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Start-up-Check! Die PT Scientists heben ab mit Kurs auf den Mond

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Von Berlin auf den Mond: Dieses Ziel verfolgen die PT Scientists. (Foto: Pixabay.com / Mhy)
geschrieben von Christoph Hausel

In der Serie „Start-up-Check!“ nehmen wir regelmäßig die Geschäftsmodelle von Start-ups unter die Lupe. Wer steckt hinter dem Unternehmen? Was macht das Start-up so besonders und was gibt es zu kritisieren? Heute: PT Scientists.

Start-ups. Das klingt nach Erfindergeist, Zukunftstechnologien, neuen Märkten. Doch in der Realität erweisen sich viele der Neugründungen leider oft als eine Mischung aus einer E-Commerce-Idee, planlosen Gründern und wackeligen Zukunftsaussichten. 

Dabei gibt es sie durchaus: Die Vordenker, die an den großen Problemen tüfteln und Geschäftsmodelle revolutionieren. Diese zu finden und vorzustellen, ist die Aufgabe des Formats Start-up-Check. Heute: PT Scientists aus Berlin.


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Wer steckt hinter PT Scientists?

Rund 70 Mitarbeiter arbeiten in Berlin-Marzahn daran, mit der ersten europäischen Mondlandung in die Menschheitsgeschichte einzugehen. Dabei begann das so spektakulär klingende Projekt 2007 eher nebenbei.

Gründer Robert Böhme war damals noch als IT-Experte für die Bundesregierung gegen Hacker im Einsatz, als er von Googles Ausschreibung „Google Lunar X Prize“ erfuhr.

Das US-Unternehmen hatte ein Preisgeld von 20 Millionen US-Dollar ausgelobt. Erhalten sollte es, wer – privatwirtschaftlich finanziert – eine unbemannte Sonde sicher auf dem Mond landet und dort mit einem Rover 500 Meter zurücklegt.

Gemeinsam mit sechs Freunden machte Böhme sich die Mondmission zum Hobby – das Team Part-Time Scientists war geboren. Mittlerweile hat sich aus den Teilzeit-Wissenschaftlern das aufstrebende New-Space-Unternehmen PT Scientists entwickelt.

Die Berliner befinden sich in der Start-up-Phase (Series A) und haben ihre Vision klar definiert: Sie wollen auf dem Mond landen, ihn weiter erforschen und dabei mitwirken, eine Infrastruktur aufzubauen, um den Mond bewohnbar zu machen.

Was macht PT Scientists?

Der Mond als Lebensraum ist natürlich ein Fernziel – zunächst plant PT Scientists die unbemannte Landung auf dem Mond. Ihre Mission to the moon soll nicht nur die erste deutsch-europäische Mondlandung werden, sondern auch ein weiterer Schritt in Richtung kommerzieller Weltraumnutzung sein.

PT Scientists will nachhaltige und kostengünstige Nutzlast-Transporte anbieten und sich damit als Dienstleister für Raumfahrtbehörden, Industrie und wissenschaftliche Institutionen etablieren.

Geplant ist der erste Weltraumausflug für 2021. Dann soll der autonome Mondlander „Alina“ zwei Rover und rund 100 Kilogramm Nutzlast für die wissenschaftliche Erkundung des Geländes sanft auf dem Mond absetzen.

Die Rover entwickelt PT Scientists gemeinsam mit Audi. Die Ingolstädter sind Technologiepartner und einer der Hauptsponsoren. Der Automobilhersteller unterstützt die Mondmission und hofft auf neue Erkenntnisse in der Materialforschung und bei der Entwicklung elektrisch betriebener selbstfahrender Autos.

Aus der Telekommunikationsbranche kommen weitere Hauptsponsoren. Denn neben Transport-Dienstleistungen ist auch der Aufbau eines lunaren LTE-Netzes geplant.

PT Scientists konnte dafür Vodafone und Nokia gewinnen – mit den beiden TK-Riesen wollen die Berliner ein Internet der Dinge auf dem Mond aufbauen, damit die dort eingesetzten Maschinen miteinander kommunizieren können.

Was als Teilzeit-Projekt begann, ist jetzt schon weit fortgeschritten. Die „Lunar Quattro Rover“ aus Aluminium, Titan, Carbon – und Rädern aus dem 3D-Drucker – wurden bereits erfolgreich durch sandige Hallen im Berliner Osten und auf Teneriffas Vulkankrater Pico del Teide manövriert.

