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Unu-Gründer Mathieu Caudal: „Wir stehen noch am Anfang“

Unu Scooter Stadt
Unus Weg ging vom Start-up zur Megamarke in kürzester Zeit (Foto: Unu)
geschrieben von Christian Erxleben

Unu ist ein aufstrebendes deutsches E-Roller-Unternehmen. Doch wodurch zeichnet sich Unu aus? Wie unterscheidet man sich von der Konkurrenz und welche Gemeinsamkeiten gibt es mit Apple? Wir haben bei Unu-Gründer Mathieu Caudal nachgefragt. Ein Interview.

Deutschland ist DIE Autonation. An diesem traditionellen Image wird gerade gehörig von allen Seiten gerüttelt. Vor allem die junge Generation sucht nach flexiblen Alternativen zum Auto. Eine davon sind Elektroroller. Klein, wendig und meist elektrisch erobern die E-Scooter gerade rasant unsere Städte.

Ganz vorne mit dabei ist derzeit Unu aus Berlin. Wir haben mit Mitgründer Mathieu Caudal darüber gesprochen, wie Unu seine Marktposition aufgebaut hat, warum E-Roller so beliebt sind, was und warum Unu seine Roller nicht selbst baut.

Inspiration Asien

Mobility Mag: Mathieu, wann wurde Unu gegründet?

Mathieu Caudal: Im Jahr 2013 habe ich mit Elias Atahi und Pascal Blum Unu gegründet.

Und wie bist du auf die Idee zu Unu gekommen?

Die Idee zu Unu entstand beim Studium in Asien und beruht auf der Erfahrung, wie Roller – und insbesondere Elektroroller – einen ganz neuen Zugang zu den Städten ermöglichten. Das Potential von Großstädten wie Shanghai, Peking und Singapur übte eine große Faszination auf uns aus.

Gleichzeitig fiel aber auf, wie schwierig es für die Menschen ist, dieses Potential auszuschöpfen, da die Mobilität dort sehr eingeschränkt ist. Aus dieser Lücke entstand die Gründungsidee zu Unu.

Wann kam das erste Produkt?

2014 kam schließlich das erste Produkt – der Elektroroller mit portablem Akku – auf den deutschen Markt. Innerhalb von nur zehn Monaten wurde das erste Produkt auf die Straße gebracht. 2015 legten wir unseren Firmensitz von München nach Berlin und konnten unsere Mitarbeiterzahl bereits auf 45 erhöhen und uns als Marktführer im Bereich Elektroroller etablieren.

Seit 2017 expandieren wir auch erfolgreich nach Frankreich und in die Niederlande und arbeiten an weiteren Innovationen im breiten Kontext der Mobilität.

Wie viele Mitarbeiter beschäftigt Unu international?

Wir sind ein sehr internationales Team bestehend aus aktuell knapp 70 Mitarbeitern aus 17 verschiedenen Nationen. Von Südafrika über Brasilien bis in die Mongolei arbeiten bei uns junge und kreative Menschen daran, neue Mobilitätslösungen umzusetzen.

Mit E-Rollern völlig neue Zielgruppe aufgetan

Für die kommenden Jahre wird ein starkes Wachstum für den E-Roller-Markt vorhergesagt. Woran liegt das?

Immer mehr Städte und Regionen belohnen die Anschaffung von Elektrorollern: Steuervergünstigungen und viele weitere Incentives machen den Kauf somit attraktiv – für Privatpersonen als auch für Unternehmen.

Fahrverbote für Dieselfahrzeuge, wie sie aktuell in der Debatte sind, sind hier der nächste Schritt und ein Wachstum des Marktes für Elektromobilität die logische Konsequenz.

Welche Rolle will Unu dabei spielen?

Eine interessante Beobachtung bei uns ist, dass 70 Prozent der aktuellen Unu-Nutzer sich zum ersten Mal einen Roller angeschafft haben. Wir haben es mit unserer Positionierung also geschafft, eine neue Zwei-Drittel-Zielgruppe anzusprechen, die direkt beim elektrischen Fahren einsteigt.

