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Warum wir lernen müssen, mit Robotern zusammenzuarbeiten

geschrieben von Nicole Scott

Anfang 2018 eröffnete Amazon in Seattle die erste Amazon Go-Filiale – einen hochmodernen Supermarkt, der völlig ohne Kassen auskommt. Kunden packen einfach alles in ihre Einkaufstasche und gehen durch die Tür; es werden keine Artikel gescannt und auch keine Zahlung verifiziert.

In den USA arbeiten 3,5 Millionen Menschen an der Kasse

Es ist klar, warum heutzutage so viele apokalyptische Schlagzeilen wie „Roboter nehmen euch die Arbeitsplätze weg – und zwar früher als ihr denkt“ liest. Sie spiegeln die Angst wider, durch Maschinen ersetzt zu werden, die Aufgaben deutlich schneller und effizienter erledigen können.

Diese negative Einstellung gegenüber Robotern ist jedoch weitgehend unbegründet

Zahlreiche Berichte zu diesem Thema kommen zu dem Schluss, dass einige Menschen zwar durch Automatisierung ihre Jobs verlieren, aber dennoch genügend Arbeitsplätze vorhanden sein werden. Vor allem in gut entwickelten Ländern dürfte sich die Gesamtzahl der Arbeitsplätze kaum verringern.

In Wirklichkeit wird der technologische Fortschritt sowohl Gewinner als auch Verlierer hervorbringen

ForeignPolicy.com weist darauf hin, dass einige Menschen aufgrund des technologischen Wandels ihre Arbeit verlieren werden. Die meisten Berufstätigen werden sich einer Vielzahl von Änderungen in ihrem Beruf gegenüber sehen; andere werden feststellen müssen, dass ihre Fähigkeiten veraltet sind. Die Kosten dieser Entwicklung werden nicht für alle Länder, Gemeinschaften, Berufsfelder und Qualifikationsniveaus gleich sein. Gerade für Menschen mit geringer Bildung wird diese Umstellung äußerst schmerzhaft sein. Obere Einkommensschichten können weiterhin mit Jobzuwachs und Lohnerhöhungen rechnen. Allerdings werden ärmere Bevölkerungsschichten darunter leiden, dass der Bedarf an geringqualifizierten Arbeitskräften immer weiter sinkt.

Kein Land wird gegen diese Veränderungen immun sein

Die Economist Intelligence Unit hat vor kurzem den so genannten Automation Readiness Index veröffentlicht. Die wichtigste Erkenntnis der Studie: kein einziges Land ist bereit, die Herausforderungen der Automatisierung anzugehen. Nur eine Handvoll Länder mit guten Bildungssystemen, Weiterbildungsmöglichkeiten und starken Forschungs- und Entwicklungssektoren – darunter Deutschland, Südkorea und Singapur – besitzen einen nennenswerten Vorsprung. Aber selbst diese Länder müssen sich anstrengen, um sich auf den bevorstehenden Wandel vorzubereiten.

Technologie könnte Arbeitsplätze zerstören, aber auch neue schaffen

Jobs wie App-Entwickler, Social Media Manager und Drohnenpilot gab es bis vor kurzem nicht; mittlerweile gibt es Millionen Menschen mit diesen Berufsbezeichnungen.

Laut ForeignPolicy.com hat sich die Anzahl der Stellenanzeigen für den Beruf „Data Scientist“ auf LinkedIn zwischen 2012 und 2017 um 650 Prozent erhöht. Im Jahr 2015 gab es bereits 2,3 Millionen Menschen mit diesem Beruf, der laut einem gemeinsamen Bericht von IBM, dem Business-Higher Education Forum und dem Unternehmen Burning Glass Technologies einen Jahreslohn von bis zu 80.000 US-Dollar verspricht. Forscher des Massachusetts Institute of Technology in Boston fanden 2017 heraus, dass in den USA knapp die Hälfte des Stellenzuwachses zwischen 1980 und 2007 durch die Schaffung und Ausweitung neuer Berufskategorien zustande gekommen ist.

