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Preisdiskriminierung? So legen Reiseportale euch herein, ohne dass ihr es merkt

Laptop Internet Preisdiskriminierung
Foto: Pixabay / nattanan23
geschrieben von Marinela Potor

Wie teuer ist ein Flug nach Teneriffa? Was zahlt man für einen Mietwagen in der Toskana? Das kommt auf den Nutzer an! Preisdiskriminierung heißt die weitgehend versteckte Praxis, mit denen Reiseportale im Netz den Nutzern für das gleiche Angebot teilweise komplett unterschiedliche Preise anzeigen – je nach Standort, Gerät, Browser oder Anzahl der Wikipedia-Besuche.

Im Kern bedeutet das: Der Flug nach Teneriffa kostet nicht immer so viel wie der gleiche Flug nach Teneriffa.

Selbst wenn ihr bei Online-Reiseportalen eine Suchanfrage für die gleiche Strecke und das gleiche Datum startet, bekommt jeder Nutzer demnach einen anderen Preis angezeigt. Diese obskure Praxis heißt Preisdiskriminierung und ist in der EU illegal.


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Zum Beispiel darf sich der Preis nicht aufgrund der Nationalität oder des Standortes ändern. So heißt es auf dem Europa-Verbraucherportal der Europäischen Kommission:

Als EU-Bürger/-in darf Ihnen beim Kauf von Waren und Dienstleistungen kein höherer Preis wegen Ihrer Staatsangehörigkeit oder Ihres Wohnsitzes berechnet werden.

Dennoch drehen Online-Reiseportale zum Teil kräftig an den Preisen, ohne dass wir es beim Buchen merken. Doch ist das auch Preisdiskriminierung?

Was ist eigentlich Preisdiskriminierung?

Preisdiskriminierung, auch Preisdifferenzierung genannt, ist die Praxis, bei der unterschiedliche Verbraucher für dasselbe Produkt oder dieselbe Dienstleistung einen anderen Preis bezahlen. Es geht also an dieser Stelle nicht um personalisiertes Marketing, sondern um personalisierte Preise.

Ein verwandtes Konzept ist Preissteuerung. Hierbei werden die Nutzer, bei denen Portale eine höhere Kaufkraft vermuten, durch visuelle Tricks zu einem teureren Preis hingeleitet.

Preisdiskriminierung ist aber nicht immer automatisch illegal – es sei denn es passiert nach unlauteren Kriterien und ohne, dass Nutzer es merken.

Im Grunde ist die Praxis auch keine neue Erfindung, sondern wird in vielen Bereichen schon lange praktiziert.

Dazu gehören zum Beispiel Ermäßigungen bei Preisen für Großkunden, die Waren in großen Mengen kaufen. Rabatte für Käufer mit Kundenkarten sind eine weitere Form der Preisdifferenzierung.

Auch demografische Faktoren wie Alter oder Beschäftigung können zu unterschiedlichen Preisen führen, wenn beispielsweise Studenten, Familien oder Senioren weniger zahlen.

Verbraucher haben mit dieser Art von Preisdifferenzierung in der Regel keine Probleme, da sie erstens transparent ist, bei Mitgliederrabatten potenziell für alle zugänglich und bei demografischen Faktoren fair erscheint. Wenn ich berufstätig bin und deshalb etwas mehr für eine Konzertkarte bezahle als ein Rentner, ist das für die meisten von uns nachvollziehbar.

Anders sieht es aus, wenn Preisdiskriminierung versteckt oder unersichtlich ist und zum Teil auch auf unfairen Faktoren basiert. Genau das ist das Problem mit der Preisdiskriminierung von Nutzern auf Reiseportalen (und natürlich auch auf allen anderen Onlineportalen).

Preisdiskriminierung im Netz hat System

Die Praxis wurde bereits in mehreren Studien und großangelegten Recherchen nachgewiesen, auch immer wieder bei Reiseportalen.

So berichtete das US-Magazin Bizjournal im Jahr 2000 über die gezielte Preisdiskriminierung bei Amazon, die Amazon-Chef Jeff Bezos auch öffentlich zugab.