Unu Scooter Profil

Unu konnte mit seinen Scootern eine ganz neue Zielgruppe begeistern (Foto: unu)

Diese Nutzer spielen nicht nur eine wichtige Rolle dabei, den aktuellen Markt von Diesel auf elektrisch umzuwandeln, sie sind Bestandteil eines ganz neuen, eigenen Markts, einer Bewegung.

Wie lautet deine Prognose für Deutschland?

Deutschland ist historisch gesehen nicht der größte Markt für Roller. Die verkauften Einheiten in diesem Segment waren im vergangenen Jahr aber beachtlich hoch.

Wir sind davon überzeugt, dass dieses Wachstum auch weiterhin anhält. Beflügelt von den äußeren Gegebenheiten, einem neuen Bewusstsein bei den Nutzern und jungen, attraktiven Marken wie Unu.

Das attraktivste Produkt auf dem Markt

Ihr seid nicht alleine auf dem deutschen Markt. Mit Govecs, Scuddy, Tante Paula und zahlreichen weiteren Unternehmen gibt es viel Konkurrenz. Wie hebt ihr euch davon ab?

Dass Elektroroller sauber und meist auch schnell sind, ist klar und unterscheidet uns nicht von der Konkurrenz. Wir haben jedoch drei zentrale und klare Vorteile gegenüber unseren Mitbewerbern, die sich aus unserem Geschäftsmodell ergeben.

Das wäre zunächst der Preis. Dieser ist erheblich günstiger als bei vielen Konkurrenten und ergibt sich durch die verkürzte Supply-Chain. Zudem setzen wir ganz klar auf Online-Vertrieb, was im Kontext Mobilität so auch neu ist: eine Testfahrt online buchen, den Scooter online kaufen. Auch nach dem Kauf bleiben wir in der Nutzung kostensparend. Die Ladekosten betragen 80 Cent pro 100 Kiometer.

Das zweite Argument ist die Nutzerfreundlichkeit. Die portable Batterie ist an jeder normalen Steckdose ladbar. Hinzu kommt unser „Ready to Drive“-Modell. Der Roller wird personalisiert für die Tür geliefert – mit bereits montiertem Kennzeichen.

Unu Scooter Akku

Portabler Akku macht das Laden einfach (Foto: Unu)

Und der dritte Grund?

Bei Unu steht Ästhetik im Fokus. Wir sagen selbstbewusst, dass wir die attraktivste Mobilitätsmarke mit dem attraktivsten Produkt auf dem Markt sind.

Zusätzlich zu diesen drei Hauptunterscheidungsmerkmalen arbeiten wir stetig an neuen Innovationen. Elektroroller sind für uns die erste Station auf einem langen Weg.

Bei unserer Vision geht es darum, Menschen zu ermöglichen, das volle Potenzial des urbanen Raumes zu nutzen. Unu steht für innovative und zukunftsweisende Technologie und Design, die zu 100 Prozent elektrisch betrieben wird.

Unu Scooter Frontalansicht

Der stylischste Scooter aller Zeiten? (Foto: Unu)

E-Roller mit Apple-Prinzip

Gibt es aktuell Pläne für Scooter-Sharing?

Wir arbeiten aktuell an der zweiten Produktgeneration, die wir bald launchen. Ziel der neuen Generation ist es, die Fahrzeuge zu vernetzen und sie dadurch für Mobility-as-a-Service Use Cases nutzbar zu machen. Einer dieser Cases wäre öffentliches Sharing, ein anderer wären Business-Fleets, um nur einige Beispiele zu nennen.

Häufig wird an E-Scootern kritisiert, dass der deutsche Strommix aktuell nicht sonderlich umweltfreundlich ist. Sollten wir nicht lieber Fahrrad statt E-Roller fahren?

Roller und Fahrrad bedienen ja sehr verschiedene Use Cases: Für längere Strecken, die man schnell überbrücken möchte, ist das Fahrrad nicht so gut geeignet wie der Roller.