Die Mondfahrzeuge, die schon in Ridleys Scott „Alien: Covenant“ zu sehen waren, fahren mit Sonnenenergie und können in einem Umkreis von vier Kilometern ihre Umgebung erkunden, Aufnahmen in HD aufzeichnen und wissenschaftliche Experimente ausführen.

Die Idee der LTE-Technologie schlug hohe Wellen, sobald das Vorhaben bekannt wurde, kam die Anfrage der NASA. Einmal auf dem Mond installiert möchte auch die US-Raumfahrtbehörde darüber Daten übertragen.

Der erste Start der Alina wird mithilfe einer Falcon-Rakete von Elon Musks Raumfahrtunternehmen Space X realisiert. Spätere Missionen unterstützt dann die Ariane Group. Sie ist der jüngste Kooperationspartner von PT Scientists.

Die Zusammenarbeit mit dem europäischen Schwergewicht der Raumfahrt wird dann auch auf Forschungsebene ausgeweitet.

Im Rahmen der geplanten ISRU-Mission (In-Situ Resource Utiliation) wollen die Partner erkunden, ob und wie aus Mondstaub und lockeren Material (Regolith) Wasser und Sauerstoff gewonnen werden kann.

Das ist ein unerlässliches Unterfangen für das Wirklichwerden des Mondes für den Menschen. Science-Fiction in Progress sozusagen!

Was macht PT Scientists so besonders?

Die internationale Anerkennung, die dem Berliner Raumfahrt-Start-up zuteil wird, spricht für sich. Herausragend ist etwa die Technologie der Rover mit dem Audi-Logo, die mit 3,6 Kilometern pro Stunde über unwegiges Gelände düsen.

Als Vergleich: Der NASA-Mars-Rover Curiosity bewegte sich nur mit 150 Metern pro Stunde vorwärts! Zudem ist die Technik von PT Scientists bereits sehr erprobt, was ihnen einen nicht zu verachtenden Vorsprung vor Mitbewerbern sichert.

Neben dem mit 750.000 US-Dollar dotierten Google X Prize Milestone Award erhielt das Start-up 2016 den Bronze Lion in der Kategorie „Promo & Activation“ bei den Cannes Lions für ihren Werbespot „Mission to the Moon“.

Gibt es Kritikpunkte?

In der Raumfahrt-Branche mag PT Scientists ein noch sehr junges Unternehmen sein. Daher ist es nicht verwunderlich, dass die erste Mondfahrt noch in der Zukunft liegt – Ausflüge in den Weltraum benötigen eben sehr viel Planungs- und Entwicklungszeit.

Am Gelingen der Mission hängt aber die gesamte Vision, kostengünstige Weltraumtransporte anzubieten und eine lunare Infrastruktur aufzubauen. Die Ziele, die sich die Berliner für den Google-Wettbewerb gesteckt hatten, konnten sie nicht fristgerecht umsetzen und sich so das Preisgeld auch nicht sichern.

Ehrlicherweise: Keiner der fünf Finalisten konnte das. Der Wettbewerb wurde eingestellt und der Preis letztendlich nicht vergeben. Quasi in Raketengeschwindigkeit müssen die New-Space-Entrepreneure sich nun aber bis 2021 beweisen.

Fazit

„Von Berlin auf den Mond“ – auch wenn sich das für einen Laien sehr abgespaced anhört: PT Scientists ist auf dem besten Weg dahin. Ob es jemals menschliches Leben auf dem Mond gibt, kann ich nicht beurteilen.

Aber ich wünsche Robert Böhme viel Erfolg. Auch wenn die Mission to the moon unbemannt ist, stimme ich leise „Fly me to the moon“ als Wake-Up-Call an.

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Über den Autor

Christoph Hausel

Christoph Hausel, studierter Jurist und erfahrener Kommunikationsprofi, ist Co-Owner & Managing Director von ELEMENT C. Zudem steht er zahlreichen Acceleratoren als Mentor und Experte zur Seite: next media accelerator, MediaLab Bayern und Wayra. 2002 gründete er die Kommunikationsagentur ELEMENT C. Damals als reine PR-Agentur konzipiert, fokussiert sich ELEMENT C seit 2005 auf die interdisziplinäre Verknüpfung von PR und Design, um ein langfristiges Markenbewusstsein zu schaffen.