Das Wall Street Journal fand zwei Jahre später bei eigenen Recherchen die gleiche Strategie auf mehreren Online-Shopping-Portalen sowie Reiseportalen.

Aufgrund dieser Daten hat die Northeastern University 2014 eine großangelegte Studie zu genau diesem Thema durchgeführt. Dabei testeten 300 verschiedene Nutzer die Preispolitik auf verschiedenen Onlineportalen, darunter auch Reiseportalen wie Expedia, Orbitz oder Travelocity. Auch sie konnten dabei sowohl Preisdiskriminierung als auch Preissteuerung nachweisen.

Die Vorgehensweise ist dabei immer die gleiche: Die Portale nutzen Big-Data-Informationen, die sie über Cookies oder Nutzerprofile erhalten, um zu „raten“, welchen Preis ein Nutzer bereit ist zu zahlen.

So gelten zum Beispiel Wikipedia-Leser als gebildete Menschen, meist haben sie einen Hochschulabschluss und damit auch statistisch gesehen meist besser bezahlte Jobs. Folglich, so die Logik, achten sie beim Preis nicht so sehr auf jeden Pfennig. Die Folge: Sie müssen deshalb beim Shoppen im Netz mehr zahlen als andere Nutzer.

Gleiches gilt für Apple-Nutzer oder offenbar auch für Menschen, die in teuren Orten leben. Wer eine Suchanfrage in New York oder Kalifornien startet, kann so durchaus beim gleichen Onlineportal für das gleiche Produkt einen höheren Preis angezeigt bekommen als jemand aus Alabama oder Arkansas.

Preisdiskriminierung oder dynamische Preise?

Viele Onlineportale halten dagegen, dass es bei den unterschiedlichen Preisen nicht um gezielte Diskriminierung gehe. Sie sprechen stattdessen von dynamischen Preisen. Das gilt zum Beispiel dann, wenn Flugtickets an allgemein unbeliebten Flugtagen, wie etwa Dienstag oder Mittwoch, günstiger sind als Tickets für Flüge am Wochenende.

Tatsächlich ist es sehr schwer, mit 100 prozentiger Sicherheit nachzuweisen, ob es sich bei den unterschiedlichen Preisen um dynamisches Pricing, Preissteuerung oder Preisdiskriminierung handelt. Wie ein Big-Data-Report der Obama-Regierung aus dem Jahr 2015 feststellt, werden zum Teil mehrere tausend Datenpunkte von einzelnen Usern analysiert, um zu den individualisierten Preise zu kommen.

Wer kann hier schon nachweisen, woran es genau gelegen hat? War es das Alter, das Geschlecht, der Aufenthaltsortes oder das Gerät? Oder lag der Preisunterschied einfach nur an dem Wochentag oder der Uhrzeit der Suchanfrage?

Das Problem für Nutzer ist dabei, dass sich viele dieser Praktiken gar nicht bewusst sind. Sie nehmen an, dass die Preise im Internet nach den gleichen Kriterien funktionieren wie die Preise in der Offline-Welt. Doch genau das Gegenteil scheint der Fall zu sein.

Anstatt Preise einheitlich zu gestalten und Preisunterschiede transparent zu machen, passiert dies im Netz nach diesen Studien heimlich und verdeckt.

Der Praxistest: Individualisierte Preise kein Mythos

Da all diese Untersuchungen zu Preisdiskriminierungen bei Reiseportalen und Online-Shops in den USA durchgeführt wurden, wollten wir prüfen, ob diese Praxis auch bei deutschen Nutzern zu beobachten ist.

So haben wir in der Redaktion stichprobenartig getestet, ob Reiseportale tatsächlich Preisdiskriminierung betreiben. Natürlich ist dies nur ein kleines Experiment und keine stichhaltige wissenschaftliche Studie.

Dennoch konnten wir selbst in unserem kleinen Rahmen zum Teil sehr große Preisunterschiede feststellen – auch wenn die Gründe dafür nicht so offensichtlich scheinen wie bei den vorher erwähnten Recherchen.

Die Suche

Die Grundlage unseres Tests war ein Hin- und Rückflug für eine Person von Frankfurt (FRA) nach Teneriffa (TFS) für den Zeitraum vom 15. August bis zum 29. August, 2018.