Zur Umweltfreundlichkeit von Elektrofahrzeugen: Wir stehen hier noch am Anfang. Die Grundlage ist mit der Entwicklung elektrischer Fahrzeuge geschaffen. Der Staat und die Nutzer sind nun an der Reihe, beim Strom umzurüsten. Dabei liefert Unu die Grundlage, clean zu fahren. Und clean bedeutet zum einen sauber und zum anderen leise.

Warum lässt Unu den Motor von Bosch entwickeln, anstelle selbst daran zu arbeiten?

Uns liegen vor allem der Nutzer und seine Mobilität am Herzen. Deshalb arbeiten wir immer an den besten Lösungen für unsere Nutzer. Wir fokussieren uns nicht auf Technologie-R&D von Einzelteilen, die es schon auf dem Markt gibt, sondern kombinieren existierende beziehungsweise modifizierte Teile von unseren Partnern zu einem maximal nutzerfreundlichen Produkt.

Das klingt nach dem Prinzip Apple.

Genau! Nur bei Teilen, die es so noch nicht gibt, entwickeln wir intern oder mit unseren Partnern neue Lösungen. Das ist unter anderem ein portables Akku-Konzept.

Bei Apple ist das zum Beispiel die Funktion Touch ID. Screens und Batterien gibt es schon lange, ausgereifte Fingerprint-Sensoren für Handys aber noch nicht.

Welche Vorteile ergeben sich daraus?

Das Prinzip hat mehrere Vorteile für uns: Wir können unsere als Start-up begrenzten Ressourcen (Zeit und Geld) auf das Gesamt-Produktkonzept konzentrieren, statt in die Entwicklung von Teilen, die lange existieren.

Durch Skaleneffekte – Bosch verkauft nicht nur an uns, sondern auch in großen Stückmengen an andere Hersteller – sind die Teile günstiger, wodurch wir das Produkt unseren Kunden auch günstiger anbieten können. Die Frage an uns selbst lautete: Warum sollen wir Zeit und Geld in die Entwicklung von Bremsen und Reifen stecken, wenn andere Firmen das bereits perfektioniert haben?

Unser Partner Bosch entwickelt Motoren schon lange mit sehr hohem Qualitätsgrad. Wir fokussieren uns auf Innovationen, wie beispielsweise die portable Batterie bei unserem ersten Produkt.

Markenbotschafter statt Shops

Unu hält die Roller-Preise auch niedrig, indem es die Roller, wie du ja schon gesagt hast, selbst übers Internet und über sogenannte „Markenpioniere“ verbreitet. Was steckt genau hinter dieser Idee?

Der Ursprung der Idee war, das Fahrzeug so erschwinglich wie möglich zu machen. Wir haben deshalb das klassische Geschäftsmodell auf den Kopf gestellt.

Zwischenhändler und Zwischenwege wurden ausgeschlossen und die Fahrzeuge sollten direkt aus der Fabrik zum Kunden kommen. Das Produkt wurde in der Konsequenz viel günstiger.

Wir hatten in diesem Modell – wie beschrieben – aber keine Händler integriert und konnten im klassischen Sinn nicht so einfach Probefahrten anbieten. Es musste also eine Lösung her. Die gesamte Unu-Experience sollte steuerbar bleiben und zur Marke passen.

Wir wollten deshalb keine beliebigen Shops anheuern, die Probefahrten anbieten, sondern ein attraktives Netzwerk aus Markenbotschaftern erschaffen, die die Marke vertreten und erlebbar machen können. Wir haben uns so agil und skalierbar aufgestellt und bleiben authentisch.

Zum Abschluss noch eine kleine persönliche Frage: Wie kommst du eigentlich zur Arbeit?

Auf meinem Unu-Scooter natürlich! Ich versuche, immer wieder andere Wege zu fahren. In einer so aufregenden Stadt wie Berlin lassen sich täglich neue Dinge entdecken und der Roller ist dafür einfach perfekt.

Vielen Dank für das Gespräch, Mathieu!

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Über den Autor

Christian Erxleben

Christian Erxleben arbeitet als freier Redakteur für BASIC thinking. Von Ende 2017 bis Ende 2021 war er Chefredakteur von BASIC thinking. Zuvor war er als Ressortleiter Social Media und Head of Social Media bei BASIC thinking tätig.