Als in den 80er und 90er Jahren Bankautomaten zunehmend an Beliebtheit gewannen, änderte sich für die Bankangestellten an den Bankschaltern schlicht und einfach das Aufgabenfeld. Plötzlich stand vor allem der Kundendienst im Fokus. Der Beruf hatte sich zu einer höherqualifizierten Position entwickelt, was wiederum zu steigenden Löhnen führte. Die Banken stellten nun überwiegend Bewerber mit Universitätsabschluss ein. (Natürlich ist auch dieser Beruf nicht immun gegenüber digitaler Innovation und dem Trend zum Online-Banking.)

KI stellt besonders für die Millionen von Menschen mit niedrigem Einkommen, die repetitive Routinearbeit verrichten, eine Gefahr dar. Betroffen sind vor allem Büroarbeiter, Kassierer, Verkaufspersonal, Verwaltungsangestellte, Kellner, Fastfood-Köche und Fließbandarbeiter.

Das bedeutet aber nicht, dass es bald keine niedrigqualifizierte Arbeit mehr geben wird. Da die Weltbevölkerung und unsere Gesellschaft zunehmend altern, wird vor allem der Gesundheitssektor mehr Pflegekräfte und zusätzliche Hilfskräfte benötigen.

Im Moment können Computer weder die Aufgaben von Pflegekräften und Seelsorgern noch die komplexen Tätigkeiten von CEOs, Bauingenieuren und Juristen übernehmen.

Die Anzahl der verlorenen Arbeitsplätze wird sich in Grenzen halten. Weitaus mehr Menschen werden feststellen, dass sich ihre Arbeit einfach verändert hat.

McKinsey schätzt, dass bis 2030 weltweit zwischen 75 Millionen und 375 Millionen Menschen den Beruf wechseln müssen. Weitaus mehr Menschen müssen neue Fähigkeiten erlernen, um sich diesem Wandel anpassen zu können. Mehr als ein Drittel der Aufgaben, die in über fünfzig Prozent der aktuellen Berufe ausgeübt werden, könnten mit heutiger Technologie automatisiert werden. Das bedeutet, dass sich die meisten Arbeitnehmer bald anpassen müssen; entweder indem sie den Umgang mit Robotern und neuen Technologien erlernen, oder auf andere Tätigkeiten umschulen.

Technologie wird in geografischer Hinsicht die gesellschaftliche Ungleichheit noch weiter verschärfen. Größere Städte verfügen in der Regel über mehr Arbeitskräfte mit Hochschulbildung und auf globaler Ebene findet sich in urbanen Räumen eine höhere Konzentration von Fachkräften mit technischen Fähigkeiten.

Die Vorbereitung auf die Automatisierung erfordert eine vorausschauende Vision

Diese beginnt mit Bildung.

Es ist entscheidend, Bildungssysteme und Lehrpläne zu überdenken, um sicherzustellen, dass Schüler in Zukunft relevante Fähigkeiten erlernen, die sie auf den sich wandelnden Arbeitsmarkt von morgen vorbereiten. Mancherorts gibt es das bereits: In der kanadischen Provinz Ontario legen Schulen großen Wert auf kritisches Denken, Kommunikation, Kreativität, Zusammenarbeit und Unternehmergeist. Selbst in China hat man damit begonnen, Kreativität in den Lehrplan aufzunehmen.

Die Regierungen spielen eine entscheidende Rolle

Karrierewechsel, Umschulung und Weiterbildung sind mit viel Arbeit verbunden.

Länder, die über soziale Sicherheitsnetze verfügen, werden in der Lage sein, besser auf die Bedrohungen der Automatisierung zu reagieren. In Schweden hilft der vom Privatsektor gemeinsam verwaltete Arbeitssicherheitsrat Menschen, die aufgrund von Automatisierung entlassen wurden, bei der Umschulung.

Jobs, die Roboter in naher Zukunft nicht übernehmen können, sind mit Kreativität, problemlösendem und analytischem Denken, Zusammenarbeit und lebenslangem Lernen verbunden. Überraschenderweise besitzen Menschen mit einem Kunststudium eine Vielzahl dieser Fähigkeiten.

Mit Robotern zusammenzuarbeiten bedeutet nicht, dass alle Menschen in Zukunft über technische Kenntnisse verfügen müssen. Roboter sollen in erster Linie unsere Gesellschaft ergänzen.

Quellen: Foreign Policy & CityLab

 

 

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Nicole Scott