Es war einmal eine Zeit, in der die großen Staatsbahnen das Schienennetz in Europa ganz allein dominierten. Diese Zeit ist längst vorbei. Auch wenn DB, ÖBB, SBB & Co. es nicht gerne sehen mögen: Die Privatbahnen erobern gerade Europa. Unser österreichischer Eisenbahnblogger Niki Schmölz hat als regelmäßiger Bahnfahrer viele davon getestet und stellt euch hier eine persönliche Auswahl vor.
Die großen Monopole der Staatsbahnen, wie Deutsche Bahn, ÖBB oder SNCF beginnen zu bröckeln. Mit dem prähistorischen Eisenbahnpaket aus dem Jahr 1991 wurde mit der Richtlinie 91/440 der Grundstein für einen freien Marktzugang auf der Schiene in der EU gelegt.
Genauer gesagt geht es in dem Abkommen darum, dass die Schienennetze in der EU für Drittanbieter diskriminierungsfrei zugänglich sind und nicht nur vom Infrastrukturbetreiber befahren werden dürfen.
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Seither haben sich im Güter- sowie im Personenverkehr einige Unternehmen und Marken gebildet, die heute aus der Transportlandschaft gar nicht mehr wegzudenken sind. Ich möchte euch davon einige Privatbahnen vorstellen.
Westbahn: Gut und günstig
Wir starten gleich auf einer der wichtigsten Strecken Österreichs: Wien-Salzburg. Hier fährt seit 2011 die private Westbahn. Gleich zu ihrem Start konnte man einige positive Folgen des Wettbewerbs erkennen. Kaum kündigte die Westbahn an, in ihren Zügen gratis WLAN anzubieten, schon zogen die Österreichischen Bundesbahnen nach und installierten in allen Railjets WLAN.
Auf die Westbahn als preisgünstigere Alternative zur ÖBB hat man auf der Seite der Bundesbahnen mit mehr Sparschiene-Tickets reagiert.
Die Westbahn fährt mittlerweile zweimal pro Stunde zwischen Wien und Salzburg und vernetzt somit einige der größten Städte Österreichs. Dank dieser attraktiven Verbindung ist die private Konkurrenz in Österreich aus dem Mobilitätsangebot auf der Schiene nicht mehr wegzudenken.
Ich selbst fahre auch regelmäßig mit der Westbahn, weil die modernen Zuggarnituren hohen Komfort bieten und weil es die günstigste Art ist, um von Wien nach Linz zu kommen?
RegioJet: Top-Ausstattung und Snacks
In Österreich gibt es seit dem letzten Fahrplanwechsel einen weiteren privaten Player. Der tschechische RegioJet beendete im Dezember 2017 das Monopol von ÖBB und CD auf der Strecke Wien-Prag. Viermal täglich ist der gelbe Zug zwischen der österreichischen und tschechischen Hauptstadt unterwegs.
Mit neu restaurierten und top ausgestatteten ehemaligen Intercity-Wagen der ÖBB bietet der tschechische Anbieter hohen Komfort und Service zu niedrigen Preisen.
RegioJet punktet eben vor allem mit günstigen Snacks an Board und niedrigen Ticketpreisen. Eine Fahrt von Wien nach Prag kostet je nach Komfortklasse zwischen 15 Euro und 29 Euro. Zum Vergleich: Mit den Österreichischen Bundesbahnen kostet sie 66 Euro.
Zwar wurden seit dem Fahrplanwechsel auch bei den ÖBB die Sparschienentickets auf 14 Euro gesenkt, jedoch muss man dafür sehr früh buchen und beim RegioJet kann ich auch zehn Minuten vor Abfahrt noch ein Ticket um 15 Euro bekommen.
Das Unternehmen ist seit 2011 auf Schienen in Tschechien und der Slowakei unterwegs und erhält vom slowakischen Verkehrsministerium Aufträge für inländische Schienenverkehre. RegioJet nimmt in Tschechien und der Slowakei auch regelmäßig an Verkehrsdienstausschreibungen teil.
Italo Treno: Der schnelle Italiener
Die schnellste unter den Privatbahnen ist sicherlich der Italo Treno in Italien?
Italo ist eine Marke der privaten NTV (Nuovo Trasporto Viaggiatori) und ist der einzige private Hochgeschwindigkeitsbetreiber in Europa.