Diese Suchanfrage haben wir mit vier Testpersonen auf vier Reiseportalen durchgeführt: Momondo, Expedia, Booking und Skyscanner.

Wir wollten wissen: Verändert sich der günstigste Preis, je nach Nutzer, Browser oder Gerät?

Um das herauszufinden haben wir folgende Parameter für die Suchanfrage getestet:

  • der vom jeweiligen User am häufigsten genutzte Browser
  • der Inkognito-Modus im gleichen Browser
  • Laptop vs. Smartphone

Die Ergebnisse

Dabei haben wir vor allem zwei Dinge herausgefunden.

  1. Die Unterschiede innerhalb eines Nutzerprofils waren zwischen Inkognito-Modus, Browser und Gerät bei drei Testpersonen minimal. Sie betrugen selten mehr als ein paar Euro. Ausnahme war hier tatsächlich mein eigener Test am Laptop. Im privaten Modus sank mein Preis bei Expedia um beinahe 70 Euro und bei Booking wurde er 30 Euro teurer.
  2. Als wir die niedrigsten Preise untereinander verglichen haben, haben wir festgestellt, dass die Unterschiede deutlicher wurden, auch wenn sie nie größer als 50 Euro waren. Dabei gab es aber auch keine Regelmäßigkeit. Es gab nicht einen Nutzer, einen Browser, einen Modus oder ein Gerät, das stets die günstigsten Preise erhielt.

Die Ergebnisse zeigen daher einerseits, dass es innerhalb eines Nutzerprofils keine großen Preisunterschiede bei den verschiedenen Suchparametern gibt. Andererseits scheinen diese schon zwischen den verschiedenen Testpersonen zu bestehen, auch wenn wir dabei kein System entdecken konnten.

Nicht bestätigen konnte sich unsere Hypothese, dass Apple-Nutzer mehr zahlen.

Macht der Ort einen Unterschied beim Preis?

Unabhängig davon habe ich nochmals von meinem Laptop aus die Suchanfrage auf den vier Portalen mit einem VPN-Server durchgeführt. Als Orte habe ich dafür die USA und Indien gewählt. Darüber hinaus habe ich noch von meinem normalen Browser und ohne VPN einfach nur die Domain gewechselt und statt über die .de-Portale auch über .com gesucht.

Auch hier erhielt ich zum Teil sehr kuriose Ergebnisse. Während die Grundpreise für die Buchungsanfrage aus Denver bei Expedia und Momondo etwa 10 Euro höher waren als bei der deutschen IP-Adresse, war es bei Booking und Skyscanner genau andersherum.

Bei der Suchanfrage aus Indien gab es bei Expedia, Booking und Skyscanner keine Unterschiede zur deutschen IP-Adresse, während die Preise für den Flug bei Momondo günstiger waren.

Am überraschendsten waren aber für mich die Ergebnisse der Suchanfrage über meine deutsche IP-Adresse mit verschiedenen Domains. Während das bei der Anfrage bei Booking, Skyscanner und Momondo überhaupt keinen Unterschied machte, stieg der Preis bei Expedia um 60 Euro.

Noch merkwürdiger: Drei Tage später (und zu späterer Uhrzeit) stieg der Preis nur bei Booking, und zwar um 40 Euro.

Mietwagen haben höchstes Sparpotenzial

Weil ich nach diesen doch recht kuriosen Ergebnissen neugierig war, habe ich auf allen vier Plattformen nochmals mit den gleichen ursprünglichen Parametern zwei weitere Suchanfragen durchgeführt.

Eine für eine Hotelübernachtung in Paris vom 6. September bis zum 9. September und eine zweite für einen Mietwagen vom Flughafen in Florenz vom 1. bis zum 8. November.

Während es bei den Hotels wirklich gar keine Preisunterschiede innerhalb einer Plattform gab, waren die Ergebnisse für die Mietwagen vergleichbar mit denen bei den Flugpreisen.

Hier machte der Inkognito-Modus diesmal beinahe keinen Unterschied beim Preis, dafür aber wieder die Domain. Bei Booking war der Mietwagenpreis über Booking.com etwa fünf Euro günstiger als bei Booking.de., ähnliches zeigte sich bei Skyscanner.

