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Elektromobilität könnte die Hotelbranche nachhaltig verändern – und zwar so

Retrokäfer Hotel
Der Retrokäfer zeigt wie Hotels von E-Mobilität profitieren können. Das Auto soll eine gehobene Kundschaft ansprechen (Bild: Retrokäfer)
geschrieben von Valerie Wagner

Was haben Hotels mit Elektromobilität zu tun? Eine ganze Menge, findet Hotellerieexpertin und E-Commerce Managerin Valerie Wagner. E-Mobilität hält sogar einiges an Revolutionspotenzial für die Branche bereit. Deshalb glaubt Valerie Wagner: Richtig umgesetzt könnte Elektromobilität in Hotels nicht nur besseren Service für Reisende und mehr Gäste bedeuten, sondern auch eine ganz neue Form der Mobilität auf Reisen.

In einer Zeitschrift las ich neulich ein Interview zum Thema E-Mobilität, beziehungsweise über Ladesäulen in Hotels. Ein Hotelier sprach sich dagegen aus und sagte, dass die Reichweite von E-Autos noch zu gering sei, damit sich eine Ladesäule im Hotel tatsächlich lohne.

Vor ein paar Tagen unterhielt ich mich mit einem Hotelier, der mir berichtete, dass er sich vollständig vom Stromnetz unabhängig gemacht habe und eine eigene E-Auto-Flotte für Mitarbeiter und Hotelgäste bereitstelle.


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Das Thema E-Mobilität wird in der Hotelbranche kontrovers diskutiert. Ich bin der Meinung, dass es viele neue Möglichkeiten für Hotels und ihr Marketing eröffnet.

Achtung, Hotels, die E-Autos kommen!

Warum Hotels sich mit Elektromobilität beschäftigen sollten? Ganz einfach: Ladesäulen für Elektroautos oder E-Scooter können für Hotels neue Gästesegmente eröffnen.

Zunächst ein paar Fakten. Laut einer Studie des Bundesministeriums für Wirtschaft und Verkehr zum Reiseverhalten der Deutschen verreisen insgesamt 61 Prozent der Urlauber mit dem Auto. Bei Reisen im Inland sind es sogar 68 Prozent.

Die theoretische Reichweite eines Elektroautos mit einer Akkuladung liegt wiederum, je nach Modell und Fahrweise, zwischen 100 Kilometer und 613 Kilometer – auch wenn, zugegebenermaßen, die meisten Deutschen wohl keinen Tesla Model S 100D fahren.

Dennoch hat sich im Jahr 2017 der Absatz von Elektroautos insgesamt im Vergleich zum Vorjahr um 119,6 Prozent gesteigert. Das ergab eine Umfrage des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes DEHOGA im Februar 2017.

Zusammengefasst bedeutet dies: Es gibt mehr Reisende mit Elektroautos und diese suchen nach Hotels mit Ladestationen. Hotels, die bei der Reiseplanung der Gäste mit E-Autos auf der Karte erscheint, haben demnach einen Wettbewerbsvorteil. Das erscheint auch im Hinblick auf die Customer Journey logisch.

Von der Ladesäule über E-Autos hin zu E-Scooter und E-Bike

Hotels können mit diesem Angebot ihren Service erweitern und zudem die öffentlichen Fördermittel dafür nutzen. Sie erhalten mehr Sichtbarkeit im Internet, da sie auf den Webseiten für Ladestationen erscheinen. Sie können auf der eigenen Webseite damit werben und sich als nachhaltiges Hotel positionieren.

Doch nicht nur Ladestationen für E-Autos sind sinnvoll, auch das Angebot von E-Bikes in Stadt- und Ferienhotels schafft Vorteile. Hotels können dadurch ganz neue Gästekreise für sich gewinnen. So argumentiert zum Beispiel auch Philipp Zimmermann, Mitgründer von Greenstorm. Greenstorm verleiht unter anderem E-Bikes an Hotels und ist damit bisher sehr erfolgreich.

Dabei müssen Hotels jedoch zwischen Feriengästen und Geschäftsreisenden unterscheiden. Ein Geschäftsreisender wird sich für geschäftliche Termine vermutlich weniger auf ein E-Bike setzen. Wohingegen ein Feriengast das E-Bike nutzt, um die Gegend rund um das Hotel zu erkunden. So können auch weniger sportliche Gäste für das Radfahren begeistert werden. E-Scooter wiederum können für Städtereisende eine bequemere Transportmöglichkeit sein als ein Auto.