Mit über 30 Zügen hält das Unternehmen etwa 35 % Marktanteil auf Italiens Schienen.
Die italienische Privatbahn hat mittlerweile ein breites Streckennetz und fährt Städte wie Venedig, Rom, Neapel, Florenz, Turin und viele mehr an. Bei Italo setzt man stark auf Komfort und guten Service. Mit sehr gut ausgestatteten Zügen, kurzen Reisezeiten und auch Lounges am Bahnhof will man die Kunden aus den Frecce-Zügen der Staatsbahn und aus dem Flieger in den Zug holen.
Dies gelingt recht erfolgreich: Im Jahr 2017 hatte das Unternehmen einen operativen Gewinn von 155,7 Millionen Euro.
Italo hat sich zudem ein eigenes Vertriebsnetz aufgebaut. Nicht nur online ist man mit dem Ticketshop präsent, auch an den Bahnhöfen findet man neben den Automaten der italienischen Staatsbahn die Ticketautomaten von Italo.
Flixtrain: Der Shootingstar
Zu guter Letzt der aktuelle Shootingstar unter den europäischen Privatbahnen: die Tochtermarke der Flixmobility – der Flixtrain. Was mit der Übernahme von Locomore begonnen hat, wird nun zu einem ernst zu nehmenden Konkurrenten für die Deutsche Bahn.
Das Münchner Start-Up nutzte schon einmal eine Marktliberalisierung und startete mit ihrer Fernbusmarke Flixbus voll durch . Mit mehr als 90 Prozent Marktanteil in Deutschland bietet der grüne Bus über 1.000 Destinationen in Europa an.
Nun ist das Unternehmen auch voll auf Schiene eingestellt. Mittlerweile ist Flixtrain zwischen Köln und Hamburg sowie zwischen Berlin und Stuttgart unterwegs. Flixtrain bietet eine Verbindung pro Tag und Richtung. Aufgrund der starken Nachfrage auf der ehemaligen Locomore-Strecke fährt der grüne Zug zwischen Berlin-Stuttgart bereits zweimal täglich.
Auch weitere Expansionen sind geplant: Man will ab dem Fahrplanwechsel im Dezember 2018 auch von der deutschen Hauptstadt aus nach München und Hamburg fahren. Momentan gibt es bei der Trassenplanung aber noch Probleme.
Flixmobility beklagt, dass es massiv benachteiligt werde und somit die Rentabilität ernstlich gefährdet sei. Aktuell beschäftigt sich die unabhängige Bundesnetzagentur mit diesen Vorwürfen.
Das Konzept von Flixtrain ist angenehmes, einfaches und vor allem günstiges Reisen. Man reduziert sich auf eine einfache Zugausstattung und Tickets gibt’s dafür schon ab neun Euro.
Die Besonderheit bei Flixtrain ist sicherlich die, dass man in Verbindung mit Flixbus, sprich den Fernbussen, ein gut abgestimmtes, deutschlandweites Netz bieten kann. Und genau deshalb ist Flixmobility für die DB auch „gefährlich“.
Die Deutsche Bahn hat mittlerweile auch reagiert – vor allem mit Preissenkungen und einer Ausweitung der Citytickets. Man will sich so vom neuen Mitbewerber abheben. Das ist wieder ein Beispiel dafür, dass der Wettbewerb Preissenkungen mit sich bringt und dies kommt ja vor allem den Kunden und einer Verkehrswende zu Gute.
Kunden profitieren von Privatbahnen in Europa
Wir haben viele Privatbahnen auf Europas Schienen, die durch verschiedene und oft auch sehr gute Angebote in Sachen Komfort sowie Preis Menschen auf die Schiene locken und somit auch aktiv zu einer Verkehrswende beitragen.
Auch für Kunden der Staatsbahnen bringt es vor allem preisliche Vorteile wie die Beispiele oben gezeigt haben.
Die privaten Eisenbahnverkehrsunternehmen leisten einen wichtigen Beitrag für eine moderne sowie leistbare Mobilität und treiben auch Innovationen mit voran. Für die Zukunft Bahn sind alle Unternehmen auf der Schiene wichtig und sollten deshalb auch gleichberechtigt sein.