly können sie dies einfacher und kostengünstiger als bisher tun.
Dennoch muss man vor dem Buchen eines Fluges als Passagier einige Details bedenken. So können die Flüge jederzeit wetterbedingt abgesagt werden. Eine zuverlässige Alternative zum Zug oder zum kommerziellen Flieger sind sie also nicht.
Auch sind die Privatjets natürlich sehr viel kleiner als die Jumbojets der kommerziellen Fluglinien. Man sitzt also nicht so geräumig, Bordservice gibt es natürlich auch nicht und das Gepäckgewicht ist stark limitiert. Auch passiert in einem kleinen Flieger das, was man von kleinen Booten vs. Kreuzfahrtschiffen kennt: Es wackelt ganz schön.
Es mag auch nicht jedermanns Sache sein, mit einem Privatpiloten in die Lüfte zu steigen. Zwar verlangt Wingly mindestens 100 Flugstunden von den Piloten, um Streckenflüge anbieten zu können.
Doch natürlich muss man als Nutzer darauf vertrauen, dass der Pilot keinen Mist baut und die Maschine im Vorfeld gründlich checkt. Skeptiker können sich natürlich auch das Flugbuch sowie das Wartungsbuch der Piloten zeigen lassen.
Marktführer Wingly baut Vorsprung aus
Natürlich ist Wingly, wenn auch Marktführer, nicht das einzige Unternehmen, dass Flightsharing anbietet. Weitere bekannte Anbieter sind Flyt.Club und Coavmi.
Auch in den USA gab es bis vor Kurzem einige Anbieter wie Skyuber oder Flytenow. Hier sahen die Richter jedoch die Gesetzeslage anders und entschieden, dass die Privatpiloten auch bei Flügen, in denen sie keine Gewinne machten, eine kommerzielle Fluglizenz brauchen. Die Portale mussten daraufhin ihre Dienste einstellen und versuchen derzeit, über die Gesetzgebung die Rechtslage zu ihrem Gunsten zu ändern.
Für Wingly läuft es dagegen rund. Ende 2017 konnte die Plattform rund 100.000 Mitglieder, durchschnittlich 35.000 vermittelte Flüge pro Jahr und 7.000 registrierte Piloten verzeichnen.