Bei Momondo und Expedia wiederum stieg mein Preis auf Momondo.com um beinahe 30 Euro und bei Expedia.com um über 40 Euro.

Fazit: Es gibt Unterschiede, doch warum, weiß keiner

Unser Mini-Test zeigt zwei Dinge: Reiseportale spielen ganz schön mit den Preisen. Ob dies nun systematische Diskriminierung, dynamisches Pricing oder gar einfach nur Preissteuerung ist, lässt sich schwer sagen.

Dazu könnten zu viele andere Faktoren eine Rolle spielen, die wir gar nicht getestet haben. Auch die Tatsache, dass wir keine Regelmäßigkeiten feststellen konnten, sprechen entweder dafür, dass die Praxis noch in einer Art Beta-Phase ist oder es sich wirklich lediglich um Formen von dynamischen Preisunterschieden handelt.

Macht selbst den Test!

Dennoch können wir danach schließen, dass der gleiche Flug oder der gleiche Mietwagen beim gleichen Reiseportal nicht immer das Gleiche kosten.

Auch wenn es mitunter nur Preisunterschiede unter fünf Euro waren – bei Millionen von Buchungen ist dies für die Reiseportale natürlich dennoch finanziell lukrativ. Egal aus welchen Gründen die Preise letztlich schwanken.

Wenn ihr also eine Reise bucht, wäre daher die Empfehlung: Macht den Selbsttest! So könnt ihr immerhin teilweise verhindern, dass ihr einen künstlich höheren Preis bezahlt.

Je nachdem wie viel Zeit und Mühe ihr in den Suchprozess investieren wollt, könnt ihr Folgendes ausprobieren. Startet zunächst die Suchanfrage in eurem normalen Browser und vergleicht dann die Preise

  • im Inkognito-Modus
  • in einem anderen Browser
  • von einer anderen IP-Adresse (z.B. im Büro oder Café)
  • auf euren Smartphones
  • über einen VPN-Server

Ihr könnt auch generell das Tracking von Third Party Cookies in euren Browsern abstellen. Auch hier ist allerdings nicht ganz sicher, ob dies die Preise senkt oder erhöht.

Fahrt ihr mit anderen in den Urlaub? Dann könnt ihr natürlich auch probieren wie die Preise ausfallen, wenn eine andere Person die Suchanfrage startet.

Das garantiert zwar nicht immer, dass ihr sparen könnt. Immerhin könnt ihr aber so prüfen, ob euch die Reiseportale beim Buchen mit den Preisen austricksen.

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Über den Autor

Marinela Potor

Marinela Potor ist Journalistin mit einer Leidenschaft für alles, was mobil ist. Sie selbst pendelt regelmäßig vorwiegend zwischen Europa, Südamerika und den USA hin und her und berichtet über Mobilitäts- und Technologietrends aus der ganzen Welt.

2 Kommentare

  • Vielen Dank für den guten Artikel.

    Ein wichtiger Aspekt der Preisdiskriminierung, ist leider nicht genauer beleutet worden: Der UserAgent. Also der Browser/Geräte Identifier.

    Durch Modifikation des UserAgents kann man sehr leicht bei Expedia oder Travelocity signifikate Preisunterschiede zeigen – und damit können Konsumenten die Websites zu ihren Gusten austricksen.

    Auch die verweisende Seite (Referrer) wurde leider nicht untersucht. Auch hier gibt es gravierende Preisunterschiede – zum Nachteil von Stammkunden.

    • Hallo Christian,
      es stimmt – es gibt viele viele andere Faktoren, die die individualisierten Preise beeinflussen können. Danke für den Hinweis! Referrer haben wir an dieser Stelle nicht aufgegriffen, da wir direkt von den Reiseportalen aus die Suchanfrage gestartet haben, nicht durch Suchmaschinen oder andere Seiten, aber natürlich hast du Recht, auch dies spielt eine Rolle wie auch vermutlich der UserAgent. Es bleibt am Ende dabei, dass viele Aspekte die Preise beeinflussen können und Nutzer daher noch gründlicher vergleichen müssen.