Mit der richtigen Balance kann so ein spannendes Elektromobilitäts-Angebot geschaffen werden, sowohl für Feriengäste als auch für Geschäftsreisende.

Mobilität wird überall verfügbar, wie Wasser, Strom oder Internet

Hotels sollten ebenfalls bedenken, dass E-Mobilität eine neue gesellschaftliche Dynamik bekommen hat. Der Dieselskandal und die Forschung an vollautonomen Elektrofahrzeugen sind nur zwei der vielen Entwicklungen, die dazu beitragen.

Darüber hinaus wird Mobilität für Nutzer immer weniger an bestimmte Transportmittel gebunden sein und stattdessen unter dem Stichwort „Mobility as a Service“ vermehrt als Dienstleistung gesehen. Das bestätigt auch Mobilitätsjournalist Don Dahlmann in einem Interview mit der Fachzeitschrift „Gastronomie & Hotellerie“. Darin sagt Dahlmann, dass wir in Zukunft nicht mehr intermodal denken, sondern die Mobilität unseren Bedürfnissen anpassen werden.

Was bedeutet das für die Hotellerie? Beispiel Business-Trip. Ein Geschäftsreisender fliegt in die Stadt, in der er zu einem Meeting verabredet ist. Für die Anfahrt zum Hotel nutzt er das Mietangebot des Flughafens oder fährt mit einer On-Demand-Limousine, die es mittlerweile bei Anbietern wie Uber oder Blacklane auch mit Elektroautos gibt.

Um vom Hotel zum nächsten Termin zu kommen, mietet der Geschäftsreisende anschließend das E-Auto des Hotels. Am Abend schaut er sich auf dem E-Bike die Stadt an. Am Abreisetag fährt er mit dem Taxi zum Flughafen.

So ist Mobilität immer und überall in unterschiedlichen Varianten verfügbar. Don Dahlmann prognostiziert ein multimodales Konzept und sagt, dass Mobilität in Zukunft immer und überall verfügbar sein wird. Genauso wie das Internet, Wasser und Strom. Das sollten Hotels schon heute antizipieren und ihren Gästen anbieten.

Wettbewerbsvorteil im ländlichen Raum

Elektromobilität kann durch das Angebot von E-Autos, E-Scootern oder E-Bikes auch Hotels und Gasthäusern im ländlichen Raum einen großen Wettbewerbsvorteil verschaffen.

Ich war zum Beispiel letztes Jahr auf einem Barcamp und zwar sehr weit draußen… An dem kleinen Bahnhof angekommen, musste ich ungefähr eine halbe Stunde auf ein Taxi warten, um zum Hotel zu kommen. So etwas passiert in einer großen Stadt nicht, denn dort gibt es Alternativen wie U-Bahn oder Straßenbahnen.

Landhotels könnten also eine E-Auto-Flotte anbieten, um die Anreise vom Bahnhof zu erleichtern. Damit kann das Serviceangebot erweitert und zusätzlich Umsatz erwirtschaftet werden. Zudem erhöht es die Erreichbarkeit der Hotels und wird auch für Geschäftsreisende attraktiver.

So lassen sich neben neuen Gastsegmenten auch bestehende Segmente wie Tagungsgäste anlocken. Denn das Thema Nachhaltigkeit ist bereits in der Meeting & Event Branche angekommen. Hier ist von „Green Meetings“ die Rede. Mit einer E-Auto-Flotte gewährleisten Hotels in diesem Kontext eine umweltfreundliche An- und Abreise. In Kombination mit Bahntickets ist auch das ein weiterer wichtiger Marketingaspekt für das umsatzstarke Tagungsgeschäft.

Die Branche ist gespalten

In der Hotelbranche gehen die Meinungen der Hotelmanager beim Thema E-Mobilität stark auseinander. Die Gegner der Elektromobilität behaupten, dass für E-Mobility lediglich das Image und das Marketing spricht, die Ladesäulen jedoch kaum genutzt werden. Das liegt ihrer Meinung nach an der fehlenden Reichweite der E-Autos.

Die Befürworter der Elektromobilität in der Hotellerie sprechen dagegen genau das an, was Don Dahlmann schon sagte. Die Mobilität wird sich verändern und die Nachfrage nach Ladestationen, E-Autos, E-Bikes oder E-Scootern wird sich erhöhen. E-Mobilität wird damit zu einem Buchungskriterium werden und ist ein weiteres Argument für Ladestationen und eine E-Auto-Flotte im Hotel.

Zudem hat der Tourismus eine maßgebliche Auswirkung auf die Umwelt. Das Umweltbundesamt schreibt, dass der Tourismus maßgeblich an den Umwelteinflüssen beteiligt ist:

„Tourismus beeinflusst beinahe alle Bereiche der Umwelt. Eine Untersuchung im Auftrag des Umweltbundesamtes kam im Jahr 2002 zu einer qualitativen Abschätzung der Umweltauswirkungen. Während der An- und Abreise kommt es insbesondere zum Verbrauch von Primärenergie, Ausstoß von klimaschädlichen Emissionen, Beeinträchtigung der Atmosphäre sowie zu Lärmemissionen.

Unterkünfte haben insbesondere im Bereich der Flächeninanspruchnahme einen Einfluss auf die Umwelt und Freizeitaktivitäten wirken sich besonders stark auf die Biodiversität aus.“

Die Schattenseiten der Elektromobilität

Doch Elektromobilität hat auch ihre Schattenseiten. Erst letzte Woche machte ein Video von ZDF heute plus auf Facebook die Runde, das darauf hinweist, dass die Gewinnung von Kobalt – ein wichtiger Bestandteil der Akkus, die in E-Autos verbaut werden – unter gefährlichen Bedingungen abgebaut wird. Hauptlieferant für diesen Rohstoff ist die Demokratische Republik Kongo.

Um also mit E-Autos den Klimawandel zu stoppen und die Schadstoffemissionen zu senken, schadet die Herstellung der Akkus zunächst der Umwelt und den Menschen. In der Wirtschaftswoche sagt Hartmut Wiggers, Professor für Chemie und Materialkunde an der Uni Duisburg: „Das Kobalt im Akku muss langfristig durch andere Werkstoffe ersetzt werden, sonst reicht es nicht für Akkus, um den Massenautomarkt zu elektrifizieren.“

Im Gegensatz dazu argumentiert Sven Bauer, Chef des Batterieherstellers BMZ, dass der Kongo durchaus in der Lage wäre, die Arbeitsbedingungen zu regeln. Seiner Meinung nach sei die CO2-Bilanz eines vollelektrischen Kleinwagens, inklusive der Herstellung aller seiner Komponenten schon ab 20.000 Kilometer Fahrleistung besser als die Bilanz des Verbrenners.

Neben Kobalt ist aber auch die Gewinnung von Lithium problematisch. So zeigt das ZDF-Video auch, wie Unternehmen Lithium in der Atacama-Wüste in Chile gewinnen. Dazu pumpen sie das Grundwasser hoch und lagern es in Auffangbecken. Das Wasser verdunstet und zurück bleibt Lithium. Das Ergebnis: Der Grundwasserspiegel sinkt und Flussläufe trocknen aus.

Der Bedarf an den Rohstoffen könnte allerdings gesenkt werden, wenn kleinere Akkus gebaut würden. Diese haben dann eine geringere Reichweite. Doch wenn Mobilität bald so abrufbar ist wie das Internet, Wasser und Strom, dann kommen wir auch mit kleinen Akkus, kurzer Reichweite und in Kombination mit Bus und Bahn an den Zielort.

Die Entwicklung bleibt spannend

Darüber hinaus forschen Wissenschaftler, Unternehmen und  Autobauer sowohl an Alternativen zu den gängigen Lithium-Ionen-Akkus als auch an besseren Recycling-Prozessen und entwickeln ebenfalls Modelle für die Weiternutzung von Akkus, die in E-Autos zwar ausgedient haben, anderweitig aber noch genutzt werden können.

Es passiert momentan also sehr viel in diesem Bereich und das letzte Kapitel der Elektromobilität ist noch lange nicht geschrieben. Die Entwicklung in der E-Mobilität bleibt daher spannend und genau deshalb sollten Hotels sich jetzt schon vorbereiten.

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Über den Autor

Valerie Wagner

Valerie unterstützt Gastgeber:innen im Tourismus bei der Digitalisierung, im E-Commerce und digitaler Kommunikation. Dazu bloggt und podcastet sie über digitales Hotelmanagement.